Politik am Arbeitsplatz: Darf ich das?
Arbeit ist Arbeit und Freizeit ist Freizeit. Persönliche politische Einstellungen und Überzeugungen gehören eigentlich eher in den zweiten Bereich, es sei denn, man arbeitet beispielsweise für eine Partei. Doch die allgemeine politische Lage ist so kontrovers wie selten zuvor, zu vielen wichtigen Themen gibt es keinen allgemeinen Konsens mehr. Globale Herausforderungen wie Klimawandel, soziale Gerechtigkeit oder wirtschaftliche Unsicherheiten betreffen viele Menschen direkt und wecken den Wunsch nach Austausch und Diskussion, wenn jemand anderer Meinung ist. Zudem fördern Social Media und Nachrichtenportale die Verbreitung und Diskussion von politischen Inhalten. Da der Arbeitsplatz ein zentraler sozialer Raum ist, werden solche Themen hier häufiger aufgegriffen. Dabei spiegelt die Diskussionen oft die Vielfalt und Meinungsunterschiede der Belegschaft wider. Doch wie viel Politik am Arbeitsplatz ist eigentlich erlaubt? Kann man für politische Aussagen am Arbeitsplatz Ärger bekommen? Und kann ein Kommentar auf Facebook, Instagram, X oder Co. sogar zur Kündigung führen? Wir verraten es dir.
Muss ich meine politische Meinung für mich behalten?
Streng genommen verkaufst du doch dem Arbeitgeber neben Leistungen und Know-How auch deine Zeit an sich. Und während dieser Zeit gehörst du dem Arbeitgeber doch vollkommen, oder? Nein, ganz so ist das nicht. Die eigene politische Meinung am Arbeitsplatz zu äußern ist nicht verboten, auch am Arbeitsplatz greift das Recht zur freien Meinungsäußerung. Jedoch sollten solche Äußerungen objektiv erfolgen und keine hetzerischen, diskriminierenden oder feindliche Aspekte umfassen. Hetze und Diskriminierung haben – wie überall sonst – am Arbeitsplatz nichts verloren. Den Betriebsfrieden dürfen deine politischen Aktivitäten ebenfalls nicht stören. Mit Banner und Trillerpfeife durch den Pausenraum walzen, um für eine Partei Stimmung zu machen, darfst du also nicht.
Politische Einstellung: Wann darf sich der Arbeitgeber einmischen?
Während der Arbeitszeit kann der Arbeitgeber bis zu einem gewissen Grad vorgeben, wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben. Das Unternehmen kann beispielsweise verlangen, gegenüber Kund:innen keine politischen Äußerungen zu tätigen. Das gilt auch für dein Outfit. Dein Arbeitgeber kann dir beispielsweise untersagen, ein Shirt mit einem politischen Statement zu tragen. Für Mitarbeiter:innen, die eine öffentlich exponierte Rolle einnehmen (zum Beispiel Pressesprecher:innen), für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes gelten strengere Regeln.
Was kann ich tun, wenn Kolleg:innen am Arbeitsplatz Hetzreden abhalten?
Das Recht auf die freie Äußerung der eigenen Meinung ist ein hohes Gut in Demokratien. In Deutschland ist dies in Artikel 5 des Grundgesetzes festgehalten. Das Recht gilt sowohl für das Privatleben als auch für den Arbeitsplatz. Deine Kolleg:innen können also auch während der Arbeitszeit ihre politische Meinung äußern, selbst wenn deinem Arbeitgeber die Überzeugung nicht gefällt. Doch das Recht auf freie Meinungsäußerung hat Grenzen: Wer gegen bestimmte Menschengruppen hetzt, zu Diskriminierung oder gar Gewalt aufruft, überschreitet diese. Volksverhetzung ist eine Straftat. Häufig ist es sehr schwer, mit Personen, die eine extremistische Meinung vertreten, zu diskutieren. Wenn Kolleg:innen hetzerische Aussagen tätigt, solltest du deine Vorgesetzten informieren. Da der Vorwurf der Volksverhetzung schwer wiegt, ist es ratsam, wenn du deine Angaben belegen kannst, zum Beispiel durch ein Gedächtnisprotokoll oder durch andere Zeug:innen. Hetzreden von Kolleg:innen tolerieren, um den Hausfrieden zu wahren, solltest du keinesfalls.
Was ich in den Sozialen Medien like ist meine Privatsache! Oder?
Zunächst mal: Ja, deine privaten Social Media Profile und Aussagen auf diesen Plattformen sind deine Privatsache, solange du nicht als Vertreter:in deines Unternehmens auftrittst. Zugunsten des Arbeitsklimas kann es ratsam sein, die Privatsphäre-Einstellungen in deinen sozialen Netzwerken so zu wählen, dass deine Kolleg:innen und Vorgesetzten nicht alles sehen können. Denn auch wenn du von deiner politischen Meinung überzeugt bist, sehen das dein:e Kolleg:innen vielleicht ganz anders. Auch für Äußerungen in den sozialen Medien gilt: Man darf nicht gegen Gesetze verstoßen, diskriminieren, verhetzen und zu Gewalt aufrufen. Sobald dies der Fall ist, machst du dich strafbar.
