Hilfe, eine Abmahnung! - Was tun?
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Abmahnung – ein Wort, das den Blutdruck höher schnellen lässt und den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Aber was genau ist eine Abmahnung im Arbeitskontext? Wem droht sie in welcher Situation und welche Konsequenzen hat eine Abmahnung? Und vor allem: Was kannst du tun, wenn du eine Abmahnung von deinem Arbeitgeber erhältst? In diesem Artikel erfährst du alles, was du wissen musst.
Was ist eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist eine sehr deutlich geäußerte Aufforderung des Arbeitgebers an eine:n Angestellte:n, ein bestimmtes Verhalten, das gegen den Arbeitsvertrag verstößt, zu unterlassen. Mit anderen Worten: Eine Abmahnung ist eine ganz klare Warnung! Entweder, du verhältst dich ab sofort anders, oder dir droht die Kündigung. Der oft angeführte Vergleich mit der gelben Karte beim Fußball liegt nahe.
Warum gibt es eine Abmahnung?
Eine Kündigung ist ein entscheidender Eingriff in das Leben. Schlimmstenfalls gerät durch Jobverlust die wirtschaftliche Existenz ins Wanken. Deswegen sollte eine Kündigung nur das allerletzte Mittel für Arbeitgeber darstellen. Arbeitnehmer:innen, die sich falsch verhalten, sollen zunächst verwarnt werden und die Möglichkeit haben, sich zu verändern. Tritt nach einer (oder nach mehreren) Abmahnung:en keine Veränderung ein, hat der Arbeitgeber unter Umständen das Recht, eine fristlose Kündigung auszusprechen
Abmahnung vs. Ermahnung. Was ist der Unterschied?
Im Umgangssprachgebrauch werden die Wörter "Ermahnung" und "Abmahnung" häufig austauschbar verwendet. Das mag im privaten Alltag keinen großen Unterschied ausmachen, ist jedoch im Kontext des Arbeitsrechts von erheblicher Bedeutung. Eine Ermahnung kannst du als Rüge verstehen, zum Beispiel wenn deine Arbeitsleistung sinkt. Anders als eine Abmahnung hat die Ermahnung jedoch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen und sie geht auch nicht in deine Personalakte ein.
Die Abmahnung im Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht ist als Schutzrecht für Beschäftigte anzusehen. Arbeitnehmer:innen sind auf ihr Einkommen angewiesen und dürfen nicht willkürlichen Entscheidungen des Arbeitgebers ausgesetzt sein. Bezüglich der Abmahnung gibt es einige arbeitsrechtliche Vorgaben – in vielen Aspekten ist das Arbeitsrecht jedoch eher vage und lässt Spielraum für Interpretation.
Ist eine mündliche Abmahnung wirksam?
Es gibt keine arbeitsrechtlich definierte Form für eine Abmahnung. Anders als beispielsweise eine Kündigung muss sie daher nicht schriftlich erfolgen, sondern kann auch mündlich ausgesprochen werden. Da es bei einer mündlichen Abmahnung allerdings zu Beweisproblemen kommen kann, wenn der:die Empfänger:in den Erhalt bestreitet, sind mündliche Abmahnungen eher die Ausnahme.
Wie sieht eine korrekte Abmahnung aus?
Bezüglich der Form gibt es wie oben beschrieben keine festen Vorgaben. Wenn die Abmahnung in schriftlicher Form vorgebracht wird, sollte sie auf Firmenpapier erstellt werden und mit Angabe des Datums von dem:der Vorgesetzten oder dem:der Personalverantwortlichen unterschrieben sein. Inhaltlich gibt es vier wesentliche Bestandteile:
Die vier Bestandteile
- Vorwurf und Schilderung des Fehlverhaltens mit Ort und Datum
- Hinweis, gegen welche Regel/welchen Bestandteil des Arbeitsvertrags das Verhalten verstößt
- Aufforderung zur sofortigen Unterlassung
- Androhung der Kündigung, wenn der:die Angestellte sich nicht anders verhält
Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?
Grundsätzlich ist das Ziel einer Abmahnung, dass der:die Arbeitnehmer:in das Verhalten ändert. Wenn dies nicht geschieht, droht eine weitere Abmahnung und im Ernstfall die (fristlose) Kündigung. Dabei ist arbeitsrechtlich nicht eindeutig geregelt, wie viele Abmahnungen nötig sind, um eine Kündigung zu vollziehen. Es ist auf jeden Fall ein Irrglaube, dass die Kündigung erst nach drei Abmahnungen erfolgen kann. Entscheidend ist, wie schwer der Vorwurf ist und wie hoch die Aussicht, dass der:die Mitarbeiter:in das Verhalten ändert. Bei einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann auch schon nach einer Abmahnung im nächsten Schritt die Kündigung drohen. Während der Probezeit ist grundsätzlich keine Abmahnung vor einer Kündigung notwendig.
