Vier-Tage-Woche: Alles, was du wissen musst

Vier Tage arbeiten, drei Tage frei haben – das klingt für viele Arbeitnehmer:innen traumhaft. Seit einiger Zeit steht das traditionelle Modell der Fünf-Tage-Woche auf dem Prüfstand, Unternehmen testen neue, flexiblere Modelle wie die Vier-Tage-Woche oder die 30-Stunden-Woche. Was sind die Unterschiede und welche Vor- und Nachteile haben die unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle? Wir haben uns für euch schlaugemacht.

Um die Vier-Tage-Woche geht es auch in unserem kununu Podcast The Fit. Höre rein!

Was ist die Vier-Tage-Woche?

Eine Vier-Tage-Woche bedeutet im Wesentlichen, dass du als Mitarbeiter:in eines Unternehmens deine bisher auf fünf Tage verteilten Arbeitsstunden in vier Tagen unterbringst. An der Zahl deiner Arbeitsstunden pro Woche muss sich durch die vier Tage Woche nichts ändern, somit hast du auch keine Gehaltseinbußen. Wenn deine Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche beträgt, verteilen sich diese 40 Stunden nicht wie bisher auf fünf Tage, sondern eben auf vier. Konkret bedeutet eine Vier-Tage-Woche aber nicht, dass es erlaubt ist, an einem Tag 15 Stunden zu arbeiten und am nächsten nur sieben. Arbeitsrechtliche Vorgaben zu Überstunden müssen beachtet und eingehalten werden. Den Unternehmen steht es frei, im Rahmen der Vier-Tage-Woche auch die Arbeitszeit nach unten anzupassen, ohne das Gehalt zu kürzen, das ist aber eine freiwillige Entscheidung des Unternehmens.

Ländervergleich: gesetzliche Vorgaben für die Vier-Tage-Woche in Deutschland, Österreich & der Schweiz

In Deutschland steht im Arbeitszeitgesetz beispielsweise geschrieben, dass die tägliche Höchstarbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten sollte. Aber: Das Gesetz erlaubt grundsätzlich, dass die tägliche Höchstarbeitszeit auf zehn Stunden ausgebaut werden darf. Dementsprechend wäre es in Deutschland möglich, 40 Arbeitsstunden in einer Vier-Tage-Woche unterzubringen.

In Österreich hat sich nach der Einführung des 12 Stunden Tages bei der Höchstarbeitszeit einiges geändert. Pro Arbeitstag darf inklusive Überstunden seitdem zwölf Stunden gearbeitet werden – in Ausnahmefällen sind es sogar 12,5 bis 13 Stunden. Sofern dein Arbeitgeber dir das Go für das neue Arbeitsmodell gibt, kannst du deine Arbeitsstunden innerhalb dieser Limits frei einteilen und einen Tag einsparen.

In der Schweiz liegt die Höchstarbeitszeit pro Tag sogar bei 14 Stunden. Es gibt aber bezüglich der Stundenzahl einige Ausnahmeregelungen, die du am besten bei deinem Arbeitgeber erfragst. 

Wo gibt es die Vier-Tage-Woche bereits?

Als eines der ersten Länder hat Belgien die vier Tage Woche Ende 2022 gesetzlich verankert. Damit gilt für alle Angestellten ein Rechtsanspruch, ihre wöchentliche Arbeitszeit auch an vier Tagen zu absolvieren. Alternativ kann die Stundenzahl verringert werden – allerdings mit Gehaltseinbußen.

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Vier-Tage-Woche: die Vorteile

1. Ein neu gewonnener, freier Tag

Du gewinnst einen freien Tag, an dem du dir Zeit für jene Dinge nehmen kannst, die in einer Woche mit fünf Arbeitstagen einfach nicht möglich gewesen wären. Sport machen, Behördengänge erledigen oder einfach ein Tag zur Entspannung lassen sich nun ganz einfach einplanen. Gerade für berufstätige Eltern kann diese neue Form der Arbeitszeiten das Familienleben positiv beeinflussen. Es bleibt Zeit, am Tag auszuspannen, wichtige Erledigungen zu machen und den Tag gemeinsam mit den Kindern zu genießen.

2. Leistung und Stimmungsbarometer steigen

Während der Anwesenheit im Unternehmen legst du den Fokus nach wie vor auf deine Tages-, Wochen- oder Monatsziele und womöglich arbeitest du sogar konzentrierter als in einer weniger komprimierten Arbeitswoche. Sind die vier Tage vorüber, bist du glücklich, weil du viel geschafft hast, deine Freizeit genießen und Abstand von der Arbeit gewinnen kannst. Bist du dann wieder zurück im Unternehmen, legst du eine ganz neue Motivation an den Tag, denn du hattest genügend Zeit, um die Batterien wieder aufzuladen.

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Studie untersucht Auswirkungen der Vier-Tage-Woche

Für die Studie wurde die Arbeitszeit von über 3.000 Proband:innen über sechs Monate um 20 Prozent verkürzt, ohne den Lohn anzupassen, um positive sowie negative Effekte herauszufinden.

