Streiken: Was ist erlaubt, was nicht?

Ob Deutsche Bahn, Ryanair, Amazon oder Commerzbank: In all diesen Unternehmen haben Mitarbeiter:innen schon einmal für mehr Gehalt gestreikt. In Deutschland sorgte im Januar 2024 zuletzt ein erneuter Warnstreik der Deutschen Bahn für Aufsehen, die Tarifverhandlungen zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) hält aktuell noch immer an. Auch das Bodenpersonal der Lufthansa streikte jüngst am 7. Februar diesen Jahres für mehr Gehalt. Im Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Lufthansa waren die Warnstreiks auch für die Passagier:innen an den betroffenen Flughäfen deutlich spürbar.

Auch du bist mit deinem Gehalt unglücklich? Darfst du in so einem Fall einfach allein wütend mit einem Schild auf die Straße gehen und eine Gehaltserhöhung fordern? Natürlich nicht. Wir klären, ob dein:e Chef:in dir dein Gehalt in Streikzeiten weiterzahlen muss, ob er dich einfach kündigen darf und welche Arten von Streiks es eigentlich gibt.

Wann solltest du in den Gehaltsstreik treten?

Seit Monaten - was heißt Monaten, Jahren! - bist du unzufrieden mit deinem Gehalt. Du merkst genau, dass sich die Manager:innen deines Unternehmens bereits den fünften Maserati leisten konnten. Und langsam geistert das Wort „Streik“ immer häufiger in deinem Kopf herum. Um einen Schnellschuss zu vermeiden, solltest du dir aber vor einem Streik die folgenden Fragen stellen: Geht es meinen Kolleg:innen wie mir? Sind auch sie unzufrieden mit ihrem Gehalt oder habe ich ein individuelles Problem? Ist einer unserer Tarifverträge ausgelaufen? Ist der geplante Streik dem Arbeitgeber gegenüber fair? Habe ich schon versucht, die Dinge ohne Streik zu klären?

Du merkst schon, die reine Gehaltsunzufriedenheit rechtfertigt noch lange keinen Streik und du musst dir unschlagbare Argumente zurechtlegen. Manche Arbeitgeber lassen sich leider aber wirklich nur durch Streiks beeindrucken. Hab keine Angst und suche dir Hilfe bei einer Gewerkschaft oder einer Arbeitnehmervereinigung, um legal zu streiken. Vorher können dir unsere länderspezifischen Tipps helfen.

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Es ist möglich, dass sich die spezifischen Bestimmungen in Bezug auf Streiks und Arbeitskämpfe im Einzelfall geändert haben oder sich in Zukunft ändern werden.

Es ist wichtig, dass du dich vor einem Streik gut informierst und gegebenenfalls professionellen Rat von Anwält:innen oder Gewerkschaften einholst, um deine Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer:in während des Streiks zu verstehen und zu schützen.

Darfst du überhaupt für mehr Gehalt streiken?

Ob und inwiefern Streiks erlaubt sind, regeln die jeweiligen Länder selbst. Damit du einen Überblick bekommst, haben wir dir die wichtigsten Fakten rund um das Streikrecht jeweils für Deutschland, Österreich und die Schweiz zusammengefasst.

Streiken in Deutschland: Was gilt es zu beachten

Streiks sind für deutsche Arbeitnehmende ein Grundrecht. Artikel 9 Absatz 3 im Grundgesetz schützt Arbeitskämpfe zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Darunter fallen also auch Streiks für mehr Gehalt. Du darfst aber nicht einfach so gegen deinen Arbeitgeber auf die Straße gehen, weil du sonst eine Kündigung oder eine Abmahnung riskieren würdest. Erlaubt ist der Streik in Deutschland dann, wenn er gewerkschaftlich organisiert wurde. Eine Ausnahme stellt der zeitlich beschränkte Warnstreik, also eine Vorstufe eines richtigen Streiks, dar.

Wenn du als Arbeitnehmer:in in Deutschland streiken willst, solltest du Folgendes beachten:

  1. Ankündigung des Streiks: Um dein Streikrecht auszuüben, muss der Streik rechtzeitig ankündigt werden. Die Ankündigungsfrist beträgt in der Regel sechs Tage, kann aber je nach Branchen oder Tarifvertrag variieren.
  2. Tarifvertragliche Regelungen: In einigen Branchen sind Arbeitskampfmaßnahmen durch Tarifverträge geregelt. Diese Tarifverträge können spezifische Regelungen für Streiks enthalten, wie etwa Mindestdienstleistungen oder zeitliche Beschränkungen.
  3. Keine Gewalt: Arbeitskampfmaßnahmen müssen friedlich durchgeführt werden. Gewalt und Sachbeschädigungen sind nicht erlaubt.
  4. Mindestdienstleistungen: In einigen kritischen Branchen wie dem Gesundheitswesen sind während eines Streiks Mindestdienstleistungen vorgeschrieben, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.
  5. Gewerkschaftsmitgliedschaft: In Deutschland haben Gewerkschaftsmitglieder in der Regel eine höhere Unterstützung und Schutz während eines Streiks als Nichtmitglieder. Es kann daher von Vorteil sein, einer Gewerkschaft beizutreten, bevor man einen Streik plant.

