Rassismus am Arbeitsplatz – was kannst du tun?
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Laut einer Studie von Ernest und Young aus dem Jahr 2020 hat jede:r fünfte Deutsche schon einmal Rassismus am Arbeitsplatz erlebt, 17 Prozent als Zeug:in, 3 Prozent als direkt Betroffene:r. Was die Studie auch zeigt: Fast 30 Prozent der Befragten würde rassistische Vorfälle nicht direkt dem Arbeitgeber melden, unter anderem weil es dafür keine entsprechende Stelle im Unternehmen gibt. Ein anderer Grund mag die Angst vor dem Jobverlust sein, vor allem bei direkt betroffenen Personen.
Ab wann ist eine dumme Äußerung Rassismus am Arbeitsplatz? Welche Formen von Rassismus am Arbeitsplatz gibt es? Wie ist die rechtliche Situation? Und was kannst du als Betroffene:r oder Zeug:in tun? All das erfährst du in diesem Artikel.
Wie äußert sich Rassismus am Arbeitsplatz?
Die Amadeo Antonio-Stiftung definiert Rassismus als „Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet“. Wenn Menschen nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten und Eigenschaften eingeschätzt werden, sondern wenn ihnen wegen ihrer Hautfarbe oder Abstammung bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften zugeordnet oder abgesprochen werden, dann ist das Rassismus. Rassismus kann in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zutage treten – und macht auch vor dem Arbeitsplatz nicht halt. Laut Statistik der Antidiskriminierungsstelle des Bundes machte die Zahl der Anfragen im Zusammenhang mit rassistischer Diskriminierung 2020 ein Drittel (33 Prozent) aller Anfragen aus.
Rassismus am Arbeitsplatz hat viele Facetten und Abstufungen: vom dummen Spruch unter Kolleg:innen über aktive Ausgrenzung im Arbeitsalltag bis hin zu Beleidigungen und im schlimmsten Fall gar körperlichen Übergriffen. Rassistische Kommentare werden häufig mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung versucht, zu rechtfertigen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil im Jahr 2020 klargestellt: Rassismus ist keine Meinung. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist verwirkt, sobald eine andere Person in ihrer Menschenwürde verletzt wird.
Rassismus am Arbeitsplatz – die rechtliche Situation
Rassismus ist, wie jede andere Art der Diskriminierung, verboten. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), auch Anti-Diskriminierungsgesetzt genannt, schützt alle Menschen vor Diskriminierung. Unternehmen sind dafür verantwortlich, ihre Mitarbeiter:innen vor Rassismus am Arbeitsplatz (und allen anderen Arten der Diskriminierung) zu bewahren. Laut § 12 AGG sind Unternehmen nicht nur verpflichtet, etwas zu unternehmen, wenn Rassismus auftritt. Sie müssen auch präventiv aktiv sein und rassistischen Äußerungen und Handlungen vorbeugen, zum Beispiel durch Schulungen und Workshops.
Rassistische Äußerungen am Arbeitsplatz stellen eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Arbeitgeber können mit einer Abmahnung, einer Versetzung oder im drastischsten Fall mit einer außerordentlichen Kündigung reagieren.
Rassismus am Arbeitsplatz – was kannst du tun?
Eine Kollegin von dir trägt ein Kopftuch und betet fünfmal am Tag, weil das für ihre Religion üblich ist. Dennoch fragt sie der neue Mitarbeiter: "Bist du eigentlich so eine Hardcore-Muslimin?" Kommt dir die geschilderte Situation bekannt vor? Solltest du Zeug:in einer solchen rassistischen Äußerung gewesen sein oder sogar selbst Opfer, steht eines fest: So zu tun, als sei nichts passiert und über die Sache hinweg sehen, ist keine Option. Erst reicht nicht, wenn entsprechende Kommentare immer wieder fallen.
"Auch vermeintlich neutrale oder positiv gemeinte Sätze wie: „Sie sprechen aber gut Deutsch!“, oder: „Woher kommst du eigentlich?“, obwohl man doch hier geboren ist, ja, vielleicht sogar Deutsch als Muttersprache hat, stellen in ihrem Kern rassistische Äußerungen dar."
