Ausbildung: Diese Rechte und Pflichten haben Azubis

Du hast endlich einen passenden Ausbildungsplatz gefunden und bald geht es los. Mit der Unterzeichnung eines Ausbildungsvertrags gehst du allerdings einige Pflichten ein. Gleichzeitig stehen dir aber auch unzählige Rechte zu. Welche das im Detail sind und was du tun kannst, wenn deine Rechte in der Ausbildung verletzt wurden? Wir zeigen es dir.

Warum du als Auszubildende:r über deine Rechte und Pflichten Bescheid wissen solltest

Als Azubi solltest du über deine Rechte und Pflichten Bescheid wissen, um dich am Arbeitsplatz richtig zu verhalten und mögliche Konflikte mit deinem Arbeitgeber zu vermeiden. Kennst du deine Rechte, kannst du besser für dich und deine Interessen einstehen. Außerdem stellst du sicher, dass deine Ausbildung gesetzeskonform abläuft und die gängigen Standards eingehalten werden.

Indem du ein tieferes Verständnis für deine Pflichten als Auszubildende:r entwickelst, kannst du selbst aktiv zum Erfolg deiner Lehre beitragen. Dein Wissen über deine Rechte und Pflichten lässt dich mögliche Probleme im Ausbildungsverhältnis schneller identifizieren. So kannst du angemessen darauf reagieren und - mit oder ohne deinen Arbeitgeber - Verbesserungsmaßnahmen einleiten.

Nebenbei erhöhst du so auch noch die Chancen auf eine Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis. Schließlich trägst du durch die Einhaltung deiner Pflichten dazu bei, eine konstruktive Zusammenarbeit zu fördern.

Tipp: Wie schreibt man eigentlich eine Bewerbung für die Ausbildung? Hier erfährst du, wie du sie richtig schreibst.

Berufsbildungsgesetz: Darauf kannst du dich berufen

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Berufsbildungsgesetz: Was ist das?

Seit 14. April 1969 bildet das Berufsbildungsgesetz (BBiG) die rechtliche Grundlage für die betriebliche Berufsausbildung. Darin findest du alle wichtigen Richtlinien rund um deine Ausbildung - beispielsweise die Dauer und das Ausbildungsziel. Auch deine Rechte und Pflichten als Azubi sind darin enthalten. Zudem kannst du dich auf das BBiG berufen, wenn es um die Qualitätsstandards deiner Ausbildung geht.

Du lebst in Österreich oder der Schweiz und fragst dich, ob es ein solches Gesetz auch in deinem Land gibt? Ja, klar! Im schweizerischen Berufsbildungsgesetz (BBG) werden alle Berufsbildungen außerhalb von Hochschulen reglementiert. Diese Aufgabe übernimmt in Österreich das Berufsausbildungsgesetz (BAG).

Deine Rechte als Azubi

Das BBiG umfasst über 100 Paragraphen. Damit du dabei nicht den Überblick verlierst, beleuchten wir nun die wichtigsten Rechte von Auszubildenden für dich. Was steht dir in welchen Fällen zu?

Ausbildungsvertrag

Klingt zunächst banal, ist aber unglaublich wichtig: Dein Arbeitgeber muss laut § 10 BBiG einen Ausbildungsvertrag mit dir schließen. Darin müssen mindestens die folgenden Aspekte niedergeschrieben sein (§ 11 BBiG):

  • Name und Anschrift der Ausbildenden sowie der Auszubildenden, bei Minderjährigen zusätzlich Name und Anschrift ihrer gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen
  • Art und Ziel der Berufsausbildung, insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll
  • Beginn und Dauer der Lehre
  • die Ausbildungsstätte und Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
  • Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
  • Dauer der Probezeit
  • Zahlung und Höhe der Vergütung
  • Überstundenausgleich oder -vergütung
  • Urlaubsanspruch
  • Kündigungsvoraussetzungen
  • Hinweise auf Betriebs- oder Tarifvereinbarungen
  • die Form des Ausbildungsnachweises nach § 13 Satz 2 Nummer 7

Vergütung

Auszubildenden steht laut § 17 BBiG ein angemessenes Gehalt zu. Angemessen kann die Vergütung nur dann sein, wenn sie im ersten Lehrjahr höher als 620 Euro liegt. Zumindest, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wurde. Davor gelten noch etwas geringere Vergütungssätze, da diese erst an die hohe Inflation angepasst wurden. Für die weiteren Lehrjahre muss dir dein Arbeitgeber jeweils mindestens 18, 35 bzw. 40 Prozent mehr zahlen als der Mindestsatz des ersten Jahres.