  • 71 Prozent der Beschäftigten gaben an, weniger unter "Burnout" zu leiden.
  • 39 Prozent sagten, sie seien weniger gestresst als zu Beginn des Versuchs.
  • Die Zahl der Krankenstandstage ging um 65 Prozent zurück.
  • Die Zahl der Mitarbeiter, die das Unternehmen verließen, sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 57 Prozent.
*Die Einnahmen der Unternehmen veränderten sich während des Versuchszeitraums hingegen kaum – sie stiegen im Durchschnitt sogar geringfügig um 1,4 Prozent.

3. Längere Ruhepausen

So ein Wochenende vergeht wie im Flug, vor allem, wenn man die Zeit benötigt, um Einkäufe zu erledigen und sich um den Haushalt zu kümmern. Richtig abschalten und den beruflichen Stress vergessen, ist an zwei freien Tagen oft nicht möglich. Ein weiterer freier Tag pro Woche kann das ändern und mehr Zeit bieten, um frische Energie und Motivation zu tanken.

Vier-Tage-Woche: die Nachteile

1. Längere Arbeitstage

Wenn die Stunden nicht verringert werden, aber ein ganzer Arbeitstag gestrichen wird, bedeutet das automatisch mehr Workload und eine längere Arbeitszeit an den übrigen Tagen. 40 Stunden auf vier Arbeitstage verteilt, das bedeutet zehn Arbeitsstunden pro Tag! Mit Pausen (offiziell muss man in Deutschland nach sechs Arbeitsstunden eine längere Pause einlegen) landet man da schnell bei über elf Stunden. Und wer dann zusätzlich noch einen langen Fahrtweg hat, ist nochmal länger unterwegs. Es ist fraglich, ob der zusätzliche freie Tag diese Anstrengungen ausgleichen kann. Zahlreiche Studien belegen außerdem, dass Menschen sich nur für eine begrenzte Zeit am Stück konzentrieren können.

2. Alternative: Weniger Gehalt

Wer die Vier-Tage-Woche in Anspruch nehmen möchte, aber gleichzeitig die Arbeitszeit pro Tag nicht verlängern, muss mit weniger Gehalt rechnen. Es sei denn, der Arbeitgeber führt mit der Vier-Tage-Woche freiwillig auch eine geringere Wochenarbeitszeit zum gleichen Lohn ein.

Vier-Tage-Woche oder 30-Stunden-Woche – was ist der Unterschied?

Bei der Diskussion um neue Arbeitszeitmodelle geht es vor allem darum, Arbeitnehmer:innen mehr Flexibilität und mehr Freizeit zu geben. Während die Vier-Tage-Woche nicht zwangsläufig eine geringere Wochenarbeitszeit vorsieht (die Stunden werden auf weniger Tage verteilt), haben einige Unternehmen in den vergangenen Jahren verkürzte Wochenarbeitszeiten eingeführt, zum Beispiel 34 oder 30 Stunden pro Woche bei gleichem Gehalt. Hintergrund sind zahlreiche Studien, die belegen, dass die Produktivität von Menschen bei langer Arbeitszeit sinkt und dass kürzere und flexible Arbeitszeiten die Produktivität steigern. Unternehmen können also durchaus profitieren von kürzeren und flexibleren Arbeitszeiten.

Die österreichische Online Marketing-Agentur eMagnetix hat als Vorreiterin bereits 2018 mit einer 34-Stunden-Woche gestartet, die dann später auf 30 Stunden pro Woche gekürzt wurde. Ziel war es, den Mitarbeiter:innen mehr Flexibilität zu gewährleisten und attraktiver für Bewerber:innen zu sein. Mit vollem Erfolg: Laut einer Studie im Auftrag der österreichischen Arbeitskammer ist das Unternehmen seitdem um 200 Prozent gewachsen, arbeitet um 34 Prozent produktiver und es gehen 10 Mal mehr Bewerbungen als vor der Umstellung ein. 

"30 Stunden Woche, 4 Tage Woche (flexibel gestaltbar) und Homeoffice-Möglichkeit. Das ist mega 😉 und eMagnetix ist hier wirklich ein Vorreiter"

Eine 4.8

Kommt die Vier-Tage-Woche im DACH-Raum?

Es gibt immer mehr Unternehmen, die beweisen: Eine Vier-Tage-Woche mit verkürzter Wochenarbeitszeit funktioniert – sowohl für die Arbeitnehmer:innen als auch für die Unternehmen. Ein Pilotprojekt mit über sechzig Unternehmen in Großbritannien hat gezeigt: Die Mitarbeiter sind ausgeruhter, motivierter – und fehlen seltener, wodurch die Produktivität der Unternehmen gestiegen ist. Gewerkschaften in ganz Europa fordern Regierungen auf, flexiblere Arbeitszeiten und eine geringere Wochenarbeitszeit einzuführen.

