Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz: Wen es betrifft & was du tun kannst

Deutschland, Österreich und die Schweiz sind alternde Gesellschaften. Laut Statista-Daten werden im Jahr 2060 fast 30 Prozent der Menschen in Deutschland 67 Jahre und älter sein. Zum Vergleich: 1950 lag der Anteil der Menschen über 67 Jahre noch bei 7 Prozent. Es wird also immer mehr ältere Menschen geben. Und dennoch leben wir in einer Gesellschaft, in der Jugendlichkeit zählt. Demnach stehen diskriminierende Handlungen aufgrund des Alters leider an der Tagesordnung, im Beruf und anderswo. Wie sich Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz äußert und was wir alle dagegen tun können, erfährst du in diesem Artikel.

Was ist Altersdiskriminierung?

Altersdiskriminierung liegt dann vor, wenn eine Person oder eine Personengruppe aufgrund ihres Alters gesellschaftlich oder ökonomisch benachteiligt wird. Dabei muss man jedoch unterscheiden zwischen gesetzlichen Regeln, die Verbote oder Rechte anhand des Lebensalters zusprechen, und diskriminierenden Handlungen.

Unser Lebensalter spielt in vielen Bereichen des täglichen Lebens eine Rolle: Den Führerschein dürfen wir ab 18 Jahren machen, arbeiten ab 15, wählen und Alkohol kaufen, sobald wir den 16. Geburtstag hinter uns haben, und das offizielle Rentenalter liegt aktuell bei 67 Jahren. Diese Altersbeschränkungen gelten grundsätzlich und wurden größtenteils zum Schutz von gesellschaftlichen Gruppen eingeführt, beispielsweise um Kinderarbeit zu verhindern. Andere Regelungen bewegen sich schon eher an der Grenze zur Altersdiskriminierung: So steigt bei vielen Versicherungen der Beitrag mit dem Lebensalter – wer älter ist, muss mehr zahlen, um sich abzusichern. Legen Städte und Gemeinden ihre Infrastruktur vor allem auf junge Menschen aus, damit sich diese uneingeschränkt bewegen können, und werden ältere und behinderte Menschen dadurch ausgegrenzt und diskriminiert, dann kann man von Altersdiskriminierung sprechen.

Wie äußert sich Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz?

Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund des Alters kann sich auf viele unterschiedliche Arten äußern. Oft wird sie erst sichtbar, wenn man genau hinsieht und vergleicht. In vielen Fällen lässt sich Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz nicht beweisen. Ein paar Beispiele für Altersdiskriminierung:

  • Der jungen Mitarbeiterin werden mehr Fortbildungen und Trainings bewilligt als dem älteren Kollegen in vergleichbarer Position.
  • In der Stellenausschreibung wird betont, dass vorzugsweise Menschen mit vor Kurzem abgeschlossener Ausbildung gesucht werden.
  • Anstatt den Vertrag mit dem 60-jährigen Angestellten zu verlängern, wird eine jüngere Person eingestellt.
  • Im Bewerbungsprozess werden Frauen im gebärfähigen Alter herausgesiebt.
  • Eine Firma zahlt älteren Mitarbeiter:innen im Unternehmen ein höheres Gehalt als jüngeren in der gleichen Position.

Letztes Beispiel ist dabei besonders Interessant: Dieses Vorgehen nennt sich Senioritätsprinzip und diente ursprünglich einem positiven Zweck: der langjährigen Mitarbeiterbindung. Vor allem in Österreich ist das Senioritätsprinzip fest im Vergütungssystem verankert und wird meistens im Kollektivvertrag oder den Betriebsvereinbarungen festgeschrieben. Was sich zunächst als Wertschätzung langjähriger und älterer Mitarbeiter:innen deuten lässt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als erheblicher Nachteil für die bevorzugte Gruppe. Denn die Lohnkosten der Arbeitnehmer:innen steigen mit zunehmendem Alter und Arbeitgeber tendieren dazu, auf jüngere, kostengünstigere Arbeitskräfte zu setzen. Doch am Ende profitieren auch die Jüngeren nicht davon: Denn Einstiegsgehälter werden oft sehr gering angesetzt.

