
Alles was du zum Betriebsrat wissen musst: Aufgaben, Gründung & Vor- und Nachteile
Einen Betriebsrat findet man in zahlreichen Unternehmen und bestimmt bist auch du schon einmal über den Begriff gestolpert oder warst sogar bereits einmal in einem Unternehmen mit Betriebsrat beschäftigt. Aber wusstest du, dass der Betriebsrat eine entscheidende Rolle spielt, wenn es um die Interessenvertretung der Mitarbeitenden geht?
Dass er für gerechtere Arbeitsbedingungen im Unternehmen sorgt, in Bezug auf Arbeitszeiten, Kündigungen, Neueinstellungen oder betriebliche Veränderungen mitbestimmt? Doch wie läuft die Gründung eines Betriebsrates ab? Welche Voraussetzungen gelten dafür in Deutschland, Österreich und der Schweiz? Welche Vor- und Nachteile bringt ein Betriebsrat mit sich? Und was passiert, wenn ein Unternehmen versucht, eine Betriebsratsgründung zu verhindern? Wir erklären dir die wichtigsten Eckpunkte rund um das Thema Betriebsrat.
Was ist ein Betriebsrat und was sind seine Aufgaben?
Ein Betriebsrat ist ein von den Beschäftigten gewähltes Gremium, das deren Interessen stellvertretend gegenüber der Unternehmensleitung vertritt. Die grundlegende Idee dahinter ist, dass Arbeitnehmende nicht mehr ihre individuellen Anliegen mit der Geschäftsführung klären, sondern eine organisierte Vertretung haben, die die Rechte sämtlicher Arbeitnehmender schützt und aktiv mitgestaltet.
Ein Betriebsrat kann sich in viele betriebliche Entscheidungen einbringen und ist besonders bei größeren Unternehmen ein wichtiges Kontrollorgan. Die gesetzlich festgelegten Rechte dürfen dabei von Arbeitgeber:innen nicht ignoriert werden.
Die gesetzliche Grundlage für Betriebsräte unterscheidet sich je nach Land:
- Deutschland: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Österreich: Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG)
- Schweiz: Mitwirkungsgesetz (MWG)
Zu den wichtigsten Aufgaben des Betriebsrates gehören etwa Themen wie Lohn- und Arbeitszeiten, Arbeitsplatzsicherheit, Chancengleichheit und Integration. Zu den weiteren Aufgaben des Betriebsrates zählen:
Vertretung der Belegschaft
Der Betriebsrat agiert als Sprachrohr der Arbeitnehmenden. Er setzt sich für faire Gehälter, gerechte Arbeitszeiten und eine positive Unternehmenskultur ein.
Mitbestimmung bei Kündigungen
Besonders wichtig ist das Mitspracherecht bei Kündigungen. In Deutschland müssen Unternehmen den Betriebsrat laut Paragraf 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) vor jeder Kündigung anhören, und in bestimmten Fällen kann der Betriebsrat eine Kündigung sogar verhindern oder verzögern. Auch Neueinstellungen werden in vielen Unternehmen durch den Betriebsrat geprüft.
Gestaltung von Arbeitsbedingungen
Der Betriebsrat kann Vereinbarungen zu Homeoffice-Regelungen, flexiblen Arbeitszeiten oder Weiterbildungsmaßnahmen mitgestalten.
Überprüfung der Einhaltung von Arbeitsgesetzen
Eine weitere Aufgabe des Betriebsrates ist die Überprüfung der Einhaltung von Tarifverträgen und Arbeitsschutzgesetzen.
Voraussetzungen für die Gründung eines Betriebsrates
Nicht jedes Unternehmen hat automatisch einen Betriebsrat. Er wird ins Leben gerufen, wenn sich die Beschäftigten aktiv dafür entscheiden. Dabei gibt es allerdings gesetzliche Voraussetzungen, die je nach Land variieren.
Deutschland: Gründung eines Betriebsrates
In Deutschland kann ein Betriebsrat gegründet werden, wenn das Unternehmen mindestens fünf wahlberechtigte Beschäftigte hat, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Ausgeschlossen sind hierbei leitende Angestellte und Gesellschafter. Auch geringfügig Beschäftigte, Aushilfen und Teilzeitkräfte oder auch Leiharbeitende mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens drei Monaten dürfen den Betriebsrat wählen. Von den fünf Wahlberechtigten müssen mindestens drei Personen wählbar sein, das heißt das 18. Lebensjahr vollendet haben und mindestens sechs Monate im Betrieb sein.
Während die Gründung eines Betriebsrates zu jedem Zeitpunkt möglich ist, finde die Wahlen innerhalb eines etablierten Betriebsrates zumeist alle vier Jahre statt.
