Wie du Nein zu Überstunden sagen kannst

Ganz langsam gleiten die Zeiger über das Ziffernblatt und ticken unaufhaltsam in deinem Kopf. Eigentlich könntest du jetzt deinen Laptop zuklappen und Richtung Feierabend marschieren. Eigentlich. Denn obwohl dein Überstundenkonto aus allen Nähten platzt, lässt dich das schlechte Gewissen am Bildschirm kleben. Wie du aus diesem Teufelskreis ausbrichst, erfährst du hier.

Machst du immer Überstunden?

Im Jahr 2022 machten Arbeitnehmer:innen in Deutschland rund 583 Millionen bezahlte und ca. 702 Millionen unbezahlte Überstunden. Du gehörst dazu? Du verbringst auch die Mittagspause zwischen Tastatur und Mousepad und Work-Life-Balance und pünktlicher Feierabend ist eine Traumvorstellung? Die Grenzen zwischen Privatleben und Job verschwimmen, Power Point und Briefingdokument bleiben selbst am Wochenende geöffnet? Du möchtest aus dem Teufelskreis ausbrechen, doch du weißt nicht wie?

Work-Life-Balance, Zusammenarbeit und Führungsstil: Die Kultur macht die Persönlichkeit eines Unternehmens aus. Verrate auf kununu.com wie die Unternehmenskultur deines Arbeitgebers wirklich ist – natürlich vollkommen anonym!

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24/7 Wir-Gefühl & We-are-Family-Gewissensbisse

Einfach „Nein“ zu sagen, weil der Akku leer ist? Scheinbar unmöglich.  Auch in den Bewertungen auf kununu taucht das Wort Überstunden fast 14.000 mal auf. „Überstunden zum Nulltarif“ und unbezahlte Extrazeit werden als „normal angesehen und verlangt“. Sie verschwinden wie selbstverständlich zwischen flexiblen Arbeitszeiten und Zeiterfassung auf Vertrauensbasis. Als wäre es ein „privates Vergnügen“, den Chef öfter zu sehen, als die Familie.

Eigentliches Problem sind aber nicht die Überstunden an sich. Vielmehr ist es die We-are-Family-Mentalität: Wenn der Kollege noch am Schreibtisch sitzt, müssen unbezahlte Arbeitszeiten schon in Ordnung sein.

Dadurch ergibt sich der Teufelskreis: Wenn die Arbeitnehmer:innen es sich gefallen lassen, dann werden einige Unternehmen auch weiterhin unbezahlte Überstunden für eine Selbstverständlichkeit halten. Umso wichtiger ist es, auch mal "Nein" zu  sagen, auch wenn es uns schwer fällt. Schwer fällt uns der Widerstand auch, weil wir uns vor Misserfolgen, Überanstrengungen und sozialen Zurückweisungen fürchten: Bevor etwas kompliziert wird, oder wir unseren inneren Schweinehund in eine ungemütliche Situation katapultieren, verweilen wir lieber in der bekannten Zone. Lieber bleiben wir im Sinne des sozialen Kuscheldrucks in der Norm, als dass wir etwas tun, was anderen Menschen missfällt. Besonders, wenn diese Menschen über unseren weiteren Karriereweg entscheiden können.

Haben Überstunden gesundheitliche Folgen?

Das zu viel Arbeit nicht gesund sein kann, dass ist gemeines Wissen. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass unsere Produktivität und unser Leistungsvermögen schwindet. Moderne Arbeitsmodelle wie die Vier-Tage-Woche beziehen dieses Wissen längst mit ein und erzielen meist überwältigende Erfolge. Doch sind Überstunden wirklich gesundheitsschädigend?

Daten aus einer 30 Jahre laufenden Langzeitstudie der Universität Halle-Wittenberg in Zusammenarbeit mit der Uni Erlangen-Nürnberg zeigen auf, dass bereits eine zusätzliche Stunde Arbeitszeit pro Woche sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Die Mehrarbeit wirkt sich vor allem negativ auf die Psyche aus und begünstigt Begleiterscheinungen wie Müdigkeit und Erschöpfung bis hin zu depressiven Verstimmungen. Die Befragten schätzen nach ihre Gesundheit um zwei Prozent schlechter ein und die Zahl ihrer Arztbesuche stieg um 13 Prozent. 

Kenne deine Rechte. Und trau dich, sie durchzusetzen.

Natürlich ist die Rechtslage je nach Land unterschiedlich und sicherlich gibt es Ausnahmen, die eine Pauschalisierung nicht zulassen. Generell gilt aber: Nur du hast es in der Hand, deine Ansprüche geltend zu machen. Informiere dich über bindende Gesetze und Zeiterfassung, kenne deinen Arbeitsvertrag genau und trau dich freundlich aber bestimmt, deinen Chef auf vereinbarte Regelungen hinzuweisen.

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So sagst du „Nein“ zu Überstunden

Wenn dich dein:e Chef:in das nächste Mal bittet, Überstunden zu machen, dann denke an diese fünf Punkte:

  • Wenn du dich von deinem:deiner Vorgesetzten regelrecht überfallen fühlst und mit seiner Bitte nicht gerechnet hast, räume dir Bedenkzeit ein. Das kannst du machen, indem du entweder klar kommunizierst, dass du darüber nachdenken musst oder aber eine kleinere Aufgabe als Vorwand vorschiebst, um nicht gleich antworten zu müssen. Z.B. „Ich mache diese Aufgabe noch fertig, dann könnten wir darüber sprechen.“ Dein Vorteil: So rutscht dir erst gar nicht ein automatisches „Ja“ heraus, dass du vielleicht später nicht zurücknehmen kannst.
  • Wenn du dich für eine Antwort entschieden hast, werde deutlich. Das bedeutet: Kein geflüstertes „Nein“, keine halbherzigen Ausflüchte, sondern ein lautes, klares „Nein“. Warum das wichtig ist? So erstickst du Überredungsversuche im Keim und zeigst, dass du selbstbewusst zu deinen Entscheidungen stehst.
  • Ausführliche Begründungen solltest du vermeiden. Sie klingen schnell so, als würdest du dich vor dir selbst rechtfertigen und unsicher sein. Das führt dazu, dass dein Gegenüber Futter erhält, dass er für seine Gegenargumente verwenden kann. Schlimmstenfalls katapultierst du dich so selber ins Aus und kannst am Ende nur noch „Ja“ sagen.
  • Kenne deine Prioritäten und deinen Workload. So kannst du deinem:deiner Chef:in ganz deutlich sagen: „Wenn ich ‚Ja‘ zu dieser Aufgabe sage, dann kann ich die Zeit nicht in das andere Projekt investieren. Dies hat aber Priorität oder sehen Sie das anders?“
  • Wenn Überstunden für dich schon länger auf der Verhandlungs-Agenda stehen, bereite dich vor deinem nächsten Mitarbeitergespräch vor, um das Thema gemeinsam mit deinem:deiner Chef:in anzugehen.

letztes Update: 25.September 2023