Fachabitur nach der Ausbildung: Voraussetzungen & Tipps

Das Fachabitur öffnet dir nach deiner Ausbildung auf deinem weiteren Karriereweg einige Türen. Aber hast du es nach deinem Abschluss eigentlich automatisch in der Tasche oder welche formalen Voraussetzungen musst du für das Erlangen des Fachabis erfüllen?

Wir verraten es dir und geben dir außerdem praktische Tipps dazu, wie du das Fachabitur finanzieren und mit welchen Strategien du es bis zu deinem Ziel schaffen kannst.

Definition: Was ist das Fachabitur?

Das Fachabitur wird auch Fachhochschulreife genannt und gilt als die Vorstufe zum allgemeinen Abitur. Den Bildungsabschluss, der dich zum Studium an Fachhochschulen und manchen dualen Hochschulen berechtigt, erreichst du in Deutschland beispielsweise so:

  • Du besuchst zwei Jahre lang die Fachoberschule und schließt diese erfolgreich ab.
  • Du erwirbst die Fachhochschulreife an der einjährigen Berufsoberschule.
  • Du entscheidest dich für einen Fachabitur-Kurs an der Abendschule.

Hat man nach der Ausbildung automatisch das Fachabi?

Du hast deine Ausbildung abgeschlossen, hältst dein Ausbildungszeugnis in der Hand und fragst dich jetzt: Habe ich mit meiner Lehre nun auch automatisch das Fachabitur erhalten? Leider nein. So einfach geht es nicht.

Solltest du die Schule mit einem qualifizierenden Abschluss (Quali) an der Mittelschule oder Hauptschule verlassen haben, erwirbst du mit deiner Ausbildung jedoch den mittleren Schulabschluss. Dieser ist gleichwertig mit der Mittleren Reife an der Realschule.

Deine Berufsschule kann dir bei der Anerkennung des mittleren Schulabschlusses helfen. Je nach Bundesland musst du hierzu nämlich unterschiedliche erbrachte Leistungen nachweisen.

Warum überhaupt Fachabitur mit abgeschlossener Ausbildung nachholen?

Zwei, drei oder vier Jahre hast du bis vor Kurzem in deinem Ausbildungsbetrieb verbracht. Warum solltest du nun nochmal mehr Zeit investieren, um deine Fachhochschulreife zu erlangen? Dafür gibt es mehrere wichtige Gründe:

  • Vorbereitung auf Fachhochschulstudium: Das Fachabitur ermöglicht es dir, an 214 Fachhochschulen (Stand: 2023/2024) in ganz Deutschland und einigen dualen Hochschulen zu studieren. Ein Studium wiederum kann deinen weiteren Karriereweg maßgeblich bestimmen.
  • Verbesserung der Karrierechancen: In bestimmten Berufen - darunter auch die Beamtenlaufbahn im gehobenen Dienst - werden entweder ausschließlich oder bevorzugt Menschen eingestellt, die zumindest das Fachabitur nachweisen können. Manche Arbeitgeber schreiben die Fachhochschulreife auch für bestimmte Führungspositionen vor. Kannst du den gewünschten Abschluss vorweisen, erhöhst du so ganz nebenbei deine Flexibilität - dir stehen schließlich mehr Branchen und potenzielle Berufsfelder offen.
  • Mehr Gehalt: Wer hätte es sich gedacht? Am meisten Geld verdienst du durchschnittlich mit einem abgeschlossenen Studium. Doch auch mit dem Fachabi allein hast du schon bessere Gehaltsaussichten. Das belegte beispielsweise eine Studie der Bundesbank zum Vermögen privater Haushalte in Deutschland.
  • Zeit für Selbstreflexion: Weißt du noch nicht, wo es beruflich genau hingehen soll? Mit dem Fachabitur verschaffst du dir etwas Zeit zur intensiven Selbstreflexion. Während deiner Schulzeit vertiefst und erweiterst du dein bisheriges theoretisches Wissen. Dieses kannst du wiederum dafür nutzen, um herauszufinden, was du danach arbeiten oder studieren möchtest.
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Nach der Ausbildung erstmal durchatmen und Kraft tanken, bevor es mit dem Fachabitur weitergeht? Kein Problem. Du kannst die Fachhochschulreife auch noch Jahre später absolvieren und erstmal normal arbeiten. Es gibt glücklicherweise kein Zeitlimit, wann du damit beginnen musst.

