Frauengehälter in männerdominierten Branchen: Wann ist Feierabend?
Ein Betrieb, in dem du auf keine einzige weibliche Arbeitnehmerin triffst? Durchaus möglich. Im Handwerk sind beispielsweise gerade einmal 10,3 Prozent der Beschäftigten weiblich.
Noch immer gelten viele technische oder handwerkliche Berufe als klassische Männerdomänen. Das spiegelt sich nicht nur in der Beschäftigtenzahl, sondern auch durchgehend im Gehalt wider. Frauen, die sich in diesen Branchen durchsetzen, verdienen im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen. Doch wie groß ist der Unterschied wirklich? Wir haben die Gehaltsdifferenz in Arbeitszeit umgemünzt und berechnet, wann Frauen demnach Feierabend machen dürfen.
So viele Frauen arbeiten in Deutschland 2025
Gleich tauchen wir voll in das Thema Gehalt von Frauen in männerdominierten Branchen ein. Vorher sehen wir uns jedoch erst einmal kurz an, wie die Situation von Arbeitnehmerinnen in Deutschland allgemein aussieht.
Laut dem Statistisches Bundesamt lag die Erwerbstätigenquote von Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren im Jahr 2024 bei 74 Prozent. Dagegen waren etwa 81 Prozent der Männer berufstätig.
Gleichzeitig arbeitete fast jede zweite erwerbstätige Frau (49 Prozent) in Teilzeit. Bei Männern betrug dieser Anteil gerade einmal zwölf Prozent.
Wahrscheinlich weißt du bereits, dass Frauen generell weniger verdienen als Männer. Im Schnitt liegt der Gender Pay Gap in Deutschland bei rund 15 Prozent. Doch wie hoch ist er in den männerdominierten Branchen?
Um das besser zu veranschaulichen, haben wir mit einem Augenzwinkern die Differenz in Arbeitsstunden umgerechnet. Wie viele Stunden müssten Frauen weniger arbeiten, wenn sie den gleichen Stundensatz verdienen wie männliche Kollegen? Oder umgekehrt: Ab wann arbeiten Frauen in den einzelnen Branchen gratis?
Automobilbranche: Statussymbol mit Lücke?
Ihr Auto sehen viele Männer als Prestigeobjekt. Manche gehen sogar so weit zu sagen, dass ihr Sexappeal durch die Marke ihres Kraftfahrzeugs steigen kann. Bei so viel Liebe für das Auto ist es kein Wunder, dass die Automobilbranche als männerdominiert gilt. Vor 15 Jahren arbeiteten gerade einmal zwischen zwölf und 18 Prozent weibliche Beschäftigte in der Branche.
Mittlerweile setzen sich Unternehmen wie BMW jedoch stark für mehr Gleichstellung im Job ein. Transparenten Karrierepfade, Mentoring-Programme und Initiativen, die mehr Frauen in Führungspositionen bringen sollen, machen BMW – und andere Unternehmen der Automobilindustrie – als Arbeitgeber für Frauen immer attraktiver.
Den Initiativen einzelner Arbeitgeber steht 2025 allerdings der traurigen Realität gegenüber. So zeigt sich beim Gehalt, dass Männer in der Autobranche im Schnitt 56.198 Euro brutto im Jahr verdienen. Frauen hingegen erhalten nur 49.528 Euro. Das sind 6.671 Euro oder rund 11,9 Prozent weniger.
Übersetzt in Arbeitszeit würde das bedeuten: Während Männer einen Achtstundentag arbeiten, könnten Frauen eine ganze Stunde eher Feierabend machen. Immerhin bekommen sie ja auch 11,9 Prozent weniger Gehalt.
IT: Männerquote by Default?
Von klein auf wird Jungen fälschlicherweise ein besseres Verständnis für Zahlen zugeschrieben als Mädchen. Dieses über die Jahre verinnerlichte Denken könnte einer der Gründe sein, warum der Anteil an Frauen in der IT – also da, wo Zahlen, Formeln und Codes besonders wichtig sind – so klein ist. Frauen machen hier gerade einmal rund 19 Prozent der Beschäftigten aus.
Der Gehaltsunterschied zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten fällt ebenfalls deutlich aus. So verdienen Männer durchschnittlich 64.093 Euro, Frauen jedoch nur 56.091 Euro. Das sind 8.002 Euro weniger, was einem Minus von 12,49 Prozent entspricht.
Oder bildlich gesprochen: Wenn beide eine 40-Stunden-Woche haben und um 8 Uhr morgens starten, könnte sie am Freitag um 11 Uhr schon ins Wochenende starten.
Dass diese Rechnung nicht ganz aufgehen kann, haben einige IT-Unternehmen schon bemerkt. Sie investieren inzwischen gezielt in Diversity-Programme und flexible Arbeitsmodelle, um Frauen stärker anzusprechen. Doch solange technische Studiengänge und Führungspositionen mehrheitlich männlich besetzt bleiben, wird sich der Gender Pay Gap wahrscheinlich nur langsam schließen.
