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Angst vorm Arbeiten: Ursachen, Auswirkungen und Hilfe

Viele Menschen kennen das Gefühl: Die Nacht ist schlaflos, der Magen rebelliert, und schon der Gedanke an die Arbeit löst Panik aus. Die Angst vor dem Arbeitsplatz ist kein seltenes Phänomen – psychische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Gründen für Krankschreibungen. Doch was steckt dahinter, wie erkennt man eine Arbeitsphobie und wie kann man damit umgehen?

Definition: Was ist eine Arbeitsphobie

Eine Phobie beschreibt eine anhaltende, übermäßige Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten, die eigentlich keine reale Gefahr darstellen. Ähnlich verhält es sich bei der Arbeitsphobie (auch Arbeitsplatzphobie oder Ergophobie genannt), bei der Betroffene extreme Angst vor ihrem Job oder bestimmten Aspekten des Berufslebens entwickeln. Die Vorstellung, zur Arbeit zu gehen, Aufgaben zu erledigen oder mit Kolleg:innen und Vorgesetzten zu interagieren, kann Panik auslösen und zu Vermeidungsverhalten, häufigen Fehlzeiten oder sogar Arbeitsunfähigkeit führen. Ursachen sind oft Stress, traumatische Erlebnisse im Job oder psychische Vorerkrankungen. In schweren Fällen kann die Angst vor der Arbeit in eine Depression münden.

Ursachen und Auslöser einer Arbeitsplatzphobie

Psychotherapeutin Andrea Pabst behandelt in ihrer Praxis unter anderem Patient:innen mit Arbeitsphobie. Sie sieht als Ursache häufig ungelöste Konflikte: “Am Arbeitsplatz wird jede Person mit Herausforderungen und Erwartungen konfrontiert: Mit Kolleg:innen, die man sich nicht aussuchen kann. Mit Vorgesetzten, die sanktionieren und Leistung einfordern, um vorgegebene Ziele zu erreichen oder die Wünsche ungeduldiger Kund:innen zu erfüllen. Phobien beginnen meist mit Konflikten in der Firma, Streitereien unter den Mitarbeiter:innen. Wenn es dann keine Unterstützung und Rückhalt seitens der Vorgesetzten gibt, ist der Nährboden für Phobien gegeben.” Auch extremer Leistungsdruck, fehlende Wertschätzung und generell ein negatives Arbeitsumfeld können im Extremfall Ängste auslösen.

Angst am Arbeitsplatz: Wer besonders gefährdet ist

Menschen mit psychischen Vorerkrankungen oder negativen Erfahrungen in früheren Jobs sind anfälliger für eine Arbeitsplatzphobie, weil sie bereits emotionale Verletzungen oder Ängste entwickelt haben. Frühere Traumata oder Unsicherheiten können dazu führen, dass sie neue Herausforderungen oder Konflikte als besonders bedrohlich wahrnehmen. Fehlende Bewältigungsstrategien, geringes Selbstvertrauen oder die Angst vor erneuter Ablehnung verstärken diese Reaktion. Zudem kann ein unsicheres Arbeitsumfeld alte Ängste reaktivieren und die Entwicklung einer Phobie begünstigen. Psychologin Pabst sieht bei sensiblen und ängstlichen Menschen ein höheres Risiko, eine Arbeitsphobie zu entwickeln. Auch bestimmte Berufsbilder seien eher gefährdet: “Im Beruf sind es Tätigkeiten, die eine hohe Anforderung mit sich bringen und einer großen Verantwortung unterliegen. Daneben gibt es Berufe, wie beispielsweise Bühnenkünstler:in oder auch Lehrer:in. Sie stehen ständig vor einem Publikum oder unter genauer Beobachtung, dies kann ebenfalls Erfolgsdruck erzeugen.”