Marjam Amirkhalily, Rechtsexpertin in einem Gastbeitrag auf kununu
Was tun, wenn der Rassismus von Kolleg:innen ausgeht?
Zunächst solltest du den:die Kolleg:in auf sein:ihr Verhalten aufmerksam machen und ihm:ihr erklären, warum sein:ihr vermeintlich witziges Verhalten rassistisch ist. Dies erfordert natürlich Mut und Courage, ist jedoch der erste und beste Schritt, Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken und ein Verständnis dafür zu schaffen, warum ein solches Verhalten falsch ist. Hilfreich ist es, Kolleg:innen hinzuziehen, die ähnlich denken wie du. Steht zu eurer Meinung, vertretet sie in eurem Team, egal was die anderen denken, und schafft dadurch einen kleinen Beitrag zu einer neuen Denkweise, damit Rassismus gar nicht erst als normal angesehen wird.
Reagiert der:die Kolleg:in mit Verständnis und Einsicht, könnt ihr stolz sein auf euch: Ihr habt einen Konflikt erfolgreich gelöst.
Falls ihr im direkten Kontakt nicht weiterkommt, solltet ihr euch Hilfe holen, entweder bei eurer Teamleitung, in der HR-Abteilung oder im Betriebsrat. Da das arbeitgebende Unternehmen verpflichtet ist, Mitarbeiter:innen vor jeglicher Form der Diskriminierung zu schützen, muss es handeln. Am besten, ihr dokumentiert rassistische Äußerungen oder Handlungen schriftlich (Datum, was ist passiert), damit ihr die Situation fundiert darlegen könnt.
Übrigens: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet kostenlose Beratungsgespräche an und vermittelt bei Bedarf spezialisierte Beratung in deiner Stadt.
"Rassismus, Homophobie, etc. Sind ein absolutes Tabu, sollte einem etwas auf dem Herzen liegen, kann man das dem HR mitteilen."
Was tun, wenn der Rassismus von dem:der Vorgesetzten ausgeht?
Wenn rassistische Äußerungen von deiner:deinem Vorgesetzten ausgehen, kann das die Situation nochmals erschweren.
Wer in einem großen Unternehmen mit Betriebsrat arbeitet, sollte sich hierhin wenden oder an die HR-Abteilungen. In kleineren Unternehmen, insbesondere wenn der:die Vorgesetzte auch Inhaber:in des Unternehmens ist, sind die Chancen gering, dass du etwas ändern kannst.
Du solltest dir die Frage stellen, ob du in einem Unternehmen arbeiten möchtest, in dem Diskriminierung durch Vorgesetzte Normalität ist. Auf Dauer wirst du dich mit diesem Arbeitgeber nicht identifizieren können. Statt gegen Windmühlen anzukämpfen, kann es sinnvoll sein, dass du dich nach einem neuen Job umsiehst.
Scheue dich jedoch nicht davor, im Exit-Gespräch darauf hinweisen, was dein Kündigungsgrund ist. So kannst du verdeutlichen, dass es Handlungsbedarf gibt im Unternehmen und dass das Unternehmen gute Mitarbeiter:innen verliert.
Hier findest du weitere Tipps, was du bei Diskriminierung am Arbeitsplatz tun kannst.
Für Inklusion und Vielfalt am Arbeitsplatz
In einem offenen und vielfältigen Arbeitsumfeld, das frei von jeder Art der Diskriminierung ist, hat jede:r die Möglichkeit, sich so einzubringen, wie er:sie ist, und kann seine:ihre Potenziale entfalten. Das kommt den Mitarbeiter:innen genauso zu Gute wie dem Unternehmen. Die Basis für Inklusion und Vielfalt muss von der Unternehmensführung gelegt werden, gelebt und weiterentwickelt wird sie von allen Mitarbeitenden. Erfahre hier, was du für mehr Vielfalt am Arbeitsplatz tun kannst.
letztes Update: 15. Juni 2022