Ausbildung mit Abitur: Diese Möglichkeiten stehen dir offen

Wahrscheinlich jede Schülerin und jeder Schüler stellt sich nach dem Abitur oder der Matura die Frage: Was will ich beruflich machen? Entgegen dem Trend der Akademisierung wird bei Abiturient:innen die Lehre immer beliebter. Wir ordnen für dich unter anderem die Vor- und Nachteile einer Ausbildung mit Abitur ein, stellen dir beliebte Ausbildungsberufe vor und zeigen dir etwaige Weiterbildungsmöglichkeiten auf.

Entscheidung fürs Leben: Wie wichtig die Ausbildungswahl für Abiturient:innen ist

Welche Ausbildung du als Abiturient:in wählst, beeinflusst dein ganzes Leben. Und nein, das ist nicht wirklich nicht übertrieben. Denn du legst mit der Wahl des nächsten Karriereschritts nach dem Schulabschluss einen Grundstein für deinen gesamten Berufsweg vom Einstieg bis hin zum Rentenantritt. Na klar, es ist nie zu spät für eine Umorientierung, aber deine persönlichen und fachlichen Interessen werden durch die Wahl der Lehre geprägt, die möglichen Karrierepfade eröffnet und sogar Auswirkungen auf dein Privatleben sind möglich.

Die Tragweite der Entscheidung betrifft dabei nicht nur den Ausbildungsberuf an sich. Es geht auch um den passenden Arbeitgeber. Ob dieser und dein Job deinen Bedürfnissen entsprechen, kann Arbeitszufriedenheit oder -unzufriedenheit mit beeinflussen und damit wegweisend für deine berufliche Zukunft sein.

Vor- und Nachteile: Das spricht für und gegen eine Ausbildung mit Abitur

Stehst du nach deinem Schulabschluss vor der Entscheidung für oder gegen eine Ausbildung? Ein sorgfältiges Abwägen der Vor- und Nachteile kann dich bei deiner Wahl unterstützen. Zunächst sehen wir uns die Vorteile einer Ausbildung mit Abi genauer an.

Icon Glühbirne

Das spricht für eine Ausbildung mit Abitur

Gehalt: Vom ersten Arbeitstag an verdienst du in einer Ausbildung Geld. Das verschafft dir finanzielle Unabhängigkeit in jungen Jahren.

Praxiserfahrung: Während bei einem Studium die Theorie im Vordergrund steht, lernst du in der Lehre, wie die Praxis aussieht.

Übernahme: Machst du deinen Job als Azubi gut, stehen deine Chancen auf eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestens.

Kontakte am Arbeitsmarkt: Wer einige Jahre arbeitet, knüpft in der Berufswelt wertvolle Kontakte. Diese kannst du später nutzen.

Wissensvertiefung: Nach deiner Ausbildung weißt du, wo deine Interessen liegen. Darauf aufbauend kannst du dich in gewissen Bereichen weiterbilden.

Des Weiteren kommen individuelle Vorteile wie Wohnortnähe dazu, die du bei deiner Entscheidungsfindung berücksichtigen solltest. Mindestens genauso wichtig sind allerdings die Nachteile einer Ausbildung mit Abitur. Die da wären?

Icon Glühbirne

Das spricht gegen eine Ausbildung mit Abitur

Langfristiges Gehalt: Auf Dauer verdienen Studienabsolvent:innen mehr als Personen mit Ausbildungsabschluss. Du musst also damit rechnen, beim Gehalt irgendwann von deinen Freund:innen mit Studium überholt zu werden.

Unerfüllte Anforderungen: In manchen Jobs und Berufsgruppen verlangen Unternehmen oder staatliche Organisationen wie die Bundeswehr ein Studium. Ansonsten wirst du mit deiner Bewerbung nicht berücksichtigt.

Nötige Weiterbildung: Willst du nach deiner Ausbildung im Job weiterkommen oder deine Gehaltsstufe verbessern, musst du dich fast zwangsläufig weiterbilden.

Mögliche Karrierepfade mit Berufsausbildung

Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung - oder eigentlich schon davor - solltest du dich mit den für dich spannenden Karrierepfaden auseinandersetzen. Welche davon interessant und überhaupt möglich sind, hängt in erster Linie von dir und deiner Persönlichkeit ab. Manchmal gibt es jedoch zusätzliche fachliche Voraussetzungen.

Icon Glühbirne

Das sind Karrierewege mit Ausbildung und ihre Voraussetzungen

Facharbeiter:in

Facharbeiter:innen arbeiten nach dem Lehrabschluss in ihrem erlernten Beruf weiter. Eine verpflichtende Weiterbildung erfolgt in diesem Karrierepfad nicht.