Streik Gehalt: Zahlt der Arbeitgeber dein Gehalt?

Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft wie IG Metall oder ver.di hat noch mehr Vorteile für dich. Es ist nämlich durchaus möglich, dass dein Arbeitgeber dir für die Streikzeit kein Gehalt mehr bezahlt. Das ist rechtlich erlaubt. Nicht erlaubt ist es, dass dir ohne dein Einverständnis Fehlzeiten eingetragen werden. Den Streik darf dir dein Arbeitgeber somit nicht verbieten, obwohl das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit ruht. In Deutschland bekommen Mitglieder einer Gewerkschaft in Streikzeiten für ihren Verdienstausfall das sogenannte Streikgeld. Leider ist das Streikgeld, das übrigens aus den solidarischen Streikkassen der Gewerkschaften stammt, meistens nicht annähernd so hoch wie dein eigentliches Nettogehalt. Immerhin: Du musst das Streikgeld nicht weiter versteuern. Ohne Gewerkschaftsmitgliedschaft sieht es auf deinem Konto im schlimmsten Fall schlecht aus. Nach der Niederlegung eines Streiks hast du aber so oder so das Recht auf Weiterbeschäftigung im Unternehmen.

Schon gewusst? Trotz des Grundrechts auf Streik darf nicht jede:r deutsche Arbeitnehmer:in streiken. Aufgrund ihrer beruflichen Nähe zum deutschen Staat dürfen Beamt:innen, Richter:innen und Soldat:innen nicht streiken. Darunter fallen beispielsweise auch Lehrer:innen oder verbeamtete Feuerwehrmänner und -frauen. Alle privatwirtschaftlichen Angestellten und Mitarbeiter:innen im öffentlichen Dienst profitieren jedoch vom Streikrecht.

Streiken in Österreich: Was du beachten solltest

Ein ausdrücklich im Grundrecht verankertes Streikrecht wie in Deutschland gibt es in Österreich nicht. Jedoch existiert in Österreich ein verfassungsmäßig garantiertes Streikrecht. Das Streikrecht ist in Artikel 12 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) verankert und garantiert das Recht der Arbeitnehmer:innen, ihre Arbeitsbedingungen durch Arbeitskampfmaßnahmen wie Streik und Aussperrung zu verbessern. Allerdings ist das Streikrecht in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ restriktiv geregelt. So sind beispielsweise in bestimmten kritischen Branchen wie dem Gesundheitswesen stärkere Einschränkungen im Streikrecht vorgesehen, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.

  1. Rechtzeitige Ankündigung: Um ein Streikrecht ausüben zu können, muss der Arbeitskampf zuvor angekündigt werden. Die Ankündigungsfrist beträgt in der Regel sieben Tage - ein Tag länger als in Deutschland. In manchen Branchen und bei unvorhergesehenen Arbeitskämpfen kann die Frist jedoch verkürzt werden.
  2. Tarifvertragliche Regelungen: In einigen Branchen sind Arbeitskampfmaßnahmen durch Tarifverträge geregelt. Diese Tarifverträge können spezifische Regelungen für Streiks enthalten, wie etwa Mindestdienstleistungen oder zeitliche Beschränkungen.
  3. Keine Gewalt: Arbeitskampfmaßnahmen müssen friedlich durchgeführt werden. Gewalt und Sachbeschädigungen sind nicht erlaubt.
  4. Mindestdienstleistungen: In einigen kritischen Branchen wie Gesundheitswesen sind während eines Streiks Mindestdienstleistungen vorgeschrieben, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.
  5. Gewerkschaftsmitgliedschaft: Gewerkschaftsmitglieder haben in der Regel eine höhere Unterstützung und Schutz während eines Streiks als Nichtmitglieder. Es kann daher von Vorteil sein, einer Gewerkschaft beizutreten, bevor man einen Streik plant.

In Österreich bekommst du übrigens genau wie in Deutschland Streikgeld von den Gewerkschaften ausbezahlt. Dessen Höhe ist abhängig davon, wie lange du schon Gewerkschaftsmitglied bist.

