Überstunden, Druck, Unsicherheit: Miese Arbeitsbedingungen schaden der Gesundheit

Büro-Yoga gegen den Arbeitsstress oder ein Kickertisch als Ausgleich für die wöchentlichen Überstunden? Alles Unsinn, meint Stanford-Professor Jeffrey Pfeffer. Er fordert stattdessen bessere Arbeitsbedingungen für alle.

Bringt uns unsere Arbeit um?

Standford-Professor für Organizational Behavior und Autor Jeffrey Pfeffer warnt in seinem Buch Dying for a Paycheck davor, dass miese Arbeitsbedingungen Menschen chronisch krank machen oder sogar tödlich sein können. Und damit sind nicht ausschließlich gefährliche Jobs auf Baustellen oder in Bergwerken gemeint, sondern Arbeitsplätze über alle Branchen hinweg.

Der Professor und sein Team haben verschiedene Arbeitsumfelder und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten untersucht. Den Titel seines Buches, hat Pfeffer ganz bewusst gewählt, verrät er im Interview mit dem Magazin Slate.[1] Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er im Rahmen ihrer Forschung herausgefunden, dass jährlich etwa 120.000 Todesfälle in den USA auf Überarbeitung zurückzuführen sind – in China sogar eine Million.

Der Grund: Unmenschliche Arbeitsbedingungen

Die Erkenntnis der Wissenschaftler: Unsere Arbeitswelt ist erschreckend unmenschlich geworden. Regelmäßige Überstunden, fehlende Work-Life-Balance, unvorhersehbare Arbeitszeiten, finanzieller Druck, problematisches Vorgesetztenverhalten und E-Mails nach Feierabend sind für viele Arbeitnehmer Teil ihres normalen Arbeitsalltags. Auf Dauer ist das alles andere als gesund.

Pfeffer erklärt seine These im Interview mit The Economist so: "Gesundheitskosten explodieren weltweit. Nach Schätzungen des Weltwirtschaftsforums sind drei Viertel dieser Kosten auf chronische Krankheiten zurückführen. Die Ursache für diese Erkrankungen sind Stress und ungesunde Verhaltensweisen, die dadurch ausgelöst werden. Und der Arbeitsplatz wird in einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen als eine der größten Stressquellen identifiziert."[2] Also kurz gesagt: Schlechte Arbeitsbedingungen machen uns krank.

Auf diese Warnsignale solltest du achten

Schon lange bevor es uns selbst wirklich bewusst ist, sendet uns unser Körper Warnsignale, dass etwas nicht stimmt. Kreisen deine Gedanken um endlose To-Do-Listen und lassen dich nicht einschlafen? Oder wachst du mitten in der Nacht schweißgebadet auf, weil morgen ein Gespräch mit dem Chef ansteht? Klar, ein paar unruhige Nächte sind keine große Sache, aber wenn sie zur Regel werden, ist das kein gutes Zeichen. Auch Kopfweh oder Muskelschmerzen können erste Signale sein. Denn Muskeln spannen sich an, wenn dein Körper deinen Arbeitsplatz als Gefahrenzone wahrnimmt. Und chronische Verspannungen im Genick oder den Schultern können so schnell Auslöser für Migräne oder Spannungskopfschmerzen sein. In schädlichen Jobs steht das Nervensystem oftmals am Rande eines Zusammenbruchs und auch die Psyche kann stark darunter leiden.

Schon wieder krank? Auch das Immunsystem und die Verdauung leiden unter miesen Arbeitsbedingungen wie schlechte Führung oder fehlende Wertschätzung am Arbeitsplatz. Die Folgen können von Erkältungen bis zu Magenkrämpfen und -verstimmungen reichen. Oder fühlst du dich ständig müde und erschöpft? Auch dies sollte ein Warnsignal für dich sein. Toxische Jobs erzeugen einen Teufelskreis: Man ist überfordert, weil man zu lange arbeitet und man arbeitet zu lange, weil man überfordert ist.[3]

Doch was hilft?

Was du tun kannst, wenn du erste Warnsignale feststellst: Gönn deinem Körper eine Auszeit. Klingt logisch? Ist es auch, denn der richtige Ausgleich hilft Stresssymptome zu bekämpfen. Meditation und Sport helfen genauso, wie ein entspannter Feierabend mit Freunden und Familie. Außerdem kannst du daran arbeiten, dein Denken zu verändern. Es liegt in deiner Macht, welche Rolle dein Job in deinem Leben einnimmt und wie du ihn wahrnimmst. Fokussierst du dich auf deine lieben Kollegen, also auf die schönen Dinge, oder doch auf die schlechte Laune deines Vorgesetzten? Du hast es in der Hand, die Vorteile in den Vordergrund zu rücken.

Falls du dich jedoch in einem schädlichen Arbeitsumfeld befindest, solltest du nicht zu spät über einen Jobwechsel nachdenken. Pfeffer rät betroffenen Angestellten, das Problem an der Wurzel zu packen und sich so gut wie möglich gegen miese Arbeitsbedingungen zu wehren. Dabei sei es vor allem wichtig, sich seinen Arbeitsplatz bewusster auszusuchen. Um dich vorab über Arbeitsbedingungen zu informiert, lohnt sich ein Blick auf das kununu Profil deines potentiellen Arbeitgebers. Denn hier verraten aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, wie es im Unternehmen wirklich abläuft.

Arbeitgeber müssen Verantwortung übernehmen

Für den Professor steht nämlich auch fest, dass sich viele Unternehmen ihrer Verantwortung entziehen und mit Maßnahmen und Benefits am eigentlichen Problem vorbei zielen. Denn was nützen verstellbare Schreibtische und ein Obstkorb, wenn uns miese Arbeitsbedingungen chronisch krank machen? Für die Lösung des ganzen Problems müssen laut Pfeffer sowohl Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Politik an einem Strang ziehen. Nur so kann langfristig sichergestellt werden, dass unsere Arbeitsplätze nicht nur besser, sondern auch gesünder werden. Denn das Umfeld, in dem wir arbeiten, ist mindestens genauso wichtig wie das, in dem wir leben.

Quellen:

[1] slate.com

[2] economist.com

[3] huffingtonpost.de

14. Februar 2019