Boreout-Syndrom: Krank durch Unterforderung
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Wenn die Uhr während der Arbeitszeit gefühlt stillzustehen scheint, du plötzlich total antriebslos bist oder sogar Panikattacken hast, könnte das Boreout-Syndrom im Spiel sein. Wir erklären dir in dem folgenden Artikel unter anderem was das Boreout-Syndrom genau ist, welche Symptome damit einhergehen und welche Lösungsmöglichkeiten es für das Boreout gibt.
Definition: Was ist Boreout?
Der Begriff Boreout ist eine Kombination aus dem englischen Wort boredom (deutsch: Langeweile) und dem mittlerweile auch in der deutschen Sprache bekannten Begriff Burnout. Während Letzterer eine durch zu viel Druck und Überforderung entstehende Ausgebranntheit beschreibt, ist Boreout das genaue Gegenteil. Durch zu wenig (sinnvolle) Aufgaben und viel monotone Arbeit, erlebst du als Betroffene:r dauerhafte Frustration und fehlende Motivation.
Unterforderung am Arbeitsplatz - ist das Boreout?
Unterforderung am Arbeitsplatz kann einer der Gründe sein, warum du an Boreout erkrankst. Sollten deine Aufgaben nicht deinen Fähigkeiten und deiner fachlichen Qualifikation entsprechen, kann es sein, dass du aufgrund von Unterforderung ein Gefühl der Sinnlosigkeit empfindest. Du sitzt nur noch deine Stunden in der Arbeit ab, langweilst dich und musst häufig vor Kolleg:innen so tun, als wärst du tatsächlich beschäftigt.
Zusätzlich musst du vor dir selbst - und möglicherweise vor deinen Freund:innen und deiner Familie - wieder und wieder das Dasein deines Jobs rechtfertigen. Kaum jemand will schließlich zugeben, dass die eigene Tätigkeit sinnlos ist. Das wird auf Dauer zur Belastung für Körper und Psyche.
Ein kleines Beispiel:
Du bist Jurist:in in einem großen Konzern. Eingestellt wurdest du, um den Abteilungen in rechtlichen Fragen beratend zur Seite zu stehen. Leider gibt es aber seit Monaten keine Situationen, die deine Fähigkeiten als Jurist:in erfordern. Vielleicht sind die Aufgaben aber auch so klein, dass du innerhalb kurzer Zeit schon damit fertig bist und wieder nichts zu tun hast. Oder aber du bist für dein Aufgaben-Set einfach zu qualifiziert und musst dich mit Dingen beschäftigen, die du eigentlich schon am Anfang des Berufslebens umsetzen hättest können.
Die Folge: Du fühlst dich chronisch unterfordert und weißt nicht, wofür du eigentlich eingestellt wurdest.
Man unterscheidet Unterforderung grundsätzlich in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Bei quantitativer Unterforderung hast du in deiner Tätigkeit schlicht zu wenig Aufgaben und Herausforderungen. Anders sieht es bei qualitativer Unterforderung aus. Dabei hast du zwar ausreichend zu tun, kannst aber deine umfangreichen Skills nicht genug zeigen und dich somit womöglich nicht von anderen Mitarbeiter:innen fachlich abgrenzen.
Es ist aber nicht die Unterforderung allein, die zwangsläufig zu Boreout führen muss. Denn es gibt eine Vielzahl an weiteren Gründen und Ursachen für die Erkrankung.
Das sind häufige Symptome
Boreout-Symptome variieren von Person zu Person in ihrem Auftreten und ihrer Stärke. Dennoch gibt es Anzeichen, die bei einer Erkrankung gehäuft auftreten können. Das hat beispielsweise die Personalberatung Avantgarde Experts in einer Studie aus dem Jahr 2022 herausgefunden. Zu den bekanntesten Symptomen von Boreout gehören:
Symptome Boreout
- Antriebslosigkeit
- Chronische Langeweile
- Psychische und physische Erschöpfung
- Müdigkeit und Schlafstörungen
- Verminderte Produktivität
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Häufung von Fehlern
- Soziale Isolation
- Depression oder depressive Verstimmungen
- Kopfschmerzen und Migräne
- Rückenschmerzen
- Frustration
Achtung: Nur, weil bei dir einige der genannten Symptome auftreten, heißt das nicht unbedingt, dass du an Boreout erkrankt bist. So können beispielsweise Erkrankungen der Schilddrüse zu Antriebslosigkeit und starker Müdigkeit führen. Die Diagnose solltest du deshalb nicht selbst stellen, sondern mithilfe von professioneller Beratung treffen lassen.
Gründe und Ursachen: Was führt zu krankhafter Langeweile?
Die moderne Arbeitswelt kann von hohen Erwartungen, ständiger Vernetzung und Druck geprägt sein. Bei Menschen, die von Boreout betroffen sind, ist das nicht der Fall. Ihr Arbeitsalltag besteht in der Regel aus purer Langeweile und Unterforderung.
