
Warum du ein enges Verhältnis zum:zur Chef:in vermeiden solltest
Ein gutes Arbeitsverhältnis mit Vorgesetzten ist essenziell – schließlich verbringst du einen großen Teil deiner täglichen Zeit im Job. Doch wo liegt die Grenze zwischen einem professionellen, kollegialen Verhältnis und einer zu engen Bindung? Und solltest du ein freundschaftliches Verhältnis zu deinem:deiner Chef:in aufbauen oder lieber vermeiden? In diesem Artikel erfährst du, warum es besser ist, eine gesunde Balance zu finden – und wie du den richtigen Umgang mit Vorgesetzten gestaltest, um Rollenkonflikten, Missverständnissen und unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen.
Kumpel oder Respektsperson? Der feine Unterschied zwischen „freundlich“ und „befreundet“
Ein wertschätzender Umgang auf Augenhöhe ist die Basis für eine gute Arbeitsbeziehung. Insbesondere in Unternehmen, die einen modernen Führungsansatz und flache Hierarchien ausrufen, wirst du eher lockere Führungspersonen kennenlernen. Dennoch spielen im Arbeitsverhältnis aber Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung eine zentrale Rolle – jedoch auch Eigenschaften, die Freundschaften ausmachen, wie Gleichberechtigung, Vertrauen und emotionale Nähe. Doch ist dein:e Chef:in damit dein:e Freund:in?
Zu viel Nähe kann zu unklaren Erwartungen führen
Ein enges Verhältnis zum:zur Chef:in kann anfangs positiv wirken – schließlich bedeutet eine gute Beziehung oft mehr Vertrauen und vielleicht sogar mehr Verantwortung. Doch langfristig kann eine solche Nähe für Unsicherheiten sorgen, da die Grenzen zwischen privatem und beruflichem Umgang verschwimmen. Eine enge persönliche Beziehung erschwert es, professionelle Entscheidungen zu treffen, Konflikte anzusprechen oder objektive Bewertungen vorzunehmen. Auch wird es euch schwerer fallen, Kritik offen zu äußern oder Entscheidungen infrage zu stellen, da die persönliche Beziehung überwiegt. Wer in einer freundschaftlichen Rolle steckt, möchte vielleicht vermeiden, unangenehme Themen zur Sprache zu bringen, um die persönliche Beziehung nicht zu belasten. Doch genau diese Offenheit ist im Berufsalltag essenziell, um klare Erwartungen zu definieren und Missverständnisse zu vermeiden. Weiterhin kann es für Kolleg:innen schwierig sein, die Dynamik im Team zu verstehen, wenn der Eindruck entsteht, dass eine Person bevorzugt wird.
Deine Führungskraft kann durchaus eine unterstützende Rolle einnehmen, ohne dass eine enge Freundschaft entsteht.
Unangenehme Konsequenzen einer zu engen Beziehung
Wenn Grenzen nicht klar gezogen werden, kann es für beide Seiten unangenehm werden – sowohl für Mitarbeitende als auch für Führungskräfte.
Mögliche Folgen für Mitarbeitende
Wenn du eine zu enge Beziehung zur Führungskraft pflegst, kann das für dich in der Folge das ein oder andere Dilemma bedeuten. Es könnte etwa die unausgesprochene Erwartung entstehen, dass du länger bleibst, dich stärker für bestimmte Projekte engagierst oder private Treffen mit beruflichen Anliegen vermischt werden. Oder aber, dass du als Mitarbeiter:in berufliche Entscheidungen deines:deiner Vorgesetzten automatisch mitträgst, obwohl es objektiv betrachtet besser wäre, Kritik an z. B. der Marketingstrategie zu äußern. Das kann langfristig zu Stress und Unzufriedenheit führen.
