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Vorgesetztenverhalten: Was macht eine gute Führungskraft aus?

Fast jede:r Arbeitnehmer:in hat im Laufe ihres oder seines Arbeitslebens mit einer oder mehreren Führungskräften zu tun. Tatsächlich gab es im Jahr 2017 in Deutschland ganze 1,9 Millionen Beschäftigte in leitenden Positionen. Vielleicht bist du also eine:r davon oder möchtest in Zukunft in einer Führungsposition arbeiten? Wir ordnen für dich unter anderem ein, was gute und schlechte Führung ausmacht, welche Folgen diese jeweils mit sich bringt und wie du mit schlechten Chef:innen umgehst.

Was wünschen sich Mitarbeiter:innen von ihren Vorgesetzten?

Um eine Aussage darüber treffen zu können, was gute Führung eigentlich bedeutet, sehen wir uns zuerst an, welche Eigenschaften und Handlungsweisen sich Arbeitnehmer:innen von ihren Vorgesetzten im Idealfall wünschen.

Da wären beispielsweise ein vertrauensvolles Verhältnis, transparente Kommunikation und Wertschätzung als die zentralen Erwartungen von Mitarbeiter:innen an eine gute Führungskraft. Dies zeigt eine Analyse der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich auf Basis von knapp 74.000 Bewertungen auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu. Außerdem lassen die Ergebnisse einer Studie vermuten, dass in den Augen von Angestellten in nicht-leitenden Positionen zum Beispiel allgemeine Vertrauenswürdigkeit und Intelligenz zu den wichtigsten Eigenschaften einer guten Führungskraft zählen könnten.

Gen Z: Was junge Arbeitnehmer:innen von Chef:innen erwarten

Gerade jungen Arbeitnehmer:innen aus der Generation Z (ca. Jahrgänge von 1995 bis 2010) wird gern nachgesagt, dass sie besonders hohe Ansprüche an ihre Jobs und damit auch an ihre Führungskräfte haben. In der Realität dürfte es jedoch so sein, dass ihre Erwartungen an Vorgesetzte sich großteils mit jenen älterer Arbeitnehmer:innen decken.

So wünschen sich 52 Prozent der Gen-Z-Beschäftigten Wertschätzung und Lob für gute Leistungen und 43 Prozent erhoffen sich Offenheit und Bereitschaft für Veränderungen. Hohe fachliche Kompetenz ist außerdem 38 Prozent der Befragten einer Umfrage der Wirtschaftsjunioren Deutschland e.V. wichtig.

Diese Eigenschaften zeichnen gute Chef:innen aus

Eine gute Führungskraft zeichnet sich durch eine Kombination aus fachlicher Kompetenz, emotionaler Intelligenz und ethischem Handeln aus. Aber wie wird man nun als fachlich kompetent wahrgenommen? Was muss für ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis gegeben sein? Wie kann Wertschätzung durch Chef:innen in der Praxis aussehen? Gewisse Eigenschaften können es dir erleichtern, hierfür einen individuell passenden Zugang zu finden.

1. Resilienz und Geduld

Als Führungskraft wirst du früher oder später mit Konflikten auf unterschiedlichsten Ebenen konfrontiert werden. Die Fähigkeit der Resilienz steht vereinfacht erklärt dafür, wie schnell und gut du dich bei Problemen oder Veränderungen an die neue Situation anpassen kannst. Sie hilft dir dabei, Spannungen zu bewältigen und sie zusätzlich als Anlass für Entwicklung zu nutzen.

Damit schaffst du es nicht nur, Ängste und Sorgen deiner Mitarbeitenden aufzunehmen und mit ihnen gemeinsam in Konstruktivität zu wandeln, sondern auch Druck und Zwang zu reduzieren. Des Weiteren ermöglicht dir resilientes Verhalten, auch in Stresssituationen auf deine Ressourcen zurückzugreifen und dabei handlungsfähig und produktiv zu bleiben.

