Loud Quitting: Abgang mit Krawallpotenzial

Während kürzlich noch der Arbeitstrend Quiet Quitting alle Aufmerksamkeit auf sich zog, rückt jetzt das Loud Quitting als Gegentrend in den Vordergrund. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup fand im Jahr 2023 heraus, dass knapp 20 Prozent der Arbeitnehmer:innen auf der ganzen Welt mittlerweile laut kündigen. Aber was genau bedeutet lautes Kündigen - besser bekannt als Loud Quitting? Und wieso hat es häufig mit Wut und Frustration zu tun? Alles über den neuen Arbeitstrend und die Gründe für die Entstehung, erfährst du in diesem Artikel.

Loud Quitting: Was ist das überhaupt?

Bei Loud Quitting machen Angestellte ihrem Ärger über ihre Arbeitgeber laut Luft. Das kann beispielsweise durch offensichtliches Lästern, durch laut ausgetragene Konflikte, dramatische Auftritte am Arbeitsplatz oder kritische Social-Media-Postings passieren. Immer im Fokus: Kritik an den eigenen Arbeitsbedingungen, der Tätigkeit, dem Gehalt oder der Führungskultur.

Eine allgemeingültige Definition gibt es für das Phänomen übrigens nicht. Manche sehen in Loud Quitting ein aggressives Mittel, um eine Gehaltserhöhung durchzusetzen. Mitarbeiter:innen würden hier für alle hörbar drohen, ohne Gehaltserhöhung ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Andere wiederum sehen darin die Vorstufe zu einer Kündigung oder aber die Zeit nach der offiziellen Kündigung, bis zum letzten Tag und dem Ausscheiden aus einem Unternehmen. Dieser Artikel beschäftigt sich in erster Linie mit letzterer Definition, bei der Angestellte sich mehr und mehr von ihrem Job loslösen und bis zur Kündigung immer öfter ihre Wut auf den Betrieb öffentlich äußern.

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Lautes Kündigen als Gegentrend zu Quiet Quitting?

Beide sind neue Trends auf dem Arbeitsmarkt und beide scheinen zumindest auf den ersten Blick das Gegenteil voneinander zu sein - Loud Quitting und Quiet Quitting. Doch tatsächlich müssen sich die Trends nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Jemand, der am Ende laut geht, kann vorher theoretisch auch schon lange Zeit leise gekündigt haben.

Arbeit nach Vorschrift und kein bisschen mehr: So wird der Arbeitstrend Quiet Quitting in wenigen Worten beschrieben. Dass Arbeitnehmer:innen damit für sich selbst Grenzen ziehen, kann für eine bessere Work-Life-Balance geschehen. Häufig kündigen sie aber auch still, wenn sie aus bestimmten Gründen gerade keine Kraft haben, einen neuen Job zu suchen.

Von leise auf einmal nach laut? Durchaus möglich. Sobald du einen neuen Job und einen Ausweg aus der Situation gefunden hast, kann sich dein Selbstwertgefühl beispielsweise drastisch verändern. Vielleicht verspürst du auf einmal das Bedürfnis, deinem Arbeitgeber die Meinung zu geigen und mit einem großen Big Bang zu gehen. Natürlich gibt es daneben auch andere Ursachen, warum man plötzlich lautstark ein Unternehmen verlässt. Darunter sind:

  • Veränderungen in der Teamkonstellation
  • Weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
  • Ausgebliebene Beförderung
  • Ungerechte Behandlung

Du merkst vielleicht schon: Von Gegentrends kann man nicht wirklich sprechen. Loud und Quiet Quitting sind vielmehr differenziert zu betrachten und können sogar bei derselben Person auftreten. In unserem Artikel erfährst du alles rund um den Trend des Quiet Quittings:

Das sind Gründe für Loud Quitting: Arbeitsunzufriedenheit & Co.

Viele Gründe können dazu führen, dass Arbeitnehmer:innen ihrem Arbeitgeber lautstark die Meinung sagen wollen. Dazu gehören unter anderem:

Frustration und Enttäuschung: Hast du bei deinen Projekten immer alles gegeben, aber nie ein Danke bekommen? Wurde dir schon vor Jahren eine Gehaltserhöhung versprochen, dein Lohnzettel blieb aber immer gleich? Oder hast du mit einer Beförderung gerechnet, diese ging aber an deine:n Kolleg:in? Kein Wunder, dass du in so einer Situation frustriert bist. Wer der Enttäuschung in der Arbeit bei Konflikten oder durch kleine verbale Spitzen Luft macht, könnte zu den Loud Quitters zählen.