Mögliche Folgen für Führungskräfte
Auch auf der anderen Seite kann eine enge Beziehung problematisch sein. Vorgesetzte müssen stets darauf achten, objektiv und fair zu bleiben. Wenn eine persönliche Bindung zu einer bestimmten Person im Team entsteht, fällt es möglicherweise schwer, notwendige Kritik zu äußern oder unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Ebenso könnte das restliche Team den Eindruck bekommen, dass die Führungskraft nicht mehr neutral handelt. Wenn der Eindruck entsteht, dass Entscheidungen aufgrund persönlicher Beziehungen und nicht aufgrund von Leistung oder Qualifikation getroffen werden, kann dies das Vertrauen in die Führung schwächen. Ein klassisches Beispiel: Eine Führungskraft, die sich mit einer Person besonders gut versteht, könnte unbewusst dazu neigen, dieser Person anspruchsvollere oder spannendere Projekte zu übertragen. Während das aus Sicht des:der Vorgesetzten harmlos erscheint, könnte es bei anderen Teammitgliedern das Gefühl verstärken, dass es eine bevorzugte Behandlung gibt. Dies kann zu Spannungen im Team führen, die Autorität der Führungskraft infrage stellen und das Arbeitsklima belasten.
Dilemma: Ende der Freundschaft oder Kündigung
Ganz besonders kompliziert wird das enge Verhältnis zu deinem:deiner Chef:in, wenn es zwischen euch oder zwischen dir und dem Unternehmen kriselt. Du kennst das sicherlich aus eigener Erfahrung – mit manchen Freund:innen ist man ein Leben lang verbunden, bei anderen stellt man eines Tages fest, dass man sich auseinandergelebt hat. Während das mit Schulfreund:innen ganz normal ist und kein größeres Problem darstellt, musst du mit deiner Führungskraft aber weiterhin jeden Tag zusammenarbeiten – gar nicht so leicht, wenn man sich nichts mehr zu sagen hat. Im schlimmsten Fall musst du dich auch beruflich neu orientieren, wenn dein:e Chef:in und du „Schluss“ gemacht habt.
Ähnliches kritisch wird es, wenn du auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung bist und das Unternehmen verlassen möchtest. Nicht genug, dass du mit deinem:deiner Freund:in, dem_der Chef:in, darüber natürlich nicht so offen sprechen kannst, wie mit Freund:innen außerhalb der Arbeit. Dein Kündigungswunsch kann als sehr verletzend aufgenommen werden und eure Freundschaft gefährden.
Die richtige Balance: So pflegst du ein gesundes Verhältnis zu deiner Führungskraft
Ein respektvoller und offener Umgang ist der Schlüssel zu einer produktiven Zusammenarbeit im Unternehmen. Doch wie gelingt es dir, Nähe und Distanz richtig auszubalancieren?
Statt eine freundschaftliche Beziehung anzustreben, ist es sinnvoller, wenn du ein professionelles, aber dennoch wertschätzendes Verhältnis aufbaust. Das bedeutet, freundlich zu sein, aber gleichzeitig klare Grenzen zu setzen. Eure Kommunikation sollte offen, aber stets sachlich bleiben. Während es vollkommen in Ordnung ist, sich über persönliche Interessen auszutauschen und vom letzten Urlaub oder Wochenende zu erzählen, sollte das Arbeitsverhältnis nicht von privaten Gesprächen dominiert werden.
Mache dir zudem immer bewusst, dass Respekt nicht von persönlicher Nähe abhängt. Deine Führungskraft kann durchaus eine unterstützende Rolle einnehmen, ohne dass eine enge Freundschaft entsteht. Professionalität bedeutet, dass Entscheidungen auf Basis von Leistung und Kompetenz getroffen werden und nicht aufgrund persönlicher Präferenzen. Genauso definieren moderne Unternehmen bzw. modern agierende Teams ihr Selbstverständnis, was das kollegiale Verhältnis betrifft.
Was tun, wenn dir das Verhältnis zum:zur Chefin zu eng wird?
Falls du das Gefühl hast, dass dein Verhältnis zum:zur Chef:in zu persönlich geworden ist und sich das negativ auf deine Arbeit auswirkt, lohnt sich eine Reflexion. Fällt es dir schwer, objektives Feedback zu geben oder anzunehmen? Hast du den Eindruck, dass du in eine Sonderrolle rutschst? Gibt es Spannungen im Team, weil dein Verhältnis zur Führungskraft anders ist als das der anderen?
Wenn du eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, könnte es sinnvoll sein, die eigene Position im Arbeitsverhältnis zu überdenken und gegebenenfalls eine gewisse Distanz wiederherzustellen. In manchen Fällen reicht es bereits, bewusst weniger private Gespräche zu führen oder sich mehr auf den professionellen Austausch zu konzentrieren.
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