Das zeigt: Auch junge Menschen von Altersdiskriminierung im Beruf betroffen sein können. Und das ist das Besondere an Altersdiskriminierung: Üblicherweise richtet sich Diskriminierung gegen eine bestimmte Gruppe, zum Beispiel gegen behinderte Menschen oder gegen Personen mit Herkunft aus einem anderen Land, Kultur oder Religion. Von Altersdiskriminierung hingegen kann jeder Mensch im Laufe des Lebens betroffen sein - immer in Abhängigkeit des Kontexts, in dem er sich bewegt.

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Altersdiskriminierung im Beruf – wie ist die rechtliche Lage?

Altersdiskriminierung ist in Deutschland verboten, genauso wie jede andere Form der Diskriminierung. Definiert ist dies im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG gilt für Beruf und Arbeit sowie für Geschäfte des täglichen Lebens. Allerdings lässt sich eine Diskriminierung aufgrund des Alters häufig noch schwerer nachweisen als andere Formen von Diskriminierung.

Tipp 1: Wenn ein Unternehmen eine Stellenausschreibung offensichtlich altersdiskriminierend formuliert, verstößt es gegen das AGG. Aussagen wie „Mitarbeiter:innen zwischen 25 und 45 Jahren bevorzugt“ sind verboten. In diesem Fall ist die Diskriminierung leicht nachweisbar. Auch Phrasen wie „für unser junges, motiviertes Team suchen wir Verstärkung“ legen nahe, dass jüngere Bewerber:innen bevorzugt werden.

Tipp 2: Fragen nach dem Alter im Bewerbungsprozess musst du ebenso wenig beantworten wie solche nach der Familienplanung. Du darfst sogar flunkern. Laut AGG müssen Stellenausschreibungen, Anforderungen an Bewerbungsunterlagen und Auswahlverfahren grundsätzlich diskriminierungsfrei gestaltet sein. Verstößt ein Unternehmen dagegen, musst du nicht wahrheitsgemäß Auskunft geben. Die Frage, ob du wirklich für ein Unternehmen arbeiten möchtest, das Altersdiskriminierung zulässt, steht dabei auf einem anderen Blatt.

"Auch mit älteren Kollegen ist der Umgang gut. Das liegt auch oft daran, dass diese Kollegen ein immenses, undokumentiertes Wissen über so manches Projekt oder Produkt haben."

Eine 3.8

Diskriminierung wegen Alter – was tun?

Auch wenn Altersdiskriminierung grundsätzlich verboten ist, haben Betroffene beschränkte Möglichkeiten, sich zu wehren. Wer als junge, gute ausgebildete Frau Anfang 30 den Traumjob nicht bekommen hat, muss erst mal beweisen, dass die Entscheidung gegen sie diskriminierend war. Dazu muss sie den Aufwand betreiben, nachzufragen und zu recherchieren – und das Unternehmen muss entsprechende Informationen zugänglich machen.

Dennoch ist Nichtstun immer die schlechteste Alternative. In großen Unternehmen ist der Personal- oder der Betriebsrat die richtige Anlaufstelle, um jegliche Form von Diskriminierung zu melden. Wenn du in einem kleineren Unternehmen arbeitest, kannst du dich an die HR-Abteilung wenden. Durch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz ist dein Unternehmen verpflichtet, etwas gegen die Diskriminierung zu unternehmen. Den Vorfall zu melden, ist der erste Schritt. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet kostenlos Auskunft und Beratung.

Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel können Unternehmen von Generationenvielfalt profitieren. Es ist wichtiger denn je, qualifizierte Mitarbeiter:innen jeden Alters zu rekrutieren, aus- und weiterzubilden und vor allem langfristig an das Unternehmen zu binden. Organisationen profitieren, wenn die Mitglieder:innen eines Teams unterschiedlichen Alters sind: Jede:r einzelne bringt unterschiedliches Wissen und eigene Erfahrungen mit, was den Wissenstransfer untereinander fördert. Gleichzeitig bleibt das Wissen im Team, auch wenn einzelne Personen ausscheiden, zum Beispiel weil sie pensioniert werden.

Ob in einem Unternehmen Age Diversity gelebt wird oder nicht, ist zunächst eine Frage des Managements. Mindestens genauso wichtig ist jedoch die Kultur, die in einem Unternehmen herrscht und die wird geprägt von jedem einzelnen Beschäftigten. Offenheit und Interesse füreinander unabhängig von Alter, Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung fördert die Vielfalt in Unternehmen ­– und hilft voneinander zu lernen.

letztes Update: 23. Juni 2022