Österreich: Betriebsratswahl und Voraussetzungen
Auch in Österreich gibt es das Recht, ab fünf Beschäftigten einen Betriebsrat zu gründen. Die Anzahl der Mitglieder richtet sich nach der Betriebsgröße. Der Wahlprozess ist ebenfalls gesetzlich geregelt und wird von einer beauftragten Wahlkommission organisiert. In Österreich haben Betriebsräte traditionell eine enge Verbindung zu Gewerkschaften, was dazu führt, dass sie oft aktiv in übergeordnete Verhandlungen auf Gewerkschaftsebene eingebunden sind.
Schweiz: Mitwirkung und freiwillige Gründung
In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Pflicht zur Einrichtung eines Betriebsrates. Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten können jedoch eine Arbeitnehmervertretung gemäß Mitwirkungsgesetz gründen, wenn mindestens ein Fünftel der Belegschaft dies beantragt.
Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich liegt der Fokus der Betriebsräte in der Schweiz mehr auf einer beratenden Funktion. Während deutsche und österreichische Betriebsräte direkt in viele Entscheidungen eingebunden sind, hat die Arbeitnehmervertretung in der Schweiz eher eine unterstützende Rolle und verfügt nicht über vergleichbare Rechte wie ihre Kolleg:innen in den Nachbarländern.
Vorteile für Arbeitnehmende und Angehörige des Betriebsrates
Ein Betriebsrat bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die sowohl Arbeitnehmenden aber auch den Unternehmen zugutekommen. Nicht zuletzt profitieren auch die Betriebsräte selbst von ihrer Aufgabe.
Mehr Mitsprache und bessere Arbeitsbedingungen: Mitarbeitende haben durch den Betriebsrat eine organisierte Möglichkeit, sich in Unternehmensentscheidungen einzubringen.
Stärkerer Kündigungsschutz: Betriebsratsmitglieder genießen einen erweiterten Kündigungsschutz, wodurch sie unabhängiger agieren können.
Fairere Löhne und transparente Gehaltsverhandlungen: Durch Tarifverhandlungen oder Lohnvergleiche sorgt ein Betriebsrat häufig für gerechtere Gehälter.
Bessere Kommunikation zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung: Betriebsräte dienen als Bindeglied zwischen Mitarbeitenden und der Geschäftsführung und können Konflikte frühzeitig entschärfen.
Weiterbildungsmöglichkeiten: Für Angehörige des Betriebsrates ergeben sich aufgrund des Schulungsanspruchs aus dem BetrVG zahlreiche Möglichkeiten, sich umfassend weiterzubilden.
Nachteile durch einen Betriebsrat
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die mit einem Betriebsrat einhergehen können. Sowohl für das Unternehmen als auch für Mitglieder des Betriebsrates selbst.
Potenzielle Spannungen mit der Geschäftsführung: In manchen Unternehmen wird der Betriebsrat als hinderlich oder als Opposition zur Unternehmensleitung wahrgenommen. Auseinandersetzungen sind damit oft vorprogrammiert.
Bürokratischer Aufwand: Die Arbeit im Betriebsrat erfordert eine umfangreiche Dokumentation und die Einhaltung formaler Prozesse.
Karriereknick für Betriebsratsmitglieder: Laut Gesetz dürfen für Betriebsratsmitglieder keine Nachteile entstehen. Klar ist jedoch auch, dass die berufliche Karriere von Arbeitnehmenden, die sich im Betriebsrat engagieren, oftmals ins Stocken gerät, da ein Großteil der Arbeitszeit in die Aufgaben des Betriebsrates fließt.
Kündigung wegen Betriebsrat-Gründung – ist das erlaubt?
In vielen Ländern sind Betriebsratsmitglieder besonders vor Kündigungen geschützt. In Deutschland beginnt dieser Schutz bereits mit der Einladung zur Wahl und erstreckt sich über die gesamte Amtszeit sowie bis zu einem Jahr danach. Auch in Österreich und der Schweiz gibt es Schutzmaßnahmen gegen Kündigungen, wenn diese im Zusammenhang mit der Betriebsratsgründung stehen. Zahlreiche Gerichtsurteile haben die Unwirksamkeit solcher Kündigungen im Zusammenhang mit der Gründung eines Betriebsrates bereits bestätigt. Solltest du Bedenken im Zusammenhang mit der Gründung eines Betriebsrates haben, ist es ratsam, dich rechtlich beraten zu lassen oder eine Gewerkschaft einzuschalten.
Tipp: Alles rund um das Thema Kündigung durch den Arbeitgeber und deine Rechte im Sonderfall kannst du hier nachlesen.