
Gehaltserhöhung wegen Inflation: Was du als Arbeitnehmer:in wissen solltest
Die Inflationsraten in Deutschland und Österreich waren in den letzten Jahren auf einem relativ hohen Niveau. Auch in der Schweiz war sie kurzzeitig spürbar. Was sind die Gründe für hohe Inflation und wie lange müssen wir mit hohen Inflationsraten rechnen? In diesem Artikel findest du die wichtigsten Antworten. Außerdem sagen wir dir, ob Arbeitnehmer:innen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung als Inflationsausgleich haben und wie du am besten verhandelst.
Keine Gehaltserhöhung trotz Inflation?
Mehr Inflation bedeutet, dass das Preisniveau von Waren, Gütern und Dienstleistungen steigt. Alles wird teurer, die Kaufkraft sinkt – oder anders gesagt: Dein Gehalt ist im Vergleich zu vorher weniger wert. Deshalb nennt man Inflation auch Geldentwertung.
Eine hohe Inflationsrate hat also zur Folge, dass Verbraucher:innen deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen, um die Dinge des täglichen Lebens zu finanzieren. Besonders ärgerlich ist es, wenn die Kosten steigen, aber die Gehälter nicht.
Was sind die Gründe für hohe Inflation?
Nach der Corona-Pandemie erlebte der deutschsprachige Raum Inflationsraten, die es vorher jahrzehntelang nicht gegeben hatte. In Deutschland gab es 2022 mit 6,9 Prozent die höchste Inflationsrate seit der Einführung des Euro, in Österreich waren es sogar 8,6 Prozent.
Eine hohe Inflation kann unterschiedliche Ursachen haben. Der Grund für die hohen Inflationsraten der letzten Jahre war eine Kombination aus mehreren Faktoren: Während der Corona-Pandemie brach die Wirtschaft ein und weltweit stiegen die Produktions- und Transportkosten, weil während der Pandemie die Lieferketten gestört wurden.
Im Anschluss gab es plötzlich eine erhöhte Nachfrage auf Seite der Verbraucher:innen, die größer war als das Angebot. Dazu kam der Krieg in der Ukraine: Die dadurch entstandenen Rohstoffengpässe verknappten vor allem bei Energie und Getreide das Angebot. Die EU beschloss damals Sanktionen für Russland und reduzierte die Öl-Importe um 90 Prozent, was die Energiepreise weltweit anstiegen ließ.
Wie wird sich die Inflation in den nächsten Jahren entwickeln?
Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht, mit Zinsanpassungen gegenzusteuern, um die Preise zu stabilisieren. 2022 begann sie damit, den Leitzins (also die Grundlage für die Zinsen, die du auf dein Geld bekommst oder für deinen Kredit zahlen musst) nach und nach zu erhöhen, um die Preise zu stabilisieren.
Nachdem die Inflationsraten sich dem Zielniveau von 2,0 Prozent genähert hatten, senkte die EZB den Leitzins im Sommer 2024 erstmals wieder. In Deutschland liegt die Inflationsrate aktuell (Stand Juli 2025) bei 2,0 Prozent, in Österreich bei 3,3 Prozent.
Im Rahmen einer Umfrage des ifo Instituts teilten führende Volkswirt:innen ihre Einschätzung für die weitere Entwicklung. Für die kommenden Jahre erwarten die teilnehmenden Expert:innen relativ hohe Inflationsraten: Bis 2028 gehen sie weltweit von etwa 3,5 Prozent aus.
Für Westeuropa wird erwartet, dass sich das Preisniveau bis 2028 um eine Inflationsrate von 2,0 Prozent einpendelt. Das hängt allerdings auch davon ab, wie sich der Zollstreit mit den USA weiterhin entwickelt.
Wie wird die Inflationsrate gemessen?
In Deutschland wird die Inflationsrate vom Statistischen Bundesamt im Vergleich zum Vorjahresmonat gemessen. Dazu wird ein fiktiver Warenkorb herangezogen, der aus den Preisen von 650 unterschiedlichen Gütern des täglichen Lebens von Verbraucher:innen besteht. In Österreich ermittelt die Bundesanstalt Statistik nach einem ähnlichen Vorgehen die Inflation.
Warum ist die Inflationsrate in der Schweiz niedriger als in Deutschland und Österreich?
Auch in der Schweiz war im Schreckensjahr 2022 die Inflationsrate zunächst gestiegen, allerdings deutlich weniger als in Deutschland und Österreich. Dass die Preise in der Schweiz oft stabiler sind, hat mehrere Gründe.