Ergänzt wird diese Fähigkeit idealerweise mit dem Charakterzug Geduld. Einerseits, weil Konflikte sich häufig nicht von heute auf morgen lösen. Andererseits, weil Erfolg nicht über Nacht passiert und du wesentliche Entscheidungen nicht überstürzen solltest.

2. Emotionale Intelligenz

Um deine Teammitglieder zu fördern und wachsen zu lassen, ist eine wichtige Eigenschaft von guten Führungskräften ein hoher Grad an emotionaler Intelligenz (EI). Diese ermöglicht es dir, dich in andere Menschen hineinzuversetzen und auf diese empathisch zu reagieren. Teilweise ist deine emotionale Intelligenz von deiner Genetik und deinen Kindheitserfahrungen abhängig. Aber glücklicherweise eben nur teilweise! Es ist durchaus möglich, deine EI aktiv weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dazu gehört die konstante Arbeit an dir selbst.

Du kannst beispielsweise versuchen, die Gründe hinter dem Verhalten deiner Mitarbeiter zu verstehen oder in 1:1-Gesprächen Techniken wie aktives Zuhören anzuwenden. Auf diesem Wege erkennst du, wie du dein Team bestmöglich unterstützen kannst. Gleichzeitig kannst du so im Idealfall zur Vertrauensperson und Anlaufstelle für deine Mitarbeitenden werden, nimmst eine Vorbildfunktion ein und kannst Konflikte schneller lösen. Da du auf Augenhöhe kommunizierst, werden etwaige Probleme außerdem schneller an dich herangetragen.

3. Konstruktivität und Lösungsorientierung

Du triffst als Führungskraft ganz automatisch auf die unterschiedlichsten Charaktere, Arbeitsweisen und Bedürfnisse – zum Beispiel bei der Lösung von Problemen. Diese Individualität kann manchmal für Spannungen in deinem Team sorgen.

Konstruktives Verhalten und eine klare Lösungsorientierung helfen dir, für Verständnis und klare Verhältnisse innerhalb eures Teams zu sorgen. Auf dieser Basis könnt ihr nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Durch konstruktive Kommunikation bleibst du außerdem stets in der Lage, neue Perspektiven einzunehmen und für ein übergeordnetes Ziel zu adaptieren und schlussendlich zu vereinen. Dabei triffst du selbstverständlich weiterhin eigene Entscheidungen, verringerst jedoch die sogenannte Betriebsblindheit und berücksichtigst vielerlei Ansichten, ohne die unternehmerischen Interessen aus den Augen zu verlieren.

4. Transparenz

Nicht umsonst wird eine vertrauensvolle Zusammenarbeit als essentiell für ein gutes Verhältnis zu Führungskräften gesehen. Um dieses Vertrauen zu gewinnen und langfristig zu behalten, ist unter anderem Transparenz in der Kommunikation mit dem Team entscheidend.

Dazu gehört die Fähigkeit, deine Absichten und Gründe für Entscheidungen klar und individuell nachvollziehbar zu kommunizieren und mögliche Ankündigungen und Versprechen zeitnah umzusetzen. So verhinderst du Gerüchte, zeigst deine Proaktivität und Verlässlichkeit. Weil deine Mitarbeitenden wissen, dass sie von schlechten Nachrichten nicht mehr plötzlich überrascht werden, steigt ihr Sicherheitsgefühl und ihr allgemeines Wohlbefinden. Das wiederum hat einen positiven Effekt auf die Produktivität und Identifikation mit dem Unternehmen.

5. Leidenschaft

Unterschätzt, aber dennoch für gute Führungskräfte entscheidend: Gelebte Leidenschaft für den Beruf. Die Produktivität deiner Teammitglieder hängt sehr von deiner Einstellung ab, die du ihnen natürlich auch aktiv zeigen musst.

Schaffst du es als Chef:in, dein Team nachhaltig zu begeistern und die Leidenschaft für euer Produkt oder eure Dienstleistung zu wecken oder zu intensivieren, kannst du davon ausgehen, dass deine Mitarbeiter:innen ihre Energie und Kompetenzen voll und ganz in ihren Arbeitsalltag einbringen.