„Von Angst und Druck geprägtes Arbeitsklima, Überstunden werden nicht vergütet, Seilschaften machen das Leben schwer.“

Phobien in unsicheren Zeiten: Wie globale Krisen Ängste verstärken

Die allgemeine weltpolitische Lage, die Angst vor Rezession und Arbeitsplatzabbau haben direkte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit vieler Menschen. Anhaltende Unsicherheiten und wirtschaftliche Sorgen können bestehende Ängste verstärken oder neue Phobien auslösen. Der permanente Stress durch negative Nachrichten und wirtschaftliche Unsicherheit erhöht das Gefühl des Kontrollverlusts – ein zentraler Faktor bei der Entstehung von Phobien. Psychologin Andrea Pabst hat bereits während der Corona-Pandemie, einer Phase, in der das Arbeitsleben stark eingeschränkt war, einen Anstieg von Patient:innen mit Arbeitsplatzphobie verzeichnet: “Viele Menschen haben sich im Homeoffice überfordert gefühlt. Auch die Entgrenzung von Berufs- und Privatleben kann zu Burnout-ähnlichen Zuständen führen, die in Phobien münden können. Die fehlende soziale Interaktion während der Lockdowns hat bestehende Ängste verstärkt, etwa vor sozialen oder beruflichen Anforderungen.” In Zeiten globaler Krisen ist es daher besonders wichtig, auf mentale Resilienz zu achten und professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um Ängste zu bewältigen.

Wie entsteht eine Arbeitsphobie?

Phobien entstehen nicht plötzlich von einem Tag auf den anderen, sondern entwickeln sich schrittweise über einen längeren Zeitraum. Oft beginnt es mit einer unangenehmen oder beängstigenden Erfahrung, die im Gedächtnis haften bleibt. Mit der Zeit können sich diese Ängste durch wiederholte negative Gedanken, Vermeidungsverhalten und unbewusste Verknüpfungen verstärken. Nach und nach wächst die Angst zu einer tief verwurzelten Phobie heran, die schließlich das tägliche Leben beeinflussen kann. Eine sich entwickelnde Arbeitsphobie bezieht sich zunächst meistens auf einen bestimmten Aspekt, zum Beispiel auf die Interaktion mit Vorgesetzten oder Kolleg:innen oder auf spezfische Aufgaben, die Überforderung auslösen. Wenn nicht gegengesteuert wird, können sich spezifische Ängste zu einer generellen Angst vor dem Arbeitsplatz entwickeln.

Welche Auswirkungen kann eine Arbeitsphobie haben?

Die meisten Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Lebenszeit am Arbeitsplatz. Eine Angst vor der Arbeit kann daher gravierende Konsequenzen haben sein und sowohl die berufliche als auch die persönliche Lebensqualität massiv beeinträchtigen:

  • Psychische Symptome: Betroffene sind nervös, leiden unter Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und Panikattacken.
  • Physische Beschwerden: Eine Phobie kann durchaus auch körperliche Auswirkungen haben wie Kopfschmerzen, Magenprobleme, Muskelverspannungen und erhöhter Blutdruck.

Wer unter einer Arbeitsphobie leidet, versucht den Auslöser der Angst zu vermeiden. Betroffene ziehen sich zurück, meiden Teamarbeit und haben häufig Fehlzeiten. Im schlimmsten Fall droht die Kündigung und der Verlust des Arbeitsplatzes.  

Arbeitsphobie = Burnout?

Beide Zustände sind arbeitsbezogen, es handelt sich jedoch um unterschiedliche Krankheitsbilder. Der Hauptunterschied besteht darin, dass eine Arbeitsplatzphobie auf Angst basiert, während Burnout durch chronische Überforderung entsteht.

  • Arbeitsplatzphobie ist eine spezifische Angststörung, bei der Betroffene extreme Angst vor ihrem Arbeitsplatz oder bestimmten Arbeitssituationen entwickeln. Diese Angst kann so stark sein, dass sie Panikattacken auslöst und Betroffene die Arbeit meiden oder sogar den Job kündigen.
  • Burnout ist hingegen ein Zustand der totalen körperlichen und emotionalen Erschöpfung, der durch anhaltenden Stress und Überlastung entsteht. Typische Symptome sind chronische Müdigkeit, emotionale Distanz zur Arbeit und ein Gefühl der Ineffizienz. Burnout entwickelt sich meist über einen längeren Zeitraum und betrifft häufig Menschen mit hoher Arbeitsbelastung oder Perfektionismus.

