Toxisches Arbeitsumfeld – wie du es erkennst und wie du ihm entkommst

Natürlich hast du es verdient, in einem Arbeitsumfeld zu arbeiten, das inspirierend und konstruktiv ist, deine Talente und Interessen fördert und in dem es dir nicht schwerfällt, täglich dein Bestes zu geben. Auch weil du in einem großartigen Team wertgeschätzt und entsprechend entlohnt wirst. Wenn du dich und deine Arbeit nicht mehr wieder erkennst, während du diese Sätze liest, ist es Zeit, innezuhalten. Ein toxisches Arbeitsumfeld ist nämlich häufig der Grund für mentales Unwohlsein und kann im schlimmsten Fall zum Burnout führen. 

Wie erkennt man ein toxisches Arbeitsumfeld?

Jede:r hat auch mal schlechte Tage oder gar Wochen im Job, das muss noch nicht bedeuten, dass du in einem toxischen Arbeitsumfeld arbeitest. Wenn jedoch über eine längere Zeit dein größtes Problem im Job nicht die Aufgaben sind, die sich auf deinem Tisch stapeln, solltest du hellhörig werden. Wenn der Arbeitsalltag einem Spießrutenlauf gleicht und Manipulation, Mobbing und Klatsch und Tratsch an der Tagesordnung stehen, kann das auf ein toxisches Arbeitsumfeld hindeuten. Aufgepasst! Ein toxisches Arbeitsumfeld beeinträchtigt nicht nur die Leistung der Mitarbeiter:innen, sondern hat Auswirkungen auf die ganze Unternehmenskultur. 

1. Kommunikation und Transparenz? Fehlanzeige

Das erste Zeichen eines toxischen Arbeitsumfelds: fehlende bzw. mangelnde Kommunikation. Hast du das Gefühl, dass du in Bezug auf wichtige Informationen in deinem Unternehmen ausgeschlossen wirst? Oder noch schlimmer: Wenn kommuniziert wird, dann nur auf unprofessionelle, respektlose Art und Weise? Wo der Respekt fehlt, da werden Konflikte immer deutlicher. Das beginnt bei beleidigenden, herablassenden Worten und endet bei Schreien und Fluchen. Kurzum: Gift für das Arbeitsklima. Auch der gute alte Tratsch und Klatsch sorgt für stickige Luft. Mitarbeiter:innen, die ständig negativ voneinander sprechen oder die Kompetenzen anderer stark kritisieren, tragen zu einer toxischen Umgebung ohne Vertrauen maßgeblich bei. Eins steht fest: Mangelt es in einer Organisation an Kommunikation und Transparenz, ist es fast unmöglich, dass eine gegenseitige respektvolle, vertrauensvolle Beziehung gedeihen kann. 

2. Psychopath:innen haben das Sagen

Laut Jürgen Hesse, Diplom-Psychologe und Experte für Führungsthemen, ist der Anteil an Psychopath:innen in Chefetagen höher als in der Normalbevölkerung. Das erhöht die Chancen, dass auch der:die eigene Vorgesetzte ein toxisches Arbeitsumfeld fördert. Druck, Lügen oder Abmahnungen: Toxisches Führungsverhalten hat viele Gesichter. Problematisches Verhalten seitens der Vorgesetzten stellt dabei nicht nur ein direktes Problem für Angestellte dar, sondern wirkt sich auch negativ auf das gesamte Arbeitsklima und die Unternehmensleistung aus. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt von drei deutschen Universitäten. Die Studie offenbart dabei nicht nur die Folgen von toxischer Führung, sondern auch wie verbreitet diese in Unternehmen ist. Das problematische Verhalten in der Führungsetage ist demnach keine Seltenheit. In 85 Prozent der Unternehmen konnte toxisches Führungsverhalten auf Basis der Analyse nachgewiesen werden, bei mehr als jedem fünften Arbeitgeber (21 Prozent) sogar ein ausgesprochen toxisches Führungsklima. Die Größe eines Unternehmens spielt dabei übrigens keine Rolle, in großen Firmen finden sich ebenso destruktive Führungskräfte wie in kleinen.