Energiebranche: Starke Branche, wenig Licht auf Frauen
Ob Energiewende, Netzausbau oder nachhaltige Versorgung: Die Energiebranche wächst und bietet krisensichere Jobs. Doch wirklich attraktiv für Frauen ist die Branche nicht. In traditionellen Energieunternehmen arbeiten 78 Prozent Männer. Etwas besser sieht es bei Unternehmen aus, die mit erneuerbaren Energien zu tun haben – aber auch nur etwas. Hier liegt der Frauenanteil immerhin bei 32 Prozent.
Die wenigen Frauen in der Energiebranche müssten dann doch zumindest gleich viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen, oder? Leider nicht. Frauen verdienen im Schnitt 55.959 Euro, Männer ganze 64.446 Euro. 8.487 Euro weniger gibt es damit für weibliche Beschäftigte. In Prozent sind das 13,17 Prozent Unterschied.
Das bedeutet in einer nicht ganz ernst zu nehmenden Theorie, dass Frauen täglich statt der 8 Stunden nur 6,94 Stunden arbeiten müssten. Das wäre also eine Stunde früher Feierabend!
Bau & Architektur: Zwischen Beton und Bias
Auf der Baustelle trifft man Frauen nach wie vor selten. Aber auch in den Büros und in anderen Tätigkeiten gibt es in der Bau- und Architekturbranche ausgesprochen wenige weibliche Beschäftigte. Nur 14 Prozent der Angestellten im Bau- und Architekturbereich sind weiblich. Dabei steigen die Zahlen an den Hochschulen und immer mehr Studentinnen wählen Fächer wie Architektur oder Bauingenieurwesen. Rund 30 Prozent der Studierenden ist bei diesen Fächern mittlerweile weiblich. Doch im späteren Berufsleben kommt dieser Wandel bisher kaum an.
Ähnliches gilt für den späteren Verdienst, wo es aktuell eine Differenz von 8,63 Prozent gibt. Zu Ungunsten der Frauen, versteht sich. Männer erhalten ein Bruttojahresdurchschnittsgehalt von 52.003 Euro, Frauen in Höhe von 47.516 Euro im Jahr. Das ist ein Unterschied von 4.487 Euro.
Klingt nicht dramatisch? Hochgerechnet bedeutet das: Frauen arbeiten im Jahr etwa einen Monat länger, um dasselbe Einkommen zu erzielen.
Elektro & Elektronik: Die Branche mit der höchsten Gehaltsdifferenz
In der Elektro- und Elektronikbranche herrscht beim Thema Gleichstellung eine sprichwörtliche Schieflast. Elektro-Beschäftigte verstehen die Anspielung vielleicht schon. Aber für alle anderen kurz zusammengefasst: Es arbeiten deutlich mehr Männer in diesem Bereich als Frauen – in Österreich zum Beispiel fast dreimal so viele.
Beim Gehalt zeigt sich, warum Elektro und Elektronik für Frauen wenig attraktiv ist. Denn es herrscht mit 14,7 Prozent der größte Gender Pay Gap aller fünf vorgestellten Branchen. 56.354 Euro erhalten männliche Beschäftigte im Jahresdurchschnitt. Ihre weiblichen Kolleginnen verdienen indes nur 48.068 Euro. Das sind 8.286 Euro weniger.
Anders gesagt: Wenn Frauen den gleichen Stundenlohn bei gleichbleibendem Monatslohn hätten, könnten Frauen jeden Tag 1 Stunde und 10 Minuten früher nach Hause gehen.
Was muss sich ändern – und was ändert sich schon?
Traditionelle Rollenbilder in technischen und industriellen Berufen erschweren den Einstieg für Frauen. Aber Arbeitnehmerinnen in männerdominierten Branchen kämpfen nicht nur mit Vorurteilen im Job selbst. Zu einem niedrigeren Gehalt als bei Männern kommt hinzu, dass auch ihre Aufstiegschancen schlechter aussehen. Beispielsweise waren laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2024 nur 29,1 Prozent aller Führungspositionen in Deutschland von Frauen besetzt.
Auch wenn die Zahlen im Moment noch nicht allzu erfreulich wirken: Der Frauenanteil in den Unternehmen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Und auch der Gender Pay Gap schrumpft – zwar langsam, aber er schrumpft. Unterstützend wirkt auch, dass sich immer mehr Frauen für mathematische oder technische Studiengänge entscheiden und damit den Druck auf Veränderung in der Arbeitswelt erhöhen.
Fragst du dich, wie du selbst positive Veränderungen für berufstätige Frauen anstoßen kannst? Sprich Ungleichheiten offen an, unterstütze Initiativen für mehr Diversität in deinem Unternehmen und gib beim nächsten Mitarbeiter:innengespräch ehrliches Feedback zu deiner Situation. Schon kleine Impulse können helfen, mehr Bewusstsein für faire Chancen und gleiche Bezahlung zu schaffen.
Auf kununu kannst du außerdem dein Gehalt angeben und deinen Arbeitgeber bewerten. Das zeigt anderen, wo sie tolle Arbeitgeber für Frauen, denen Gleichstellungsthemen am Herzen liegen, finden können.
Tipp: Anfang 2026 kommen die neuesten Ergebnisse des kununu Gehaltscheck. Gemeinsam mit dir kämpfen wir gegen intransparente Gehaltsstrukturen, die Vergleichbarkeit zwischen den Geschlechtern erschweren und dadurch Ungleichheiten begünstigen.