Angst vor der Arbeit? Mit diesen 5 Tipps kannst du gegensteuern

Jede:r hat mal eine schwierige Phase im Job – ein besonders herausforderndes Projekt, ein Konflikt mit der Vorgesetzten oder einem Kollegen oder es ist einem ein Fehler unterlaufen. Solche Erfahrungen sind unangenehm und können im schlimmsten Fall auch mal Angst machen oder einen schlecht schlafen lassen. Wer jedoch über einen längeren Zeitraum unter ständiger Angst vor der Arbeit leidet, sollte frühzeitig handeln, um langfristige gesundheitliche und berufliche Folgen zu vermeiden. Mit professioneller Unterstützung und gezielten Maßnahmen lässt sich die Angst bewältigen und die Lebensqualität erheblich verbessern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit der Angst vor der Arbeit umzugehen:

  • Selbstreflexion: Angst ist oft ein generelles Gefühl. Horche in dich, um die Auslöser deiner Angst möglichst genau zu identifizieren und Stressfaktoren zu erkennen. Wenn du genau weißt, was dir Angst macht, kannst du gezielt etwas dagegen tun.
  • Offenes Gespräch: Im besten Fall hast du eine:n Vorgesetzten oder Kolleg:innen, mit denen du über die Belastungen sprechen kannst und die dir dabei helfen, die Stressfaktoren abzubauen. Wenn Überforderung die Ursache ist, kann es beispielsweise schon helfen, wenn du einige Aufgaben abgibst.
  • Professionelle Hilfe: Viele Betroffene können sich zunächst nicht eingestehen, dass sie von ihren Ängsten überfordert sind. Doch eine Psychotherapie oder ein professionelles Coaching können extrem hilfreich sein bei der Bewältigung von Ängsten. Auch Psychotherapeutin Andrea Pabst ermutigt Betroffene, sich professionelle Hilfe zu suchen: “Angst vor der Arbeit, oder auch Angststörungen überhaupt, sind gut behandelbar, auch wenn man die genauen Ursachen nicht immer findet. Die Verhaltenstherapie kann hier gute Ergebnisse erzielen. Der:die Klient:in lernt die bewusste Auseinandersetzung mit speziellen Situationen, vor denen er:sie sich fürchtet. So stärkt man die Fähigkeit, sich mit der Angst zu konfrontieren und sie zu besiegen.”
  • Entspannungstechniken und Ausgleich: Meditation, Atemübungen oder Sport tragen zur Stressbewältigung bei. Finde einen Ausgleich, bei dem du abschalten kannst.
  • Arbeitsplatzwechsel: Wenn feststeht, dass du die Auslöser deiner Ängste am Arbeitsplatz nicht ändern kannst, kann eine berufliche Veränderung der Ausweg sein.
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Arbeitsphobie bei anderen – Leiste Hilfe zur Selbsthilfe

Wenn Personen im privaten oder beruflichen Umfeld Symptome einer Arbeitsphobie zeigen, spielt das Umfeld eine wichtige Rolle um Hilfe zu leisten. Viele Betroffene versuchen, ihre Ängste zu verbergen. Wenn Vorgesetzte, Kolleg:innen oder auch Familienangehörige Warnsignale wie häufige Krankmeldungen, starke Nervosität oder Panikattacken vor der Arbeit bemerken, sollte kann frühzeitig Hilfe und Unterstützung angeboten werden. Oft wird Arbeitsphobie als „Faulheit“ oder „Unlust“ missverstanden. Eine offene, wertfreie Haltung erleichtert es Betroffenen, über ihre Ängste zu sprechen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Andrea Pabst

Andrea Pabst ist Psychotherapeutin in Wien und Baden. Sie hilft bei Depressionen, Beziehungsproblemen und in Krisensituationen wie Trennung, Angst- und Panikzuständen. Weiteres verfügt sie über Expertise auf dem Gebiet der Familien- und Paartherapie.