3. Dein Kollege, der Mobber?

Ein toxisches Arbeitsumfeld muss aber nicht unbedingt von der Chefetage ausgehen. Es reicht, wenn ein:e einzige:r Kolleg:in ein toxisches Verhalten an den Tag legt und dieses nicht unterbunden wird. Und: Toxisches Verhalten ist ansteckend. Laut einer Studie des Warrington College of Business Administration verhalten sich Mitarbeitende, die unter dem unfreundlichen Benehmen ihrer Kolleg:innen leiden, auch häufig selbst unhöflicher, wenn sie anschließend Menschen begegnen. 

4. Es gibt keine Fehlerkultur

Fehler sind menschlich und gehören zum Arbeiten dazu. Aus Fehlern lernen wir im besten Fall und sorgen dafür, dass wir sie beim nächsten Mal vermeiden. Toxische Arbeitsverhältnisse erkennt man auch daran, dass eine solche Fehlerkultur nicht besteht. Läuft etwas nicht so, wie geplant, möchte keiner die Verantwortung übernehmen, sondern zeigt jeweils auf die anderen. 

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Auswirkungen eines toxischen Arbeitsumfelds

Ein toxisches Arbeitsumfeld kann unterschiedliche Ursachen haben. Wirklich bedenklich wird die Situation, wenn toxischen Vorgesetzten oder Mitarbeiter:innen kein Einhalt durch das Management geboten wird. Wird toxisches Verhalten geduldet, werden Feedback und Kritik am Verhalten von Mitarbeiter:innen nicht ernst genommen, etablieren sich toxische Verhältnisse strukturell – und vergiften dadurch die Unternehmenskultur dauerhaft.

Dabei hat jedes Unternehmen ein fundamentales Interesse, ein toxisches Arbeitsumfeld zu unterbinden. Prof. Dr. Christina Hoon, Expertin für Führung von Familienunternehmen an der Universität Bielefeld und Co-Autorin der oben erwähnten Studie: „Es ist nicht egal, ob es eine schlechte Führungskraft in einem Unternehmen gibt. Schlechte Führung führt dazu, dass das Führungsklima insgesamt toxisch wird. Es überträgt sich auf andere Führungsebenen und kostet die Unternehmen Geld.“ Untersucht wurde dabei die Entwicklung der Gesamtkapitalrentabilität, also wie rentabel das gesamte Kapital einer Firma arbeitet. Es zeigt sich, dass „sich bei einer toxischen Führung das Zufriedenheitsklima und darüber dann auch die Firmenperformance reduziert“, sagt Hoon. Ihr Bielefelder Universitätskollege und Mitautor, Juniorprofessor Kai Bormann, fasst zusammen: „Unternehmen können es sich nicht erlauben, schlechte Führungskräfte auszuhalten oder zu ignorieren. Und das gilt insbesondere auch im finanziellen Sinn.“

Für den:die einzelne Mitarbeiter:in bedeutet ein toxisches Arbeitsumfeld zunächst, dass es kaum möglich erscheint, sich am Arbeitsplatz wohlzufühlen. Das kann körperliche und psychische Folgen haben und im schlimmsten Fall zu einem Burnout führen. Wer sich toxischen Kolleg:innen oder Vorgesetzten ausgesetzt sieht, sollte handeln.

Wie kann man einem toxischen Arbeitsumfeld entkommen?

Am besten ist natürlich: Du stellst sicher, dass du nicht in einer toxischen Umgebung einen neuen Job beginnst. Achte vorab schon auf Warnsignale und Red Flags – diese kannst du beispielsweise den Erfahrungsberichten von Mitarbeiter:innen zu einem bestimmten Unternehmen auf kununu entnehmen. Getätigte Äußerungen lassen Rückschlüsse auf toxische Verhaltensmuster in Organisationen und deren Bereiche zu. Diese Hinweise sind hilfreich, damit du dich später nicht in einem toxischen Arbeitsumfeld wiederfindest. Summieren sich Wörter wie Krankheit, Angst und Kontrolle, sind das bereits Indizien für ein Arbeitsklima, auf das du langfristig verzichten kannst. 

