Wie unsere Arbeitswelt eine grünere wird

Klimaneutrale Produktion, nachhaltige Lieferketten und Verwendung ausschließlich erneuerbarer Energien: Glaubt man Werbung und Unternehmensversprechen liegt der Trugschluss nahe, unsere Wirtschaft sei bereits grün und emissionsfrei. Die Realität sieht anders aus. Noch halten Kohle, Öl und Gas den Motor der Weltwirtschaft am Laufen – zum Leidwesen der Atmosphäre. 

Wie der Weg in eine nachhaltigere Wirtschaft und grünere Arbeitswelt aussehen kann, vor welchen Herausforderungen die unterschiedlichen Branchen stehen und wie sich diese möglicherweise lösen lassen, erfährst du in diesem Artikel.

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Der Begriff "Klimakrise" beschreibt laut WWF vor allem langfristige Veränderungen der Temperatur durch den vermehrten Ausstoß von Treibhausgasen. Diese Erwärmung wird hauptsächlich durch den Anstieg von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) verursacht, die durch menschliche Aktivitäten wie Verbrennung fossiler Brennstoffe, Entwaldung und industrielle Prozesse freigesetzt werden.

Energiesektor & Industrie als treibender Faktor des Klimawandels

Deutschland, als eine der größten Volkswirtschaften der Welt, hat einen erheblichen Einfluss auf die globalen Emissionen und liegt auf dem siebten Platz der Länder mit dem größten C02-Austoß. Die meisten Emissionen in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern in Europa, werden durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe ausgestoßen, die in verschiedenen Sektoren der Wirtschaft verwendet werden. Laut dem Umweltbundesamt sind Energiewirtschaft und Industrie die beiden Sektoren mit den meisten Treibhausgasemissionen in Deutschland.

Treibhausgasemissionen in Deutschland nach Sektoren in 2021:

Quelle: Umweltbundesamt (2021)

Die größten Treibhausgas-Emittenten als Arbeitgeber

Ein Großteil der Arbeitnehmenden in Deutschland arbeitet jedoch genau in diesen betroffenen Branchen. Von den größten Arbeitgebern in Deutschland sind die meisten dem industriellen Sektor zuzuordnen: 57,5 Prozent. Dienstleister machen rund ein Drittel aus (32 Prozent) und der Handel stellt 10,5 Prozent der größten Arbeitgeber. 

Die Verbindung zwischen den Sektoren, die die meisten Emissionen verursachen, und den größten Arbeitgebern im Land unterstreicht die politische Notwendigkeit, staatliche Regulierungen und Subventionierung mit Bedacht zu wählen. Eine Schwierigkeit besteht also darin, die Emissionen zu reduzieren, ohne Arbeitsplätze und unseren Wohlstand zu gefährden. 

Ökologische Nachhaltigkeit: Umdenken in der Wirtschaft  

Ökologische Nachhaltigkeit – ein Thema, das aufgrund der Klimakrise zunehmend in den Fokus unserer Gesellschaft rückt. Mit wachsender Anzahl (und zunehmender Intensität) von Naturkatastrophen (421 im Jahr 2022) auf der ganzen Welt, ist es schwer, die Auswirkungen des Klimawandels zu ignorieren. Auch für Unternehmen wird eine nachhaltige Ausrichtung kaum mehr umgänglich, denn nicht nur verändern sich die Ansprüche der Kund:innen und Stakeholder, auch Arbeitnehmer:innen fordern von potenziellen Arbeitgebern zunehmend die Berücksichtigung ökologischer Nachhaltigkeitskriterien.

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Insbesondere die Arbeitnehmer:innen von Morgen, die Gen Z und Millennials, sind besorgt über den Klimawandel und sehen Unternehmen und Wirtschaft in der Verantwortung. Das zeigt sich zunehmend auch bei der Wahl des potenziellen Arbeitgebers: Laut einer kununu Umfrage achtet mehr als jede:r zweite:r befragte Jobsuchende:r bei der Auswahl des Arbeitgebers darauf, wie grün dieser ist (oder sich repräsentiert). 40 Prozent der Angestellten in Deutschland würden sogar ein Stellenangebot ablehnen, wenn die Umwelt-, und Nachhaltigkeitswerte des Unternehmens nicht mit ihren eigenen übereinstimmen.

