Gleiches Spiel, ungleiches Gehalt? Gender Pay Gap im Fußball

Wo bleibt das Fair P(l)ay? Während die Welt des Sports zunehmend Schritte unternimmt, um Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu fördern, bleibt der Fußball ein Bereich, in dem der Unterschied zwischen den Gehältern und Prämien von Männern und Frauen besonders auffällig ist. Von den Gehältern in den Top-Ligen bis zu den Erfolgsprämien bei Weltmeisterschaften – wir werfen einen kritischen Blick auf die finanziellen Aspekte des Profifußballs und fragen, was getan werden kann, um in diesem beliebten Sport eine fairere Zukunft zu gestalten.

Gehaltsunterschiede im Spitzenfußball: Wo bleibt das Fair P(l)ay?

Zu wenig Tempo, technisch ohnehin schlecht - deswegen sei es naheliegend, dass der Frauenfussball weniger nachgefragt und schlechter bezahlt wird. Stimmen wie diese sind Teil einer langanhaltenden Diskussion und werden vor allem durch die aktuell laufende Frauenfußball-WM wieder lauter. Die Gehälter - aber auch die Erfolgsprämien - unterscheiden sich im Männer- und Frauenfußball deutlich. Zwar ist hinsichtlich der Höhe der Prämien für die Spielerinnen bei Fußball-Weltmeisterschaften ein positiver Trend zu erkennen - aber der Unterschied zu den Erfolgsprämien im Herrenfußball ist dennoch immens: Während die Männer in der Weltmeisterschaft 2018 mit 350.000 Euro erfolgsabhängiger Prämie des DFB rechnen konnten, waren es bei den Frauen in der Weltmeisterschaft 2019 grade einmal 75.000 Euro.

Aber nicht nur in den Erfolgsprämien zeichnen sich große Unterschiede ab, auch in dem Gehalt sind die Unterschiede zwischen dem Frauen- und Männerfußball deutlich zu spüren. In der Saison 2018/2019 lag das wöchentliche Gehalt der männlichen Fußballprofis des Bundesligisten Bayern München bei durchschnittlich 160.800 Dollar. Und wie sieht es bei den weiblichen Kolleginnen aus? Das durchschnittliche Jahresgehalt in der Frauenbundesliga in der Saison 2017/2018 lag bei gerade einmal 43.730 Dollar. Zur Erinnerung: Das Gehalt der männlichen Kollegen vom Bundesligisten FC Bayern München ist für eine einzige Woche drei Mal höher, als das durchschnittliche Gehalt der weiblichen Kolleginnen für ein ganzes Jahr. Aber wie können so große Unterschiede zwischen dem Verdienst im Frauen- und Männerfußball erklärt werden?

Studie zeigt: keine Qualitätsunterschiede im Frauen- und Männerfußball

Der Vorwurf, Frauenfußball wird allein wegen der großen Qualitätsunterschiede im Vergleich zum Männerfußball schlechter bezahlt, hält sich hartnäckig. Wissenschaftler:innen der Universität Zürich und Stavanger konnten hingegen zeigen: Vor allem das Geschlecht der Spitzensportler:innen beeinflusst die wahrgenommene Qualität stark. In einem Experiment mit mehr als 600 Teilnehmer:innen wird deutlich: Der Männerfußball wird nur dann als qualitativ hochwertiger wahrgenommen, wenn die Zuschauer:innen auch wissen, dass es sich um Männerfußball handelt.

Wenn die Spieler:innen allerdings unkenntlich gemacht werden und somit kein Geschlecht mehr erkennbar ist, wurde in der Bewertung der Tore und der spielerischen Szenen nicht mehr unterschieden. Für die Zuschauer:innen waren plötzlich Frauen- und Männerfußball gleichwertig attraktiv. Die Forscher:innen sahen dabei vor allem eine Annahme bestätigt: Die vermeintlich schlechtere Qualität des Frauenfußballs ist vor allem ein Resultat aus Stereotypen und wahrgenommenen Geschlechterrollen.

Frauenfußball im europäischen Raum: Fehlt das Interesse?

Ein Vergleich zeigt: Während durchschnittlich 43.000 Zuschauer:innen die Spiele der Herren in der 1. Fußball-Bundesliga in Deutschland im Jahr 2023 besuchten, sind es in der 1. deutschen Fußball-Bundesliga der Frauen pro Spiel nur circa 2.800 Besucher:innen. Aber kann durch das vergleichsweise geringe Interesse am deutschen Frauenfußball auch die große Diskrepanz im Gehaltsvergleich erklärt werden?