Wenn du dich dennoch in einem toxischen Arbeitsumfeld wiederfindest, muss nicht gleich der erste Schritt die Kündigung sein. Es kann durchaus sinnvoll sein, Strategien zu überlegen, mit denen du im dysfunktionalen Umfeld zumindest noch einige Zeit zurechtkommst. Im ersten Schritt hilft: Freundlich und konstruktiv bleiben, egal wie dein Gegenüber reagiert. Im zweiten Schritt helfen die folgenden Ideen:

Mache auf das Problem aufmerksam

Wir haben es oben gelesen: Unternehmen sollten ein großes Interesse daran haben, kein toxisches Klima aufkommen zu lassen. Das bedeutet: Suche dir passende Ansprechpartner:innen, wenn du Anzeichen für ein toxisches Verhalten bei anderen siehst. Das bedeutet nicht, dass du andere verpetzen sollst, jedoch müssen Vorgesetzte über die Situation informiert sein, um etwas unternehmen zu können. Sprich die Themen also in einer geeigneten Situation an. Auf ein solches Gespräch solltest du dich vorbereiten und dir dazu Beispiele für toxisches Verhalten notieren. 

Teamwork: Suche dir Verbündete

Ist dein:e Vorgesetzte:r die Wurzel allen Übels und ein klärendes Gespräch daher nicht möglich? Oder gibt es einige wenige Kolleg:innen, die die Zusammenarbeit schlicht unmöglich machen? Anstatt den Frust über toxische Kolleg:innen allein zu bewältigen, hilft es, wenn du dir Verbündete suchst. So könnt ihr gegenseitig aufeinander Acht geben und die Angriffsfläche von außen verringern. Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass sich jemand um dich sorgt. Aber Achtung: Tappe nicht in die Gossip-Falle, denn damit trägst du selbst zum schlechten Arbeitsklima bei!

Selfcare: Kümmere dich um dich selbst

Wenn du es kaum abwarten kannst, bis du endlich wieder zu Hause bist, solltest du die Zeit dort auch so gut wie möglich nutzen. Entledige dich des negativen Arbeitsumfeldes und schaffe dir eine Komfortzone: Lerne Dinge, die du schon immer können wolltest und kümmere dich um dein körperliches und geistiges Wohlbefinden; zum Beispiel mit Handwerken, Yoga und Meditation oder was auch immer dich freut. Die Idee dahinter: Kreiere ein erfüllendes Leben außerhalb des toxischen Arbeitsplatzes und lasse das Drama nur noch zu einem kleinen Teil in deinem Leben zu. Dein Job ist schließlich nicht alles im Leben. Aber Achtung: Quiet Quitting ist keine langfristige Lösung. 

Dokumentiere alle deine Leistungen genau

Wenn dein „Workplace-Drama“ persönlich wird und deine Leistungen darunter leiden, oder Kolleg:innen deine Arbeit aktiv torpedieren, ist es sinnvoll, sich ein Sicherheitsnetz zu schaffen. Dokumentiere deine Arbeit genau, zum Beispiel mit Zeiterfassungstools. Dort erfasst du exakt, was du für wen wann gemacht hast. Du kannst es außerdem mit einem Board in Trello oder Asana ergänzen, um deinen Fortschritt festzuhalten. So gelingt es dir, den Neider:innen ein Schnippchen schlagen und ein toxisches Arbeitsumfeld hat keine Chance!

Ziehe die Reißleine, bevor es zu spät ist

Wenn alles nichts hilft, solltest du in deinem eigenen Sinne über einen Jobwechsel nachdenken. Dabei musst du nichts überstürzen. Vielen Betroffenen hilft die Entscheidung, sich nach einer neuen Herausforderung umzuschauen, bereits. Sobald der Plan feststeht, kann man sich besser abgrenzen vom toxischen Umfeld am Arbeitsplatz. Wichtig: Achte im Bewerbungsprozess noch genauer auf Anzeichen für ein toxisches Arbeitsumfeld, zum Beispiel, indem du dir auf kununu genau durchliest, was aktuelle Mitarbeiter:innen über die Firmenkultur sagen. Wenn du so weit bist, findest du auf kununu News alles Wissenswerte für eine erfolgreiche Bewerbung.

Letztes Update: 17. Oktober 2023