Voraussetzungen:

  • Keine, der Ausbildungsabschluss reicht

Ausbilder:in

Du möchtest dein Wissen an andere Auszubildende weitergeben und eine pädagogische Qualifikation erwerben? Als Ausbilder:in kannst du beides und wirst für deinen Arbeitgeber außerdem zum schwer ersetzbaren Teammitglied. Du musst aber zunächst die Ausbildungsbefähigung erwerben.

Voraussetzungen:

  • Abschluss der notwendigen theoretischen Module
  • Bestehen der Ausbilder:inprüfung

Meister:in, Techniker:in oder Fachwirt:in

Als Meister:in, Techniker:in oder Fachwirt:in vertiefst du dein bisheriges Fachwissen und erwirbst eine zusätzliche Qualifikation. Nach dem Abschluss der Prüfung wirst du in vielen Unternehmen als Führungskraft eingesetzt und kannst ein höheres Gehalt verlangen.

Voraussetzungen:

  • Abschluss der notwendigen theoretischen Module
  • Bestehen der Abschlussprüfung

Selbstständige:r

Nach deiner Ausbildung kannst du dich für die Selbstständigkeit als nächsten Karriereschritt entscheiden. Das bringt dir zwar mehr Flexibilität, aber häufig auch finanzielle Unsicherheit.

Voraussetzungen:

  • Gewerbeberechtigung
  • ggf. Abschluss als Meister:in

Beliebte Ausbildungsberufe für Abiturient:innen

Die beliebtesten Ausbildungsberufe für Abiturient:innen sind nicht unbedingt diejenigen, für die das Abitur Voraussetzung ist. Das Statistikunternehmen Statista sieht hinsichtlich der Beliebtheit unter Absolvent:innen mit Hochschulreife die Berufe Kraftfahrzeugmechatroniker:in und Elektroniker:in weit oben. An der Spitze befindet sich überraschenderweise die Lehre zur:zum Tischler:in.

Das Statistische Bundesamt hat indes herausgefunden, in welchen Jobs die meisten Ausbildungsverträge mit Bewerber:innen mit Hochschulreife abgeschlossen werden. Bei mathematisch-technischen Softwareentwickler:innen wurden zu 96,0 Prozent Abiturient:innen eingestellt. Unter Kauffrauen oder Kaufmänner für Marketingkommunikation betrug der Anteil der Lehrlinge mit Abi 85,1 Prozent. Für Tischler:innen gibt es hierzu keine Daten - vermutlich, weil das Abitur nicht zu den formalen Voraussetzungen für die beliebte Ausbildung gehört.

Weiterbildung: So kann es nach der Ausbildung weitergehen

Nach der Ausbildung fängt das Leben erst richtig an. Mit der passenden Weiterbildung kannst du dich nach deinen Wünschen und Vorstellungen beruflich weiterentwickeln.

Du könntest ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium an die Ausbildung anhängen, um dein theoretisches Wissen in bestimmten Feldern noch zu vertiefen oder stattdessen sogar einen ganz anderen Bereich kennenzulernen. Dafür müsstest du deinen Arbeitgeber aber vermutlich verlassen oder kannst nur noch Teilzeit im Unternehmen arbeiten.

Bei berufsbegleitenden Studiengängen, internen und externen Weiterbildungsprogrammen oder Kursen kannst du dagegen Vollzeit in deinem Job bleiben. Das gilt auch für Meister:innen- oder Techniker:innenprüfungen, die häufig sogar von Unternehmensseite bezuschusst oder gänzlich finanziert werden. Der Aufwand hierfür ist aber sehr hoch, da du einen Teil deiner Freizeit für die Weiterbildung opfern musst und deine Abende oder Wochenenden an der Uni, in Schulen oder Akademien verbringst.

Egal, für welche Weiterbildungsmöglichkeit du dich entscheidest: Du machst dich damit als Mitarbeiter:in auf dem Arbeitsmarkt attraktiver. Denn du zeigst Motivation und Lernwillen, bist auf dem neuesten Wissensstand und erfüllst die Voraussetzungen für lukrativere Stellen.

Alternative zum Studium: Karriere ohne Hochschulbildung

Studium abgebrochen - und jetzt? So geht es dir und vielen anderen Studierenden. Fast jede:r dritte Bachelor-Student:in bricht in Deutschland ihr oder sein Studium ab.

