Arbeitszeiterfassung: Was du wissen musst

Und, hast du heute schon deine Arbeitszeit erfasst? Online, klassisch per Stechuhr oder doch in einer Excel-Liste? Zumindest die Aufzeichnung per Stechuhr neigt sich nun dem Ende zu, denn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im April 2023 den lang erwarteten Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung vorgelegt. Arbeitgeber sollen nicht wie bisher nur Überstunden, sondern in Zukunft auch Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit von Beschäftigten elektronisch aufzeichnen. Wir haben die wichtigsten Fakten des Entwurfs für Deutschland zusammengefasst, die Besonderheiten für Österreich und der Schweiz beleuchtet und eine Excel-Vorlage zur Arbeitszeiterfassung als kostenlosen Download für dich angehängt.

Arbeitszeiterfassung: die EU-Perspektive

In jedem EU-Land gibt es nationale Gesetze, die den Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen regeln. Dennoch können gerichtliche Entscheidungen auf EU-Ebene Auswirkungen auf die nationalen Gesetze haben. Dies ist beim Thema Arbeitszeiterfassung der Fall. 2019 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil, nachdem Arbeitgeber:innen dazu verpflichtet sind, die gesamte Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter:innen systematisch zu erfassen. Das EuGH legte auch fest, dass die EU-Staaten das Urteil in ihren Arbeitsgesetzen umsetzen müssen, allerdings ohne klare Fristen zu nennen. Der Gestaltungsspielraum blieb ebenfalls offen. Nun legte die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts den Gesetzesentwurf vor, der diese EU-Vorgaben umsetzt.

"Dank der Zeiterfassung und der erlaubten Gleitzeit hat man weniger Stress."

Die rechtliche Lage in Deutschland: Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassung

Mit dem Urteil des BAG im September 2022 waren Arbeitgebende bereits zur vollständigen Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Im jetzigen Entwurf werden das Wie und die Ausnahmen politisch geregelt.

Was nun beachtet werden muss:

  • Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmenden soll am jeweiligen Arbeitstag elektronisch aufgezeichnet werden und sind für mindestens zwei Jahre aufzubewahren
  • Die Beschäftigten selbst oder auch „ein Dritter” können die Arbeitszeit dokumentieren. Aber letztlich ist der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung der Arbeitszeit verantwortlich.
  • Die Beschäftigten sollen das Recht erhalten, dass der Arbeitgeber ihnen Kopien der Aufzeichnung aushändigt und über die Aufzählung informiert.
  • Vertrauensarbeitszeit soll weiterhin möglich sein. Arbeitgeber müssen jedoch sicherstellen, dass Beschäftigte die gesetzliche Höchstdauer als auch die Ruhezeiten einhalten und die Arbeitszeiten selbst dokumentieren.

Zeiterfassung am Arbeitsplatz: Für welche Unternehmen gibt es Ausnahmen?

Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sollen laut dem Entwurf Ausnahmen oder Klauseln vereinbaren können, die eine Regelung auf Unternehmensebene durch Management und Betriebsrat eröffnen. Somit könnten folgende Punkte individuell entschieden werden:

  • Zeiterfassung in nicht-elektronischer Form
  • Dokumentation nicht am selben Tag, spätestens aber eine Woche nach der geleisteten Arbeit
  • Gänzlicher Verzicht auf die Erfassung

Ausnahmen sind für Arbeitnehmer:innen geplant, bei denen die Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird oder von Arbeitnehmer:innen selbst festgelegt werden kann, beispielsweise Forschende. Außerdem können Kleinbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitenden auf die elektronische Aufzeichnung verzichten.

Die rechtliche Lage in Österreich: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht

In Österreich hat das EuGH weniger öffentliche Diskussionen verursacht, da das Arbeitsrecht dort schon seit längerer Zeit eine Zeiterfassungspflicht für Unternehmen vorschreibt. Das Gesetz sieht keine konkrete Form vor, in der die Zeiterfassung zu erfolgen hat. Unternehmen können die Erfassung an die Mitarbeiter:innen übertragen oder sie selbst durchführen. Du als Angestellte:r hast das Recht, zu jedem Zeitpunkt Einblick in deine dokumentierten Arbeitszeiten nehmen zu können.

Die weitreichende Gesetzeseinführung in Deutschland sollte demnach keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeitszeiterfassung in Österreich haben.

Die rechtliche Lage in der Schweiz: Pflicht zur Zeiterfassung

Auch das Schweizer Arbeitsrecht schreibt eine verbindliche Zeiterfassungspflicht für alle Unternehmen vor. Wie in Österreich ist den Unternehmen überlassen, wie die Zeiterfassung erfolgt, ob online/per App, über eine Excel-Liste oder in Papierform, ob durch das Unternehmen selbst oder die Angestellten. Auch hier ist die Form der Zeiterfassung deutlich freier wählbar als in Deutschland.