Laut einer Prognose der UEFA soll sich die Fan-Basis im europäischen Frauenfußball bis in das Jahr 2033 mehr als verdoppeln: Die erwartete starke Zunahme zeigt deutlich das Potential des Frauenfußballs in den nächsten zehn Jahren. Derselbe Trend wird auch für den kommerziellen Wert im Frauenfußball in Europa erwartet. Europäische Vereine gaben 2022 an, die Gehälter ihrer Spieler:innen in Zukunft um bis zu 63 Prozent erhöhen zu wollen. Auch in den europäischen Fußball-Ligen der Frauen sollen die Ausgaben für das kommerzielle Marketing um bis zu 83 Prozent aufgestockt werden. Der aktuelle kommerzielle Wert des Frauenfußballs in Europa betrug laut UEFA im Jahr 2021 für das Sponsoring ingesamt 69 Millionen Euro.

Und wie sieht es bei den Männern aus? Alleine in der Saison 2021/2022 lagen die Werbeeinnahmen für die 1. und 2. deutsche Fußball-Bundesliga bei ingesamt knapp 1.1 Milliarden Euro. Der deutsche Bundesligaverein Borussia Dortmund nahm alleine durch das Trikotsponsoring in dieser Saison 35 Millionen Euro ein. Zwar ist eine positive Entwicklung des Frauenfußballs in Europa zu erwarten und bereits jetzt erkennbar, die Zahlen verweisen aber noch immer auf den deutlichen Unterschied in dem Verdienst und der Prämien im Frauen- und Männerfußball.

USA & Australien: weltweite Vorreiter

Als erstes Land weltweit führte der Fußballverband der USA, "US Soccer", 2022 einen Tarifvertrag für den Frauenfußball ein, der auch Bonuszahlungen inkludiert. Er garantiert gleiche Bezahlung und gleiche WM-Boni für die Frauennationalmannschaft wie für das Team der Männer. Der neue Tarifvertrag gilt als Meilenstein im Kampf der Gleichstellung von Frauen im Profi-Fußball. Mit dem Gesetz wurde einer Sammelklage aus dem Jahr 2019 stattgegeben, in der die Fußballerinnen auf die Diskriminierung durch ungleiche Bezahlung aufmerksam machten. Auch in Australien werden Männer- und Frauenmannschaften seit dem Jahr 2019 gleich bezahlt, ausgenommen sind allerdings Bonuszahlungen bei Fußball-Weltmeisterschaften.

Der Gender Pay Gap spielt auch im Spitzensport eine große Rolle.

Der Gender-Pay-Gap im Profi-Sport

Unter den zehn weltweit bestbezahlten Fußballern 2022 befinden sich ausschließlich Männer - aber auch in der Statistik der weltweit bestbezahlten Sportler 2023 ist die Suche nach weiblichen Personen vergebens. Der Fußball ist kein Einzelfall, wenn es um die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern im Spitzensport geht. Anhand des Golfsports zeigt sich, das auch in weiteren Profi-Sportarten immense Unterschiede zu erkennen sind. So lag die Summe des Preisgeldes für das US Open 2019 der Männer bei stolzen 12.5 Millionen Dollar. Das Preisgeld für die weiblichen Kolleginnen im US Women's Open 2019 lag hingegen mit 5.5. Millionen Dollar bei nicht einmal der Hälfte. Begründet werden die Gehaltsunterschiede im Profi-Sport häufig mit unterschiedlichen Einschaltquoten und geringeren Investitionen in den Frauensport.

Aber nicht alle Sportarten folgen dem negativen Beispiel und zahlen den Sportler:innen ungleiche Gehälter und Preisgelder. Bei Grand-Slam-Turnieren im Tennis erhalten Männer und Frauen bereits seit 2007 gleiche Preisgelder. Auch bei den WM-Prämien der Leichtathlet:innen wird für die Summe der Prämie nicht nach dem Geschlecht unterschieden.

Alles in allem zeigt sich ein Umdenken und erste positive Entwicklungen sind erkennbar. Dennoch besteht noch eine Menge Handlungsbedarf für die Gleichberechtigung von Frauen im Spitzensport.

Letztes Update: 24. Juli 2023