Zum einen ist der Schweizer Franken im Vergleich zum Euro sehr stark. Importierte Produkte, vor allem aus der Eurozone, sind daher besonders günstig. Zum anderen kann die kleine Schweiz ihren Energiebedarf zu einem großen Teil selbst decken und ist daher wenig abhängig von teuren Energieimporten aus dem Ausland.
In den letzten Monaten drohte der Schweiz aber das umgekehrte Szenario: Bei der sogenannten Deflation sinken die Preise, was im schlimmsten Fall zu einem wirtschaftlichen Abschwung führen kann. Deshalb peilt die EZB grundsätzlich eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an.
Haben Arbeitnehmer:innen einen Anspruch auf eine jährliche Gehaltserhöhung zum Ausgleich der Inflation?
Als Arbeitnehmer:in hast du keinen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung als Inflationsausgleich durch dein Unternehmen. Bei sehr hoher Inflation gibt es manchmal Unterstützung von Seiten der Regierung: In Deutschland wurde 2022 beispielsweise ein Inflationsausgleichsgesetz verabschiedet, um die Steuerzahlenden zu entlasten.
Das Gesetz sollte inflationsbedingte Mehrbelastungen ausgleichen, indem die Steuerlast an die Inflation angepasst wurde. Unter anderem wurde der steuerlichen Grundfreibetrag erhöht: Das bedeutet, dass Steuerzahler:innen weniger Lohnsteuer zahlen müssen. In Österreich wurde im Juli 2022 ebenfalls ein Teuerungs-Entlastungspaket als Ausgleich für die hohe Inflation beschlossen, um der sogenannten „kalten Progression“ entgegenzuwirken.
Ist die hohe Inflationsrate ein Argument in der Gehaltsverhandlung?
Für dich als Arbeitnehmer:in bedeutet die hohe Inflation, dass du höhere Kosten hast bzw. dass dein Gehalt weniger wert. Da scheint es naheliegend, in der jährlichen Gehaltsverhandlung oder im Bewerbungsprozess einen Ausgleich zur Inflation zu verlangen.
Wir raten dir davon jedoch entschieden ab. Warum? Weil von einer Inflation alle betroffen sind: Nicht nur du, auch alle Kolleg:innen und dein Unternehmen. Ihr sitzt buchstäblich im selben Boot. Auch dein Arbeitgeber hat bei einer hohen Inflationsrate Mehrkosten für Energie, Transport und Logistik und muss mit steigenden Preisen im Einkauf leben.
Für den Wunsch nach einer Gehaltserhöhung gibt es deutlich bessere Argumente als die Inflation: vor allem natürlich deine Leistung. Als Vorbereitung für deine nächste Gehaltsverhandlung haben wir hier einige Tipps für dich zusammengestellt.
Warum manche Unternehmen einen freiwilligen Inflationsausgleich zahlen
Wir empfehlen dir also, die Inflationsrate nicht aktiv als Argument für mehr Gehalt heranzuziehen. Trotzdem gibt es viele Unternehmen, die bei steigenden Lebenshaltungskosten höhere Gehaltskosten einkalkulieren und sich bemühen, ihre Mitarbeitenden zu unterstützen.
In Deutschland gab es zum Beispiel bis Ende 2024 die sogenannte Inflationsausgleichsprämie, bei der Arbeitgeber ihren Angestellten zusätzlich bis zu 3.000 Euro pro Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei bezahlen konnten: eine Möglichkeit, die viele Unternehmen in Anspruch nahmen. In manchen Branchen, zum Beispiel bei Tarifverträgen und im öffentlichen Dienst, gibt es ebenfalls oft Gehaltserhöhungen bei Inflation.
Ökonomen warnen vor Lohnerhöhungen: Das Phänomen der Lohn-Preis-Spirale
Kleiner VWL-Exkurs gefällig? Eigentlich liegt es auf der Hand, dass Gehaltserhöhungen die Inflation sogar weiter anheizen können. Durch höhere Gehälter steigen die Kosten auf Seiten der Firmen. Dann müssen diese irgendwann ihre Preise anheben – was wiederum dazu führt, dass die Kosten für die Verbraucher:innen und entsprechend die Inflation weiter steigen.
Die Folge wäre eine Stagflation: Eine Situation mit geringem Wirtschaftswachstum, hoher Arbeitslosigkeit und das bei steigenden Preisen.
Was verdient man denn nun so im Durchschnitt? Wir haben in unserem Gehaltscheck 2025 analysiert, was man je nach Beruf, Branche, Erfahrung und Region in Deutschland an Gehalt bezahlt bekommt.