Arbeitszeiten

Hinsichtlich deiner Höchstarbeitszeit ist wichtig, ob du volljährig bist oder nicht. Als volljährige:r Auszubildende:r solltest du eigentlich höchstens acht Stunden pro Arbeitstag arbeiten. In Ausnahmefällen kann dich dein Arbeitgeber aber auch bis zu zehn Stunden einsetzen. Die aufgebauten Überstunden solltest du danach bald wieder abbauen. Du darfst nämlich im Sechs-Monatsdurchschnitt höchstens auf acht Arbeitsstunden täglich kommen.

Minderjährige Azubis dürfen ausschließlich bis zu acht Stunden am Tag und vierzig Stunden pro Woche im Dienst sein.

Urlaubsanspruch

Bist du unter 18 Jahre alt? Dann schützt dich der Gesetzgeber im Ausbildungsverhältnis besonders. Du erhältst während der Ausbildung in einem Alter unter 16 Jahren mindestens 30 Werktage Urlaub. Unter 18-Jährige erhalten mindestens 25 Tage im Jahr frei (§ 19 JArbSchG). Dein Arbeitgeber ist dazu angehalten, dir diesen Urlaub während der Berufsschulferien zu gewähren.

Sollest du dagegen schon volljährig sein und dich noch in einem Ausbildungsverhältnis befinden, stehen dir mindestens 20 Tage Jahresurlaub zu. Die veränderten Regeln treffen auch zu, sobald du während deiner Lehre volljährig wirst.

Kündigungsschutz

Du kannst während der höchstens vier Monate langen Probezeit jederzeit ohne das Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Danach gilt für dich allerdings besonderer Kündigungsschutz (§ 22 BBiG). Azubis können nur noch aus einem wichtigen Grund - beispielsweise Arbeitsverweigerung deinerseits oder zu häufiges Fehlen in der Berufsschule - gekündigt werden.

Einhaltung des Ausbildungsziels

Dein:e Ausbilder:in ist dafür verantwortlich, dass du dein Ausbildungsziel erreichst. Aus diesem Grund solltest du nur Tätigkeiten ausüben, die deinem Berufsbild entsprechen. Denn diese müssen zum Erlernen notwendiger Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse beitragen. Das schreibt unter anderem § 1 BBiG vor.

Arbeitsmittel

Was du für deine Arbeit brauchst, muss dir dein Arbeitgeber während deiner gesamten Ausbildungsdauer kostenlos zur Verfügung stellen (§ 14 BBiG). Das können Werkzeuge, Werkstoffe, aber auch Fachliteratur oder Schutzkleidung sein.

Übrigens: Du möchtest wissen, bei welchen Betrieben in Deutschland die Ausbildung besonders gut ist? Erfahre es in unserem Ranking der besten Ausbildungsbetriebe Deutschlands 2024.

Deine Pflichten als Azubi

Als Azubi hast du das Gesetz hinsichtlich deiner Rechte auf deiner Seite. Doch auch du hast Pflichten, die du gegenüber deinem Arbeitgeber erfüllen musst. Das sind relevante Punkte.

Ausbildungsnachweis

Welche:r Auszubildende kennt es nicht? Das Berichtsheft. Aber wusstest du auch, dass du zum Schreiben des Berichtshefts bzw. Ausbildungsnachweises sogar gesetzlich verpflichtet bist? Die zugehörige Richtlinie findest du in § 13 BBiG. Das Ziel des Ausbildungsnachweises ist übrigens das Erwerben beruflicher Handlungsfähigkeit.

Sorgfaltspflicht

Im Betrieb und in der Berufsschule solltest du deine Aufgaben und Tätigkeiten stets sorgfältig erledigen. Tust du das nicht und erscheinst beispielsweise immer zu spät zur Arbeit, verstößt du gegen § 13 BBiG. Je nach Schwere des Verstoßes kann das sogar zur Kündigung des Ausbildungsverhältnisses führen.