6. Verantwortungsbewusstsein

Auch Verantwortungsbewusstsein ist eine essentielle Eigenschaft guter Führungskräfte. Fehler passieren nunmal und sind für eine gute Weiterentwicklung teils sogar notwendig – egal in welcher Position man sich befindet.

Als Vorgesetzte:r solltest du immer zu deinem Wort stehen und dich bei Fehlern oder falschen Entscheidungen deiner Verantwortung stellen. Auch wenn in deinem Team mal etwas schief läuft, weißt du, wie du damit verantwortungsbewusst umgehen kannst und setzt dich stets für eure Ziele und Interessen ein.

Du möchtest deiner Führungskraft gerne Feedback geben, weißt aber nicht wie? Wir zeigen dir hilfreiche Tipps, wie es mit dem Feedback klappt.

Mehr Produktivität und Wertschätzung: Diese Vorteile bringen gute Führungskräfte

Von einer guten Führungskraft wird erwartet, dass sie leitet, inspiriert und ein Umfeld von Vertrauen, Verantwortung und Fairness schafft. Und damit machen sie nicht nur einzelnen Arbeitnehmer:innen den Arbeitsalltag etwas leichter. Ihr allgemeiner Einfluss auf die Zufriedenheit, die Produktivität der Mitarbeiter:innen und den Erfolg eines Unternehmens ist sehr, sehr groß. Und noch weiter: Auch die Moral eines Teams, dessen ethische Standards und die Kultur am Arbeitsplatz werden durch als kompetent wahrgenommene Vorgesetzte stark positiv beeinflusst.

Dass gute Führung im Sinne der Unternehmen ist, belegt unter anderem eine Studie der Oxford Universität aus dem Jahr 2023. Die Auswertung der Daten zu 1.600 US-amerikanischen Unternehmen zeigt, dass Unternehmen mit den zufriedensten Mitarbeiter:innen in den klassischen Performance-Bereichen wie Return on Investment, Profit und Unternehmenswert deutlich besser abschneiden. 

Haben deutsche Chef:innen ein Führungsproblem?

Deutsche Führungskräfte befinden sich immer wieder in der Kritik. Zwar dürften ihnen die Vorteile und Ziele moderner Führungsstrategien durchaus bewusst sein, es scheint jedoch häufig an der Umsetzung zu hapern. Gerade in maßgeblich wichtigen Themenbereichen – darunter Kommunikation und Motivation – erhalten die Chef:innen von ihren Mitarbeiter:innen eher schlechte Noten. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland hinsichtlich der Zufriedenheit mit den Vorgesetzten damit nur auf dem 20. Platz.

Deutsche Arbeitnehmer:innen: Mehr Wechselbereitschaft durch schlechte Führung

Eine aktuelle Gallup-Studie führt eine erhöhte Wechselbereitschaft unter deutschen Arbeitnehmer:innen unter anderem darauf zurück, dass nur 22 Prozent der Befragten uneingeschränkt zufrieden mit ihrer Führungskraft sind. Diese These unterfüttern auch die Ergebnisse einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey. In dieser gaben 36 Prozent der Befragten an, dass sie aufgrund ihrer vorgesetzten Person über eine Kündigung nachdenken würden. 

Schwache Führung: Daran erkennst du schlechte Vorgesetzte

Um dein eigenes Führungsverhalten zu optimieren oder um als normale Mitarbeiter:in ein Gefühl zu bekommen, ob das Verhalten deiner Chef:in angemessen ist, haben wir dir einige Erkennungsmerkmale schlechter Vorgesetzter zusammengestellt. Einige davon waren dir womöglich längst klar, andere schlechte Eigenschaften waren vielleicht nicht ganz so offensichtlich. Aber lies am besten selbst!