Formale Voraussetzungen: Wann darfst du die Fachhochschulreife beginnen?

Bevor du die Entscheidung für oder gegen das Erlangen der Fachhochschulreife treffen kannst, fragst du dich mit Sicherheit: Welche formalen Voraussetzungen muss ich für das Fachabi überhaupt erfüllen? Wann nimmt mich die Fachoberschule an?

Man unterscheidet dabei zwischen den Bedingungen für die einjährige und die zweijährige Fachoberschule (FOS). Diese möchten wir dir nun genauer erläutern.

Das sind die Voraussetzungen für die zweijährige Fachoberschule:

  • Du musst mindestens die Mittlere Reife (Realschulabschluss) oder einen in Deutschland anerkannten gleichwertigen Abschluss erlangt haben.
  • Alternativ kannst du mit einem Hauptschulabschluss oder qualifizierenden Hauptschulabschluss (Quali) an einer FOS aufgenommen werden. Das geht aber nur, wenn du im Zuge deiner mindestens zweijährigen Berufsausbildung automatisch den Realschulabschluss erworben hast.

Nur ein Jahr bis zur Fachhochschulreife? Klingt super, oder? Die Bedingungen dafür sind aber im Vergleich zur zweijährigen Fachoberschule strenger.

Das brauchst du für die einjährige Fachoberschule:

  • Zusätzlich zur Mittleren Reife, einem gleichwertigen Abschluss oder dem durch eine Berufsausbildung erworbenen Realschulabschluss ist es nötig, eine für die Fachrichtung der FOS - zum Beispiel Grafik, Sozialwesen, Verwaltung - passende Berufsausbildung absolviert zu haben.
  • Ebenso möglich wäre eine Aufnahme, wenn du eine Ausbildung in einem anderen Berufsfeld gemacht hast, danach aber mindestens drei Jahre in einem thematisch passenden Job tätig warst.

In vielen Fachoberschulen oder anderen Ausbildungsstätten gelten außerdem individuelle Regelungen, die du berücksichtigen solltest. So verlangen manche womöglich einen bestimmten Notendurchschnitt - dieser liegt häufig bei mindestens 3,5 in den Hauptfächern Mathe, Deutsch und Englisch - oder eine Bewerbungsmappe.

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Sonderfall: Berufsoberschule

Einige deutsche Bundesländer, genauer gesagt Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, bieten dir neben der Fachoberschule auch die Möglichkeit, eine Berufsoberschule (BOS) zu besuchen. Diese richten sich mit ihrem Angebot an Menschen, die sich bereits mitten in der Arbeitswelt befinden.

Nach einem Schuljahr kannst du an der Berufsoberschule deine Fachhochschulreifeprüfung ablegen. Hängst du ein weiteres Jahr an, kannst du sogar die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) erreichen.

Als übliche Erfordernisse für die Aufnahme an einer Berufsoberschule gelten:

Übrigens: Der Schulabschluss, den du auf der FOS und BOS erwirbst, ist absolut identisch. Der Unterschied liegt rein darin, dass du für die FOS noch nicht berufstätig gewesen sein musst, für die BOS allerdings sehr wohl.

Manchmal bieten Berufsoberschulen im Gegensatz zu Fachoberschulen berufsfreundlichere Ausbildungszeiten an, da viele Schüler:innen weiterhin arbeiten gehen.