Unzufriedenheit mit der Führungskultur: Persönliche Probleme oder Zweifel an der Kompetenz - sind Mitarbeiter:innen mit ihrer Führungskraft unglücklich, kann sich das negativ auf die gesamte Arbeitszufriedenheit und Unternehmensbindung auswirken. Dabei könnte sich in den Augen von Betroffenen durch den Austausch mit der Führungsperson vieles wieder zum Positiven verändern. Dass der Schritt vermeintlich nur so klein ist, kann Wut auslösen.

Unsicherheit: Eine Kündigung steht selten auf dem festen Lebensplan von Arbeitnehmer:innen. Die Wenigsten verlassen ein Unternehmen einfach so. Es ist schließlich nicht unbedingt leicht, in wirtschaftlich unsicheren Jahren einen passenden neuen Job mit guten Arbeitsbedingungen zu finden. Trotzdem scheint die Kündigung ausweglos - und die Wut auf den bisherigen Arbeitgeber steigt ins Unermessliche.

Fehlende Kommunikation: Wirst du in herausfordernden Zeiten von deinem Unternehmen nicht ausreichend oder zu spät kommunikativ abgeholt, kann das zu negativen Meinungsäußerungen führen. Auch dieser Grund hat mit Unsicherheit zu tun, da Arbeitnehmer:innen so ihre aktuelle Situation nicht richtig einschätzen können. Sie wissen nicht, ob sie sich womöglich bald einen neuen Job suchen müssen oder ob sich in ihrer Tätigkeit grundlegend etwas ändert.

Konstante Über- oder Unterforderung: Stress verstärkt Frustration und Frustration verstärkt Stress. So weit, so schlecht. Neben dem durch zu viel Stress entstehenden Burnout-Syndrom kann auch das Gegenteil - Boreout - Wut bei Arbeitnehmer:innen auslösen. Ihre Tätigkeiten entsprechen nicht ihrem Arbeitsvertrag und sind dauerhaft über- oder unterfordernd. Wird diese Diskrepanz nicht vom Arbeitgeber behoben, kann öffentliche Kritik die Folge sein.

Diese (rechtlichen) Folgen können für Arbeitnehmer:innen entstehen

Du bist richtig genervt von deinen Arbeitsbedingungen, aber weißt nicht so recht, ob Loud Quitting tatsächlich eine gute Idee ist? Zunächst einmal ist es immer gut, tief durchzuatmen und nachzudenken, bevor du deinen Unmut über deinen Arbeitgeber laut kundtust. Denn klar ist: Wenn jemanden etwas richtig wütend macht, kochen die Emotionen schnell über und man neigt zu Übertreibungen und Unterstellungen.

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Vorsicht geboten!

Hier solltest du unbedingt aufpassen. Wenn du deinem Arbeitgeber laut vor anderen etwas unterstellst, was nicht der Wahrheit entspricht, kann das aufgrund übler Nachrede (§ 186 StGB) rechtliche Folgen nach sich ziehen. Diese beginnen bei einer möglichen Abmahnung und enden bei einer Kündigung oder sogar einer Schadensersatzforderung.

Heißt das, dass du besser ruhig bleiben und nichts kritisieren solltest? Nein. Solange du deinen Job wie im Arbeitsvertrag vereinbart ausführst und die Arbeitsabläufe nicht störst, wird es für deinen Arbeitgeber schwierig, rechtlich gegen dich vorzugehen. Bleib also bei den Fakten!

Das müssen Arbeitgeber über den aktuellen Trend wissen

Arbeitgeber müssen sich von wütenden Mitarbeiter:innen nicht alles gefallen lassen. Dennoch sollten sie ihnen unbedingt zuhören. Unternehmen sollten stets überprüfen, ob an etwaigen laut geäußerten Vorwürfen tatsächlich etwas dran ist. Wurden Erwartungen nicht erfüllt? Handeln bestimmte Führungskräfte unfair? Durch Verständnis für diese Problemstellungen können Arbeitgeber und Führungskräfte proaktive Strategien entwickeln, um die Bindung von Mitarbeiter:innen zu stärken und eine positive Unternehmenskultur zu fördern. Schließlich kann so möglicherweise eine Kündigungswelle vermieden werden.

Außerdem können Arbeitgeber mit Mitarbeiter:innen-Umfragen oder durch das regelmäßige Lesen von kununu-Bewertungen herausfinden, was sie ändern müssen, um für alle Angestellten eine wertschätzende Umgebung zu schaffen. Angenehmer Nebeneffekt: Man kann sich im Kampf um geeignete Fachkräfte von der Konkurrenz absetzen und sich als attraktiver Arbeitgeber etablieren.

Letztes Update: 23. Oktober 2023