1. Ineffektivität und mangelnde Fachkompetenz

Unstrukturierte Meetings, unklare Zielvorstellungen, faktisch falsche Ansichten oder fehlende Zusammenfassungen nach Gesprächen: All diese Punkte können Zweifel an deiner Kompetenz und Effektivität als Führungsperson zulassen. Das kann wiederum zu Vertrauensverlust führen.

Unser Tipp: Mach dir bewusst, welche Verantwortung du trägst. Solltest du fachliche Lücken haben, kannst du diese durch Weiterbildungen oder Gespräche im Team schließen. Unfehlbar ist schließlich niemand – auch keine Chef:innen.

2. Zu wenig Distanz und klare Verhältnisse

Erstmal klingen Freundschaften zwischen Chef:innen und Mitarbeiter:innen toll. Wieso auch nicht, immerhin können auch Menschen in unterschiedlichen Positionen die gleichen Interessen haben. Wäre da nicht das Problem, dass deine Kumpelhaftigkeit als mangelnde Positionierung gewertet werden könnte und deine Mitarbeiter:innen dich deshalb nicht ernst nehmen könnten.

Unser Tipp: Wichtig ist, klare Verhältnisse zwischen allen beteiligten Personen zu schaffen. Denn in erster Linie bist du die oder der Vorgesetzte und musst mit deinem Team die Unternehmensziele erreichen. Eure Freundschaft darf dies nicht beeinträchtigen.

3. Konfliktscheue

Führungskräfte, die Konflikte vermeiden, wirken auf den ersten Blick sympathisch. Doch es gibt einen großen Nachteil. Wer ständig versucht, unangenehme Themen zu umgehen, kann auch keine wichtigen Probleme lösen. Dies kann zu andauernden Spannungen innerhalb eines Teams führen, die irgendwann sogar eskalieren könnten.

Unser Tipp: Lerne, Konflikte als Chance zu sehen. Du kannst dadurch Dinge klären und wirklich verbessern. Unterschiedliche Meinungen können des Weiteren durchaus produktiv sein können.

4. Mangelnde Aggressionskontrolle

Impulsive Reaktionen auf Kritik oder stressige Situationen können die Zusammenarbeit in Teams erschweren und das Vertrauen in dich als Führungskraft gefährden. Mangelnde Aggressionskontrolle wirkt sich oft negativ auf die Stimmung aus. Kein Wunder, denn sie lässt dich unberechenbar erscheinen.

Unser Tipp: Halte in kritischen Momenten bewusst erstmal inne und atme tief durch statt dich gleich persönlich angegriffen zu fühlen. Professionelle Stressbewältigungsstrategien und kognitive Verhaltenstherapie können dein Vorhaben zusätzlich unterstützen.

Welche Folgen kann schlechte Führung haben?

Die Art der Führung nimmt immer Einfluss auf die Psyche der Angestellten hat. Und das ist sogar wissenschaftlich bestätigt. Eine Studie belegt hierzu den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Führungsqualitäten und psychischer Gesundheit der Angestellten. Demnach hat das Führungsverhalten enorme Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Beschäftigten.  Schwache Führung kann es zu einem Mangel an Motivation und sogar einem Burnout führen.

Aktiv werden: So gehst du gegen schlechte Chef:innen vor

Wenn es deiner Führungskraft nur endlich gelingen würde, Anerkennung für deine Arbeit, Verbundenheit und Zuversicht zu vermitteln, würde die Lust auf die Arbeit (wieder) steigen!

Vielleicht weiß sie oder er aber gar nicht, dass ihr:sein Führungsstil ein Problem für dich ist. Deshalb bist du jetzt am Zug! Sag deiner:m Vorgesetzten auf konstruktive Art und Weise, was du von der aktuellen Führungskultur in eurem Team hältst. Hierfür kannst du dich auch mit deinen Kolleg:innen zusammenschließen. Hat das Gespräch keine nennenswerten Folgen, kannst du dich mit deinem Anliegen an die Personalabteilung oder die nächsthöhere Führungsebene wenden.