Zumindest in Deutschland ist damit in naher Zukunft jedoch nicht zu rechnen. „Die Einführung einer gesetzlichen Vier-Tage-Woche ist in Deutschland nicht geplant“, so äußerte sich eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums gegenüber der Berliner Morgenpost. Arbeitsmarktexperte Rolf Gleißner, stellvertretender Leiter für Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer Österreich, spricht sich im Interview gegen eine gesetzlich geregelte Verkürzung der Wochenarbeitszeit aus. 

Ohne gesetzliche Grundlage wie in Belgien ist davon auszugehen, dass die Zahl der Unternehmen, die ihren Mitarbeiter:innen flexiblere Arbeitszeiten anbieten, zwar steigen wird. Die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wird aber in absehbarer Zeit eher die positive Ausnahme bleiben.

Beispiele für Unternehmen mit Vier-Tage-Woche und reduzierter Arbeitszeit

In Deutschland

Frische Fische

Seit einigen Jahren schon gibt es bei der Dresdner Agentur Frische Fische das Modell der Vier-Tage-Woche. Scheinbar hat das Unternehmen damit viele Dinge richtig gemacht, denn auf kununu gibt es für die Agentur einen Durchschnittsscore von 4,6.

Comdirect Bank AG

Die Comdirect Bank AG hat mit 3,8 Sternen einen für die Banken-Branche überdurchschnittlichen kununu Score. Das liegt vermutlich auch daran, dass hier viele verschiedene Arbeitszeitmodelle – wie die Vier-Tage-Woche – möglich sind und immer wieder von den Vorgesetzten betont wird, dass man nicht länger in der Arbeit bleiben muss.

Mindsquare GmbH

Die Mindsquare GmbH, eine IT-Beratung und -Entwicklung mit Sitz in Bielefeld, zwingt seine Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen nicht zu vorgegebenen Arbeitszeiten. Sitzt man doch einmal länger im Büro, liegt das daran, dass der Job bzw. die Branche einfach dazu verleiten. Alle kununu Bewertungen zusammen ergeben einen Durchschnittsscore von 4,2 für die Mindsquare GmbH.

DocCheck Gruppe

Rund 260 Mitarbeiter kommen bei der DocCheck Gruppe in den Genuss der Vier-Tage-Woche. Das spiegelt sich im kununu Score, der bei für die Branche Internet / Multimedia überdurchschnittlichen 4,3 Sternen liegt, mit Sicherheit wider. Auf persönliche Belange wird hier Rücksicht genommen, damit ein Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit nicht zu kurz kommt.

billbee GmbH & MEDIA BROADCAST

Wie die 30-Stunden-Woche bei billbee und die 4-Tage-Woche bei MEDIA BROADCAST funktioniert und wieso die Unternehmen die Modelle eingeführt haben, das erfährst du in unserer Podcast-Episode über die 4-Tage-Woche. Jetzt reinhören!

In Österreich

eMAGNETIX Online Marketing Agentur

Als Vorreiterin hat die Loebener Agentur eMAGNETIX den Mitarbeiter:innen schon 2018 verkürzte Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich angeboten. Seitdem wurde in vielen Medien über den Erfolg des Modells berichtet. Mittlerweile schult eMAGNETIX andere Unternehmen und unterstützt sie bei der Einführung der 30-Stunden-Woche. Die Mitarbeiter:innen scheinen sich wohlzufühlen: Mit einem Score von 4,7 schneidet das Unternehmen deutlich besser als der Branchendurchschnitt ab. 

Wiener Linien

Als eines der ersten Großunternehmen Österreichs haben die Wiener Linien im Jahr 2022 testweise die Vier-Tage-Woche eingeführt. Allerdings bleibt die Arbeitszeit mit 37,5 Stunden pro Woche gleich, die Arbeitstage sind für die Beschäftigten also länger geworden. Auf kununu schneidet das Verkehrsunternehmen mit einem Score von 3,3 entsprechend dem Branchendurchschnitt ab, die Kultur wird als traditionell wahrgenommen – zumindest bisher scheint das Employer Branding noch nicht von den flexibleren Arbeitszeiten profitiert zu haben.  

epunkt GmbH

Das Recruiting-Unternehmen epunkt GmbH aus Linz hat 2022 dauerhaft die Vier-Tage-Woche für alle 300 Mitarbeiter:innen eingeführt. Seitdem beträgt die Arbeitszeit 34 Stunden pro Woche – bei vollem Gehalt. Auf Alternativ können sich die Angestellten auch für ein Zehn-Monats-Jahr entscheiden. In diesem Fall wird an fünf Tagen in der Woche gearbeitet – dafür kann man dann nach zehn Monaten eine richtig lange Auszeit genießen. kununu wird das Unternehmen mit einem Gesamtscore von 4,5 bewertet und schneidet so deutlich besser als der Rest der Branche ab. Nicht verwunderlich, dass die Arbeitskultur bei epunkt GmbH als sehr modern von den Mitarbeiter:innen wahrgenommen wird. 

letztes Update: 23. Dezember 2023