Unternehmen scheinen ihrer wichtigen Rolle bei der Bewältigung der globalen Umweltprobleme jedoch mehr und mehr bewusst zu werden. Sei es aufgrund staatlicher Maßnahmen, ethischer Überzeugung oder gesellschaftlichem Druck: Insbesondere bei börsennotierten Unternehmen ist die Transformation hin zur Nachhaltigkeit in vollem Gange. Der Weg dahin ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden. Doch wo genau liegen diese?

Herausforderungen auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft

Während viele Unternehmen den Wert einer nachhaltigen Ausrichtung erkennen, ist der Übergang zu solchen Praktiken oft mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Liste dieser Hindernisse ist lang: Insbesondere der Spagat zwischen Profitabilität und Nachhaltigkeit ist für einige Unternehmen schwer zu bewerkstelligen.

Im Rahmen des kununu Nachhaltigkeitschecks 2023 wurden Unternehmen hinsichtlich der Herausforderung zu mehr Nachhaltigkeit befragt. Am häufigsten wird insbesondere eine schwierige technische Umsetzbarkeit genannt sowie hohe Investitionskosten. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2023 kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Hier wurden vor allem politische Rahmenbedingungen bemängelt sowie eine unklare Kosten-Nutzen-Relation.

Sonnentor im kununu Nachhaltigkeitscheck 2023

Jede Branche sieht sich zudem mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Während die Landwirtschaft beispielsweise hauptsächlich mit Fragen der Bodennutzung und des Wasserverbrauchs konfrontiert ist, steht Industrie und die Energiewirtschaft vor Herausforderungen im Zusammenhang mit Emissionen. Somit können auch Kosten und der potenzielle ROI (Return of Invest) von nachhaltigen Investitionen von Branche zu Branche variieren. In einigen Industrien können nachhaltige Praktiken zu Kosteneinsparungen führen, in anderen können sie erhebliche Investitionen erfordern.

Umweltschutz - ein Nachteil für Unternehmen?

Die jetzige Marktdynamik verstärkt die genannten Herausforderungen: Für viele Unternehmen kann ein grüner Ansatz zu Beginn zu einem Wettbewerbsnachteil führen, besonders wenn Konkurrenten nicht denselben Weg einschlagen. Die Frage, wie die Wirtschaft nachhaltiger werden kann, trotz der hohen Investitionskosten und einer auf Wettbewerb basierenden Wirtschaft, ist zentral für die aktuelle Debatte über nachhaltige Entwicklungen. Es gibt jedoch mehrere Ansätze und Strategien, die Unternehmen und Volkswirtschaften verfolgen können, um diese Herausforderungen zu bewältigen.

Prof. Dr. Dr. Stefan Schaltegger im kununu Nachhaltigkeitscheck 2023

Welche Lösungsansätze gibt es?

Die eine technologische Erfindung oder bahnbrechende Idee, die unsere Wirtschaft umweltfreundlich gestalten lässt, wird es vermutlich nie geben. Vielmehr bedarf es einem großen Gesellschaftlichen Konsens und der Bereitschaft von politischen Akteur:innen und Unternehmen auf globaler Ebene, gemeinsam an möglichen Lösungen zu arbeiten.

Technologischer Fortschritt

Die Technologie hat in den letzten Jahrzehnten rasante Fortschritte gemacht und grüne Technologien könnten der Schlüssel zur Lösung vieler der Herausforderungen sein, vor denen wir in Bezug auf den Klimawandel stehen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts könnten erneuerbare Energien bis 2050 bis zu 80 Prozent des deutschen Strombedarfs decken. Dies würde nicht nur die Emissionen drastisch reduzieren, sondern auch neue Arbeitsplätze in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Implementierung grüner Technologien schaffen.