Welche Gründe gibt es für eine Abmahnung?
Eine Abmahnung kann erfolgen, wenn ein Fehlverhalten des:der Mitarbeiter:in vorliegt. Es gibt viele unterschiedliche Gründe, weshalb ein Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht. Einen definierten Katalog, welches Verhalten zu einer Abmahnung führen kann, existiert nicht, es kommt auf den Einzelfall an. Wenn es so weit kommt, dass ein:e Arbeitnehmer:in gegen die Abmahnung klagt, entscheidet das Arbeitsgericht, ob die Abmahnung gerechtfertigt war.
Häufige Gründe für eine Abmahnung
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- Alkohol am Arbeitsplatz
- Arbeitszeitbetrug
- Verspätung bei Arbeitsbeginn
- Fehlende Krankmeldung
- Fehlverhalten gegenüber Kolleg:innen (Wutausbrüche, Anschreien)
- Unentschuldigtes Fehlen
- Diebstahl (beispielsweise von Büromaterialien)
- Private Nutzung von Internet oder Rechner (wenn dies nicht vertraglich zugesichert ist)
- Nutzung von unerlaubter Software
- Arbeitsverweigerung
- Zu oft krank
Übrigens: Wenn besonders schweres Fehlverhalten vorliegt, ist keine vorherige Abmahnung nötig, um eine fristlose Kündigung auszusprechen. Beispiele sind schwere Diskriminierung am Arbeitsplatz, gewalttätiges Verhalten oder schwerer Diebstahl.
Wie lange darf eine Abmahnung in der Personalakte hinterlegt werden?
Wenn du keinen Einspruch einlegst, wird die Abmahnung in deiner Personalakte hinterlegt. Sie hat keine Verjährungsfrist, sondern bleibt dort im Zweifel nachvollziehbar, solange du im Unternehmen tätig bist. Wenn du jedoch nach einer berechtigten Abmahnung nachweislich eine positive Verhaltensänderung zeigst, kann der Arbeitgeber die Abmahnung aufheben und aus deiner Personalakte streichen. Das heißt konkret für dich: Du kannst erleichtert aufatmen! Und: die aufgehobene Abmahnung kann nicht als Begründung für eine eventuelle Kündigung in der Zukunft herangezogen werden.
Übrigens: In deinem Arbeitszeugnis nach Ausscheiden aus dem Unternehmen dürfen eventuelle Abmahnungen nicht erwähnt werden.
Abmahnung – was kannst du tun?
Wenn man eine Abmahnung vom Arbeitgeber bekommt, ist das erst einmal ein Schock. Dennoch solltest du einen kühlen Kopf bewahren und keine überhasteten Schritte tun. Das Gute: es gibt keine zeitlichen Fristen, um gegen eine Abmahnung vorzugehen.
Vermeide Gefühlsausbrüche
Egal, wie schockiert oder auch verletzt du bist und selbst, wenn du der Meinung bist, die Abmahnung ist nicht gerechtfertigt: Bewahre die Ruhe. Üblicherweise wird eine schriftliche Abmahnung in einem Gespräch übergeben. Verzichte in dieser Situation auf eine Erklärung, oder eine Rechtfertigung und vermeide Diskussionen. Egal, was du jetzt vorbringst, die Wahrscheinlichkeit, dass dein Arbeitgeber in diesem Moment die Abmahnung zurücknimmt, ist sehr gering.
Gegen eine Bestätigung der Abmahnung spricht nichts. Aber Achtung!
Eventuell wirst du darum gebeten, den Erhalt der Abmahnung schriftlich zu bestätigen. Dagegen spricht nichts. Auch um weitere Diskussionen in der aktuellen Situation zu vermeiden, kannst du unterschreiben, dass du die Abmahnung erhalten hast („Abmahnung erhalten am …“). Nimm dir jedoch die Zeit, genau durchzulesen, wie das Schriftstück formuliert ist. Keinesfalls solltest du mit deiner Unterschrift bestätigen, dass die Vorwürfe gegen dich und somit die Abmahnung gerechtfertigt sind. Schriftstücke mit einer Formulierung wie „ich akzeptiere die Abmahnung“ solltest du nicht unterschreiben. Wenn du später gegen die Abmahnung Einspruch erhaben möchtest, hast du ansonsten schlechtere Karten.