Schul- und Lernpflicht

Eine betriebliche Ausbildung findet einerseits im Betrieb, andererseits aber auch in der Berufsschule statt. In beiden Bereichen hast du die Pflicht zu lernen und dir Wissen anzueignen. Das bedeutet, dass du die Berufsschule regelmäßig besuchen und dich gut auf Prüfungen vorbereiten solltest.

Sonstiges

Dein:e Ausbilder:in kann dir gewisse Dinge vorschreiben, die dich im Arbeitsalltag schützen oder unterstützen sollen. Herrscht in eurem Unternehmen zum Beispiel Arbeitskleidungspflicht, musst du diese tragen. Solltest du in sensiblen Bereichen arbeiten, gilt für dich zusätzlich auf Wunsch des Unternehmens Schweigepflicht.

Was tun, wenn deine Rechte verletzt wurden?

Hast du das Gefühl, dass dein Arbeitgeber dir deine Rechte nicht gewährt? Du kannst dich auf das BBiG berufen und unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, um deine Ausbildungssituation zu verbessern.

Bei kleineren Problemen solltest du zunächst unbedingt das Gespräch mit deiner:deinem Ausbilder:in suchen. Weise sie oder ihn auf deine Rechte hin und bitte um eine gemeinsame Lösung. Solltest du damit keinen Erfolg haben oder es geht um einen gröberen Vorfall, kannst du dich an die zuständige Kammern wenden. Auch Gewerkschaften können dir Kontakt zu Expert:innen im Bereich Arbeitsrecht vermitteln. Diese verhelfen dir zu deinem Recht - notfalls vor Gericht.

Pflichten nicht eingehalten: Drohen Konsequenzen?

Natürlich kann nicht nur die Arbeitgeberseite während eines Ausbildungsverhältnisses Fehler machen. Auch du als Azubi kannst deine Pflichten verletzen. Berufsschule geschwänzt und erwischt worden? Übernimm Verantwortung für dein Handeln! Schlimmere Konsequenzen wie eine Kündigung vermeidest du, indem du aktiv auf dein:e Ausbilder:in zugehst und dich für dein Verhalten aufrichtig entschuldigst. Womöglich gibt es dafür ja einen guten Grund.

Für die Zukunft solltest du aus deinen Fehlern unbedingt lernen und dich bemühen, deine Pflichten als Azubi wieder gewissenhaft zu erfüllen. Denn nur so erreichst du dein Ziel: Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Ausbildungsrecht

Frage: Was kann mein Arbeitgeber in meiner Ausbildung von mir erwarten?

Antwort: Während deiner Ausbildung solltest du deine Aufgaben gewissenhaft und sorgfältig erledigen. Außerdem solltest du den Anweisungen des Ausbilders oder der Ausbilderin folgen und die geltenden Regeln im Unternehmen beachten. 

Frage: Wie viel Geld verdiene ich als Azubi mindestens?

Antwort: In § 17 BBiG kannst du die Mindestausbildungsvergütung nachlesen. In manchen Fällen gibt es zusätzlich Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge, die deine Vergütung beeinflussen können.

Frage: Wie viele Überstunden muss ich leisten?

Antwort: Hier macht es einen Unterschied, ob du volljährig oder minderjährig bist. Überstunden sind prinzipiell verboten. Ausnahmen sind für Volljährige nur möglich, wenn die tägliche Durchschnittsarbeitszeit innerhalb von sechs Monaten acht Stunden nicht überschreitet.

Frage: Welche Stelle legt meine Ausbildungsinhalte und -ziele fest? 

Antwort: Deine Ausbildungsinhalte und -ziele werden von Industrie-, Handels- oder Handwerkskammern festgelegt und sind durch das BBiG geregelt.

Frage: Wann kann ich mein Ausbildungsverhältnis kündigen?

Antwort: Du kannst deine Ausbildung mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen auflösen, wenn du deine Berufsausbildung aufgeben möchtest oder dich für eine andere Tätigkeit entschieden hast. Dein Arbeitgeber darf dich nach Ablauf der Probezeit dagegen nur aus wichtigem Grund kündigen.

Letztes Update: 22. April 2024