Streiken in der Schweiz: Was du beachten solltest

Die Bundesverfassung der Schweiz erwähnt ein Streikrecht in ihrem Artikel 28. Darin ist die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgebern geregelt. Heißt: Du darfst dich mit anderen Betroffenen zusammenschließen, die Unternehmen können sich aber ebenfalls in Allianzen organisieren. Damit werden nicht nur die Türen für Streiks geöffnet, sondern auch kollektive Aussperrungen von Mitarbeiter:innen erlaubt.

Ein Streik darf auch in der Schweiz nie das erste Mittel zur Beilegung eines Streits zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sein und ist erst als Ultima Ratio - also letztmögliche Lösung - zulässig. Vorher kannst du beispielsweise die Hilfe von speziellen Schlichtungsstellen anfordern. Die Schweizer Arbeitnehmer:innen dürfen nur dann in den Streik treten, wenn sie damit arbeitsrelevante Veränderungen erzielen wollen. Politische Ziele sind bei Streiks explizit ausgenommen. Auch in der Schweiz dürfen bestimmte Personengruppen nicht streiken. Das umfasst aber nicht nur Staatsangestellte Personen, sondern teilweise auch Berufe wie Kranken- und Altenpfleger:innen oder Kindergärtner:innen. Die Schweiz geht hier davon aus, dass ein Streik die gesellschaftliche Ordnung stören würde.

Darüber hinaus gibt es einige Punkte zu beachten:

  1. Kein automatisches Streikrecht: Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in der Schweiz kein automatisches Streikrecht. Streiks sind nur dann erlaubt, wenn sie im Rahmen der Gewerkschaftsfreiheit und des Arbeitsrechts durchgeführt werden.
  2. Ankündigung des Streiks: Um das Streikrecht auszuüben, müssen Sie den Streik rechtzeitig ankündigen. Die Ankündigungsfrist beträgt in der Regel mindestens fünf Tage, kann aber je nach Branchen oder Tarifvertrag variieren.
  3. Gewerkschaftsmitgliedschaft: In der Schweiz haben Gewerkschaftsmitglieder in der Regel eine höhere Unterstützung und Schutz während eines Streiks als Nichtmitglieder.

Welche Arten des Streiks gibt es?

Streik ist nicht gleich Streik. Gerade, wenn ihr wegen eurer Gehaltsunzufriedenheit streikt, kommt nicht jede Art des Streiks für euch infrage. Hier ein kurzer Überblick über einige Streikarten:

  • Wilder Streik: Hier legen Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Unterstützung einer Gewerkschaft kollektiv nieder. Wilde Streiks sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Normalfall rechtlich nicht erlaubt, haben aber schon zu echten Sozialrevolutionen geführt.
  • Generalstreik: Bei einem Generalstreik treten alle Arbeitnehmer eines Landes in den Streik. Für dich ist der Generalstreik also eher weniger relevant. Außer, du überzeugst das ganze Land davon, dass dein Gehalt nicht stimmt.
  • Schwerpunktstreik: Nicht das ganze Unternehmen streikt, sondern nur bestimmte Teile davon. Das ist gerade dann sinnvoll, wenn Gehaltsdifferenzen vorliegen oder die fehlende Leistung mancher Berufsgruppen das Unternehmen besonders schmerzt.
  • Bummelstreik: Zu wenig Gehalt bedeutet, dass du nur zu einer angemessen geringen Leistung bereit bist. In Zeiten eines Bummelstreiks arbeitest du allerhöchstens sehr gemächlich, befindest dich dabei aber an deinem Arbeitsplatz.
  • Warnstreik: Warnstreiks sind bei Gehaltsunzufriedenheit besonders interessant. Sie sind zeitlich begrenzt, erfordern meistens neue Tarifverhandlungen und zeigen dem Arbeitgeber, dass man es ernst meint und gegebenenfalls zu härteren Mitteln greifen wird.
  • Sympathiestreik: Das bedeutet, dass ähnliche oder gleiche Berufsgruppen aus Solidarität gegenüber ihrer Kolleg:innen eines anderen Unternehmens streiken. Einen solchen Sympathiestreik gab es in Deutschland bereits unter Fluglotsen, die gemeinsam die Deutsche Flugsicherung bestreikten.
  • Dienst nach Vorschrift: Was?! Beamte:innen dürfen doch nicht streiken. Richtig, ihre subtile Art des Streiks ist der Dienst nach Vorschrift, wo sie sehr langsam und nur penibel nach Vorschrift arbeiten.
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Letztes Update: 14. Februar 2024