Gerechtfertigte Abmahnung: Wie du dich verhalten kannst
Nimm dir die Zeit zu analysieren, weshalb dein Arbeitgeber dir eine Abmahnung ausgestellt hat. War sie aus Sicht des Arbeitgebers gerechtfertigt? In diesem Fall kann es sinnvoll sein, die Abmahnung hinzunehmen und dein Verhalten zu ändern und beweisen, dass du die Abmahnung ernst nimmst. Wenn du in den kommenden Wochen beweist, dass du die Abmahnung ernst meinst, wird der Gegenstand der Abmahnung ungültig. Vielleicht kannst du dann deinen Arbeitgeber davon überzeugen, die Abmahnung zurückzuziehen und sie aus deiner Personalakte zu streichen.
Ungerechtfertigte Abmahnung: Was du tun kannst
Wenn du die Abmahnung durch deinen Arbeitgeber nicht hinnehmen möchtest, kannst du folgende Schritte unternehmen:
Halte schriftlich die Dinge aus deiner Sicht fest
Solltest du eine:n Anwält:in einschalten und es zu einem Prozess kommen, ist es wichtig, dass du alle Fakten aus deiner Sicht vorbringen kannst. Dazu ist es hilfreich, wenn du dir bereits früh Notizen machst: Was ist wann passiert? Welche Äußerung oder welches Verhalten wurden von deinem Arbeitgeber falsch interpretiert?
Abmahnung: Hilfe durch den Betriebsrat
Zu den Aufgaben eines Betriebsrats zählt auch die arbeitsrechtliche Beratung von Mitarbeiter:innen. Wenn dein Unternehmen einen Betriebsrat hat, macht es daher durchaus Sinn, dir dort Hilfe im Falle einer Abmahnung zu suchen. Der Betriebsrat kann prüfen, ob die Abmahnung gerechtfertigt war oder nicht und ob es aussichtsreich ist, die Löschung der Abmahnung in der Personalakte zu fordern.
Anders als bei einer anstehenden Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bei Abmahnungen übrigens nicht in den Prozess integrieren. Das bedeutet: Der Betriebsrat hat nicht automatisch Kenntnis, gegen wen der Arbeitgeber Abmahnungen ausspricht.
Rechtliche Beratung bei einer Abmahnung
Wenn es in deinem Unternehmen keinen Betriebsrat gibt, kannst du dich durch ein:e Anwält:in beraten lassen. Falls du eine Rechtschutzversicherung hast, ist diese Beratung kostenlos. Eventuell gibt es auch im Bürgeramt an deinem Wohnsitz einen entsprechenden kostenlosen Beratungsservice.
Wann ist eine Abmahnung formell unwirksam?
Wie oben erwähnt, muss der Arbeitgeber bei der Formulierung der Abmahnung bestimmte formelle Vorgaben einhalten. Tut er dies nicht, ist die Abmahnung formell unwirksam. Die sist zum Beispiel der Fall, wenn das abgemahnte Verhalten nicht genau beschrieben wird oder wenn die Konsequenzen der Abmahnung nicht genau erläutert werden. Dein:e Anwält:in oder auch der Betriebsrat helfen bei der Prüfung.
Einspruch gegen Abmahnung
Wenn die Abmahnung ungerechtfertigt war, kannst du schriftlich Einspruch erheben beziehungsweise eine Gegendarstellung formulieren. Dabei kann dich der Betriebsrat unterstützen, beziehungsweise dein:e Anwält:in. Im besten Fall zieht der Arbeitgeber die Abmahnung daraufhin zurück. Du kannst auch fordern, dass deine Gegendarstellung neben der Abmahnung in deiner Personalakte abgelegt, als Darstellung der Dinge aus deiner Sicht.
Arbeitsrechtlicher Prozess nach Abmahnung
Ein arbeitsrechtlicher Prozess nach einer Abmahnung ist das letzte Mittel, das dir offen steht, wenn dein Arbeitgeber bei einer ungerechtfertigten Abmahnung nicht einlenkt.
Rechtschutzversicherung bei Abmahnung
Rechtlicher Beistand durch eine:n Fachanwält:in ist teuer. Eine Abmahnung kann ein ernstes Anzeichen sein, dass dein Arbeitgeber dich loswerden möchte und die Kündigung der nächste Schritt ist. Um dich finanziell abzusichern, kann es sinnvoll sein, eine Rechtschutzversicherung abzuschließen.
Letztes Update: 7. November 2023