Hast du zum Beispiel festgestellt, dass du andere Interessen hast, du lieber schnell Geld verdienen möchtest oder der akademische Weg dir einfach zu theoretisch ist, kannst du eine Karriere ohne Hochschulbildung starten.

Als Studienabbrecher:in kannst du sogar verbesserte Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. Schließlich hast du in den meisten Fällen schon ein paar Vorlesungen besucht und bringst in fachlich passenden Berufen wertvolles Vorwissen mit. Doch nicht nur das!

Außerdem zeigst du mit dem Studienabbruch, dass du dich mit deinen Stärken und Schwächen auseinandergesetzt hast. Dein Arbeitgeber profitiert von deiner Motivation und der Tatsache, dass du unter gewissen Voraussetzungen die Ausbildungszeit um bis zu ein Jahr verkürzen kannst. Danach bist du vollwertige:r Mitarbeiter:in des Unternehmens.

Abitur und Ausbildung: Geht das gleichzeitig?

Motivierte Realschulabsolvent:innen können in manchen deutschen Bundesländern - darunter Sachsen und Berlin - statt einer klassischen Berufsausbildung das sogenannte duale Abitur beginnen. Dabei absolvierst du eine Ausbildung und kombinierst diese gleichzeitig mit dem Erlangen der (Fach-)Hochschulreife.

Du brauchst dafür in der Regel vier Jahre. Deine Zeit wird auf Praxis- und Theorieblöcke aufgeteilt. Weil du mit ungefähr 37 Wochenstunden sehr viel Schule hast, kann es sein, dass du als duale:r Abiturient:in auf deine Ferien verzichten musst. Die genauen Details deines Ausbildungsvertrags klärst du aber natürlich mit deinem Lehrbetrieb.

Icon Glühbirne

Achtung!

Ein duales Abitur wird nicht in jedem Ausbildungsberuf angeboten. Bisher betrifft das Angebot sogar fast ausschließlich technische Berufe, darunter unter anderem:

  • Fachinformatiker:in
  • Industriemechaniker:in
  • Zerspanungsmechaniker:in
  • Elektroniker:in

Informiere dich vor einer Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz als duale:r Abiturient:in, ob das gleichzeitige Abitur in deinem angestrebten Lehrberuf überhaupt möglich ist.

Duales Studium: Ausbildung und Studium kombiniert

Ein duales Studium kombiniert ein Studium mit einer Ausbildung. In manchen Unternehmen machst du beispielsweise eine Ausbildung zur:zum Drogist:in und absolvierst gleichzeitig ein Studium zur:zum Handelsfachwirt:in.

Die Vorteile? Als duale:r Student:in kannst du Theorie und Praxis kombinieren und hast einen abwechslungsreichen Alltag. Du kannst später zwei Abschlüsse vorweisen und ebnest damit den Weg auf die Karriereleiter. Im Gegensatz zu Studierenden an Universitäten bekommst du eine monatliche Ausbildungsvergütung und bist finanziell unabhängiger.

Das klingt ja eigentlich ziemlich perfekt. Aber natürlich sind die Auswirkungen der Doppelbelastung aus Studium und Ausbildung nicht zu unterschätzen. Deshalb spielen bei der Entscheidung für oder gegen ein duales Studium neben der Erfüllung der fachlichen Voraussetzungen auch persönliche Faktoren eine Rolle.

Diese persönlichen Voraussetzungen können dir bei einem dualen Studium helfen:

  • Du bist hochmotiviert.
  • Du kannst gut mit Stress umgehen.
  • Du kannst dir eine langfristige Karriere in deinem Ausbildungs- und Studienbereich vorstellen.
  • Du bist sehr selbstständig und kannst dir deine Zeit gut einteilen.
  • Du hast Lust auf Theorie und Praxis in Kombination.

Tu das, was zu deinen Bedürfnissen passt

Noch so viele Argumente können für eine Ausbildung - oder umgekehrt für ein Studium - nach dem Abitur sprechen. Wenn diese nicht deinen individuellen Bedürfnissen und Interessen entsprechen oder dein Herz einfach "Nein" sagt, ist eine Lehre nicht die richtige Wahl für dich und du solltest dich für eine Alternative entscheiden.

Glücklicherweise stehen dir als Abiturient:in viele Möglichkeiten offen. Sofern es für dich finanziell und zeitlich möglich ist, kannst du dir mit deiner Entscheidung auch noch etwas Zeit lassen und beispielsweise in andere Länder reisen. So lässt du die ganzen schulischen Strapazen erstmal sacken und kannst deinen Horizont erweitern.

Letztes Update: 8. Januar 2024