Warum Arbeitszeiterfassung wichtig ist

Manchmal nervt es, wenn man abends noch die Stunden eintragen muss oder sich am Ende der Woche zurückerinnern muss, woran und wie viel man in den vergangenen Tagen gearbeitet hat. Aber: Die Zeiterfassung ist wichtig, vor allem aus der Perspektive der Angestellten.

Selbst im Corona-Jahr 2020 haben die Beschäftigten in Deutschland fast 1,7 Milliarden Überstunden angehäuft, nur drei Prozent davon waren bezahlt. Eine systematische Zeiterfassung möglichst aller geleisteten Stunden ist die Voraussetzung dafür, dass sich daran etwas ändert. Denn: Dein:e Abeitgeber:in ist verpflichtet, deine Überstunden auszugleichen, entweder in Form von Gehalt oder als Freizeitausgleich (Link zum Überstunden-Artikel).

Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Mitglied bei anwalt.de:

„Wenn dein Arbeitgeber eine ordentliche Zeiterfassung durchführt, wirst du wahrscheinlich auch deine Zeiten vollständig vergütet bekommen. Du musst hier nur auf etwaige tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen achten und gegebenenfalls rechtzeitig die Ansprüche geltend machen. Gibt es keine Zeiterfassung, solltest du eine eigene Aufstellung der Arbeitszeiten anfertigen.“

Das heißt: Wenn dein Unternehmen keine Zeiterfassung etabliert hat, können im Zweifel auch deine eigenen Aufzeichnungen zählen.

„Hierfür musst du den täglichen Beginn deiner Arbeitszeit, den Beginn und das Ende der Pausen, das Ende der täglichen regulären Arbeitszeit und das Ende der tatsächlichen Arbeitszeit (einschließlich der Überstunden) festhalten. Dazu kannst du einen Kalender nutzen und dir idealerweise diese Zeiten auch noch von einem Kollegen per Unterschrift täglich bestätigen lassen. Mittlerweile gibt es auch technische Hilfsmittel wie Apps um die Arbeitszeit selbst zu messen und zu dokumentieren.“

Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Mitglied bei anwalt.de:
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Arbeitszeiterfassung im Homeoffice

Während der Corona-Pandemie haben viele Arbeitnehmer:innen aus dem Homeoffice gearbeitet. Bei vielen hat das dazu geführt, dass sich Beruf und Privatleben noch mehr vermischt haben. Umso wichtiger ist es, dass du deine Arbeitszeiten genau erfasst – egal, von wo aus du arbeitest.

Unterschiedliche Möglichkeiten der Zeiterfassung

In allen deutschsprachigen Ländern können Unternehmen selbst entscheiden, wie sie die Zeiterfassung regeln. Nach wie vor gibt es Unternehmen, die mit ausgedruckten Formularen arbeiten oder mit einer Stechuhr, über die sich Mitarbeiter:innen bei Arbeitsbeginn anmelden und nach Arbeitsschluss wieder abmelden. Es gibt aber auch immer mehr moderne, softwarebasierte Lösungen sowie teilweise kostenfreie Apps, die zum Beispiel auch für Freelancer interessant sind.

"Überstunden werden minutengenau erfasst und können flexibel abgebaut werden."

Arbeitszeiterfassung: Excel-Vorlage

Um Arbeitszeiten zu erfassen, kannst du unsere kostenlose Zeiterfassung-Vorlage für Excel nutzen. Mit dieser kostenlosen Arbeitszeiterfassung Vorlage werden deine Arbeitszeiten automatisch zum Monatsende summiert und Pausenzeiten abgezogen.

Zeiterfassung: Muster-Vorlage Download

Arbeitszeiterfassung & Datenschutz

Bei einer elektronischen Datenerfassung werden neben deinen Arbeitszeiten auch personenbezogene Daten gespeichert. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthält keine Vorgaben zum Thema Datenschutz bei der Zeiterfassung, aber Unternehmen müssen sich in jedem Fall konform zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verhalten. Dein:e Arbeitgeber:in ist unter anderem dazu verpflichtet, dass deine Daten vor einem Zugriff von außen geschützt sind. Unternehmen dürfen Arbeitszeitdaten nicht weitergeben und die Informationen aus der Zeiterfassung auch nur über einen bestimmten Zeitraum hin aufbewahren.

Zeiterfassung & Pausen

Als Arbeitnehmer:in stehen dir laut Arbeitszeitgesetz festgelegte Pausenzeiten zu:

  • Nach einer Arbeitszeit von mehr als sechs und bis zu neun Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten zu.
  • Wer länger als neun Stunden an einem Tag arbeitet, muss mindestens 45 Minuten lang Pause machen.
  • Länger als sechs Stunden am Stück darf niemand ohne Unterbrechung der Tätigkeit nachgehen.

Achtung: Pausenzeiten werden nicht vergütet. Dies solltest du bei deiner Zeiterfassung beachten. In einigen elektronischen Zeiterfassungssystemen werden Pausenzeiten automatisch abgezogen.

letztes Update: 19. September 2022