Aber was führt am Ende tatsächlich zu einer Boreout-Erkrankung? Schließlich ist ja vielen Arbeitnehmer:innen im Job ab und an langweilig, oder? Die Gründe und Ursachen sind vielfältig. Wir stellen dir einige davon nun näher vor:
Persönliche Faktoren
Ob du zu Boreout neigst, hat unter anderem mit deiner Persönlichkeit und deinem Privatleben zu tun. Desinteresse und Unterforderung entsteht beispielsweise schnell, wenn du dich nicht ausreichend mit deinem Arbeitgeber identifizieren kannst. Auch allgemeine Unzufriedenheit mit deinem ergriffenen Beruf kann zum Problem werden - dein Job erfüllt dich einfach nicht und du würdest lieber etwas ganz anderes machen.
Unterforderung
Du bekommst nie neue Herausforderungen und dein fachliches Potenzial wird nicht genutzt? Wenn Abwechslung im Job fehlt, können schnell Langeweile, Antriebslosigkeit und Desinteresse entstehen.
Ein bisschen komisch, aber eine zu hohe Arbeitsbelastung kann auch zu Boreout führen. Das hat dann meist mit sich ständig wiederholenden, langweiligen Aufgaben zu tun. Du weißt dabei schon genau, wie du sie ausführen musst, aber siehst kein Licht am Ende des Tunnels, weil du sie immer und immer wieder machen musst.
Fehlende Wertschätzung
Manchmal kann ein ernstgemeintes "Danke für deine Arbeit" viel für die Angestellten bedeuten. Erkennt ein Arbeitgeber die Leistung seiner Mitarbeiter:innen nicht an, können diese Sinnlosigkeit empfinden. Sie denken sich: Wieso sollte ich die Arbeit gut erledigen, wenn dies am Ende sowieso nicht zählt?
Dasselbe gilt für mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten. Fehlende Motivation kann entstehen, wenn du als Mitarbeiter:in keine Verantwortung hast und deine kontinuierlichen Anstrengungen letztendlich ins Nichts führen.
Arbeitgeberbedingte Gründe
Nicht jeder Arbeitgeber schafft es, eine Unternehmenskultur zu bieten, bei der alle Angestellten ihr volles Potenzial zeigen können. Das kann der Fall sein, wenn über das gemeinsame Unternehmensziel nicht gesprochen wird und Mitarbeiter:innen im Dunklen darüber bleiben, wofür sie ihren Job eigentlich erledigen. Andererseits können ineffiziente Prozesse und ohne tatsächliche Notwendigkeit geschaffene Stellen zu erhöhtem Leerlauf im Arbeitsalltag führen.
Du merkst wahrscheinlich schon: Die Gründe für Boreout sind individuell und es ist nicht ganz einfach, den einen Faktor zu identifizieren, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Für eine optimale Behandlung ist es wichtig, deine Ärztin oder deinen Arzt möglichst umfassend über deine persönliche und berufliche Situation zu informieren. Gemeinsam könnt ihr so herausfinden, wie man dir am besten helfen kann.
Hilfe ist in Sicht! Diese Behandlungsmethoden gibt es
Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt nicht die eine Behandlungsmethode für Boreout-Betroffene. Vielmehr musst du zusammen mit Mediziner:innen und Psycholog:innen nach einer individuell passenden Behandlung gegen deine Symptome suchen.
Ganz klassisch wird zur Linderung der akuten Symptome gerne ein Jobwechsel nach einer kurzen Erholungspause empfohlen. Eine neue Tätigkeit kann im besten Fall zu persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung und damit wiederum zu mehr Energie führen. Glücklicherweise gibt es einige Unternehmen, die ihren Angestellten ein abwechslungsreiches und wertschätzendes Umfeld bieten.
Boreout nicht in Sicht!
Ist ein Jobwechsel keine Option, kann ein Gespräch mit deiner Führungskraft helfen. Erkläre ihr im Detail, warum du gelangweilt und unterfordert bist. Solltest du bereits Lösungsansätze - wie zum Beispiel ein Wechsel in eine andere Abteilung oder eine bestimmte Fortbildung - gefunden haben, diskutiere diese mit ihr. Wo auch immer es möglich ist, kannst du natürlich stets Eigeninitiative ergreifen und in deinem Job aktiv nach neuen Projekten und Aufgaben suchen.
Eine kognitive Verhaltenstherapie oder ein systemisches Coaching kann die Auswirkungen von Boreout lindern. Du lernst dabei, wie du mit deiner persönlichen Situation am besten umgehen kannst und wie du durch Selbstreflexion Wege aus der gefühlten Ausweglosigkeit findest.
Gegen Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Kopfschmerzen kannst du dir natürlich jederzeit Medikamente verschreiben lassen. Diese nimmst du entweder dauerhaft oder nur in der akuten Situation ein. Sprich dich dazu mit deiner behandelnden Ärztin oder deinem behandelnden Arzt ab!
Du bist nicht alleine: Denn das Boreout tritt wie das Burnout immer häufiger auf. In einer Befragung der pronova BKK gaben 26 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen an, dass monotone Aufgaben in ihrem Job eine große Belastung seien.
Du bist in deiner Situation also nicht allein. Es geht vielen anderen genau wie dir. Scheue dich deshalb nicht, dir so früh wie möglich Hilfe zu suchen, um körperliche und psychische Auswirkungen so gut es geht zu vermeiden.
Letztes Update: 4. Oktober 2023