Langfristiges Denken, statt kurzzeitige Profitmaximierung

Unternehmen müssen den Wert langfristiger Investitionen in nachhaltige Technologien und Praktiken erkennen. Obwohl die Anfangskosten hoch sein können, können langfristige Einsparungen durch Energieeffizienz, reduzierte Abfallentsorgungskosten und verbesserte Betriebsabläufe erheblich sein.

Co-Gründer der Tomorrow GmbH Jakob Berndt im kununu Nachhaltigkeitscheck 2023

Regulatorische Anreize

Regierungen können Anreize für Unternehmen schaffen, in nachhaltige Technologien und Praktiken zu investieren. Dies kann durch Steuervergünstigungen, Zuschüsse oder durch die Einführung von Kohlenstoffpreise geschehen. Es ist entscheidend, dass staatliche Fördermittel als Katalysator für eine nachhaltigere Wirtschaft dienen. Die Unterstützung sollte vorrangig an sogenannte Social Businesses gerichtet werden, also an Unternehmen, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen und die Lösung sozialer oder ökologischer Herausforderungen verfolgen.

Es gibt bereits eine wachsende Bewegung hin zu "grünen" Finanzprodukten und -dienstleistungen, die Unternehmen helfen, die notwendigen Mittel für nachhaltige Investitionen aufzubringen. Dies kann durch grüne Anleihen, grüne Kredite und andere innovative Finanzinstrumente geschehen.

Verbraucherdruck

Verbraucher:innen können Unternehmen teilweise dazu drängen, nachhaltigere Praktiken zu übernehmen, denn diese müssen versuchen, der Nachfrage gerecht zu werden. Eine Studie von Nielsen hat gezeigt, dass Verbraucher:innen nachhaltige Produkte bevorzugen, aber oft nicht bereit sind, einen erheblichen Aufpreis zu zahlen. Hier könnte beispielsweise eine verpflichtende Kostenwahrheit der Produkte jene Unternehmen unterstützen, die besonders nachhaltig produzieren. Die Idee der Kostenwahrheit bedeutet, dass alle gesellschaftlichen und ökologischen (negativen) Auswirkungen in die Bepreisung eines Produktes einfließen.

Nachhaltige Lieferketten und Kreislaufwirtschaft

Ein weiterer entscheidender Bereich, in dem Unternehmen eine Rolle spielen, ist die Gestaltung nachhaltiger Lieferketten. Die Globalisierung hat zu komplexen, internationalen Lieferketten geführt, die oft wenig transparent sind. Eine Studie des World Economic Forum zeigt, dass die Implementierung nachhaltiger Praktiken in Lieferketten nicht nur die Umweltauswirkungen reduzieren, sondern auch das Risiko von Lieferengpässen verringern und die Markenreputation verbessern kann. Darüber hinaus fördert das Konzept der Kreislaufwirtschaft, bei dem Ressourcen so lange wie möglich im Umlauf gehalten werden, sowohl die Nachhaltigkeit als auch die Wirtschaftlichkeit.

Bildung und Sensibilisierung für nachhaltiges Handeln

Die Sensibilisierung und Bildung der Bevölkerung und der Arbeitnehmer:innen ist von zentraler Bedeutung, um den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu beschleunigen. Laut einer Studie sind gut informierte Bürger:innen eher bereit, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und Druck auf Unternehmen und Politik auszuüben, um umweltfreundlichere Praktiken zu fördern.

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In der Arbeitswelt sind Umwelt­freundlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit Begriffe, die in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Unter­nehmen präsentieren sich grün, Nachhaltigkeit wird zum Symbol einer modernen, zukunftsorientierten Brand und als Unternehmens­wert ist diese längst im Employer-Branding angekommen, um umwelt­bewusste Talente von sich zu überzeugen. Doch wie wichtig ist das Thema Arbeitnehmenden und Arbeitgebern wirklich? Und sind die Prioritäten richtig gesetzt? All das erfährst du in unserem interaktiven Report rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Arbeitswelt. Jetzt hier entdecken.

letztes Update: 16. August 2023