Polithetze in sozialen Medien – was müssen die Netzwerke tun?
Hass und Hetze, manipulierte Wahlen, Verschwörungstheorien verbreiten: Populist:innen und Autokrat:innen weltweit beeinflussen die sozialen Medien raffiniert in ihrem Sinn. Um die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, hat die Europäische Union (EU) im November den Digital Services Act (DSA) in Kraft gesetzt. Der DSA soll die Verantwortung großer Online-Plattformen stärken. Soziale Netzwerke sind nun verpflichtet, härter gegen illegale Inhalte auf ihren Plattformen vorzugehen, ansonsten drohen Geldbußen. Nutzer:innen sollen mit dem DSA einfacher illegale, menschenverachtende und volksverhetzende Inhalt melden können.
Kann ein politischer Kommentar in Sozialen Medien zur Kündigung führen?
Im äußersten Fall kann eine politische Äußerung zur Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Es kommt dabei auf den Einzelfall an, doch wenn durch eine politische Äußerung der Betriebsfrieden schwerwiegend gestört ist oder wenn ein Straftatsbestand vorliegt, kann der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Schritte einleiten. Dies gilt jedoch in erster Linie für Äußerungen im betrieblichen Umfeld, wenn also jemand direkt am Arbeitsplatz politische Hetze betreibt. Doch auch ein in der Freizeit abgesetzter Post oder Kommentar mit einer extremen, diskriminierenden oder menschenverachtenden Aussage, kann schwerwiegende Auswirkungen haben – wenn durch die Aussage das Ansehen des Unternehmens gefährdet ist oder wenn sie gegen ein Gesetz verstößt. Die Kündigung ist dann die letzte Konsequenz. Zunächst muss ein Abmahnung erfolgen, weil dem:der Mitarbeiter:in die Möglichkeit gegeben sein muss, das Handeln zu überdenken und zu ändern.
Mein:e Chef:in diskriminiert mich aufgrund meiner politischen Einstellung. Was kann ich tun?
Der:die Kolleg:in bekommt ständig bessere Projekte zugewiesen und wird nun sogar befördert. Und das alles, weil er:sie dieselbe politische Linie wie der:die Chef:in verfolgt. Ein starker Vorwurf, den du im Zweifel belegen können solltest, wenn du gegen den:die Chef:in vorgehen möchtest. Diskriminierung am Arbeitsplatz erfolgt häufig unterschwellig, deswegen ist es schwer, sie eindeutig zu erkennen – und als Betroffene:r etwas zu unternehmen. Dennoch gilt: Egal aus welchem Grund: Diskriminierung am Arbeitsplatz ist verboten. Wie du herausfindest, ob dein:e Vorgesetzte:r dich diskriminiert und was du dagegen tun kannst, erfährst du hier.
Politische Fragen im Bewerbungsgespräch: Dürfen die das?
„Wo haben Sie denn bei der letzten Wahl ihr Kreuzchen gemacht?“ Schluck. Mit so einer Frage hast du im Bewerbungsgespräch nicht gerechnet. Zu Recht – die Frage nach der politischen Einstellung zählt zu den unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch, es geht deinen potenziellen zukünftigen Arbeitgeber schlicht nichts an, welche Partei du wählst. Wird dir die Frage dennoch gestellt, musst du sie nicht beantworten beziehungsweise darfst sogar flunkern (und solltest dir die Frage stellen, ob das Unternehmen wirklich das richtige für dich ist).
Ausnahme: Wann die Frage zur politischen Einstellung im Bewerbungsgespräch zulässig ist
Für die oben beschriebene Regel gibt es eine Ausnahme: Wenn du dich für eine inhaltliche Position bei einer politischen Partei bewirbst. In diesem Fall ist die Frage nach der politischen Einstellung zulässig – und deine Antwort darf auch der Grund für eine Absage sein.
Fazit: Politische Äußerungen mit Maß und Verstand
Wie so oft im Leben gilt also auch beim Thema Politik am Arbeitsplatz die Regel: Alles mit Maß und Verstand. Politische Diskussionen im privaten wie im beruflichen Umfeld können helfen, ein tieferes Verständnis für gesellschaftliche Themen zu entwickeln und die eigene Meinung zu reflektieren. Sie bieten die Möglichkeit, in einer offenen und persönlichen Atmosphäre unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten, ohne den Druck öffentlicher Meinungsbildung. Politische Diskussionen sind ein wesentlicher Bestandteil eines lebendigen demokratischen Zusammenlebens, das unterschiedliche Einstellungen und Überzeugungen zulässt. Aber die Diskussion muss respektvoll und fair geführt werden, ohne andere Menschen zu verletzen oder zu diskreditieren.
Geht es an deinem Arbeitsplatz politisch immer korrekt zu? Erzähl es uns in deiner kununu Bewertung.