Diese Wege zum Fachabitur nach der Ausbildung gibt es

Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung hast du hinsichtlich des Erlangens des Fachabiturs einen entscheidenden Vorteil: Dir stehen weitaus mehr Möglichkeiten offen als zuvor.

Wer bisher einen Hauptschulabschluss hatte, kann durch die Lehre danach in der Regel in die 11. Klasse der Fachoberschule einsteigen. Innerhalb von zwei Jahren kannst du in diesem Fall das Fachabitur machen.

Hattest du vorher bereits die Mittlere Reife? Dann kannst du sogar in Klassenstufe 12 einsteigen und wirst in einem Schuljahr auf dein Fachabi vorbereitet. Das gilt auch, wenn du dich an einer Berufsoberschule einschreibst.

Deinen Weg zum Fachabi musst du nicht zwangsläufig an einer FOS - oder BOS - gehen. Wenn du möchtest, kannst du dich jederzeit auch an einer Abendschule, einem Berufskolleg oder einer Volkshochschule für einen Fachabitur-Kurs anmelden.

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Dauer und Struktur des Fachabiturs nach einer Ausbildung

Grundsätzlich dauert der Erwerb der Fachhochschulreife nach einer Ausbildung zwei Jahre. Je nachdem, welchen Schulabschluss du vor deiner Ausbildung gemacht hast, bleiben diese zwei Jahre fixiert (Hauptschulabschluss) oder können auf ein Jahr verkürzt werden (Realschulabschluss). Diese Länge kann variieren, wenn du dein Fachabitur in Teilzeit oder berufsbegleitend ablegst.

Die Struktur der Fachhochschulreife verlangt einen schulischen und einen praktischen Teil. Im schulischen Teil nimmst du an Unterrichtsfächern wie Deutsch, Mathe und Englisch teil. Abhängig von der Fachrichtung deiner Ausbildungsstätte kommen berufsbezogene Fächer hinzu, die dir theoretisches Wissen praxisnah vermitteln sollen.

Der praktische Teil schreibt ein sogenanntes gelenktes Praktikum in einem ungefähren Umfang von 850 Stunden vor. Das Praktikum muss zum gewählten Schwerpunkt in der Schule passen und umfasst neben der Arbeit in einem Betrieb auch das Verfassen eines Praktikumsberichts. Unter gewissen Umständen kann das Praktikum für Personen mit einer abgeschlossenen Lehre entfallen. Hier solltest du dich bei deiner Fachoberschule nach möglichen Ausnahmen vom praktischen Teil des Fachabiturs erkundigen.

Tipps für den erfolgreichen Abschluss des Fachabis

Das Erlangen des Fachabiturs erfordert viel Motivation, Eigenständigkeit und Zielstrebigkeit. Damit du dich in der herausfordernden Zeit bis zum erfolgreichen Abschluss nicht allein gelassen fühlst, haben wir dir einige Tipps und Strategien zusammengestellt. Was dir jetzt weiterhelfen kann:

1. Gestalte dein Zeitmanagement effektiv!

Ein gutes Zeitmanagement kann den ersten Schritt zum Erfolg beim Fachabitur bilden. Vielleicht hilft es dir, einen realistischen Zeitplan mit allen Schulstunden, Lernzeiten und deiner Freizeit zu gestalten. Darin kannst du die wichtigsten Aufgaben identifizieren und nach Arbeitsaufwand und Deadline priorisieren.

Digitale Kalender oder Planungsapps erinnern dich daran, wann du wieder mal lernen - oder Pause machen - solltest.

2. Wende Lerntechniken an!

Finde heraus, wie du am besten lernst. Hörst du den Stoff gern? Ist dir visueller Input lieber? Brauchst du regelmäßige Wiederholung in Ruhe oder lernst du gern in der Gruppe?

Tipp: Mindmaps oder Lernkarten gehören zu den bekanntesten Lerntechniken. Beide sind nützlich, um die Theorie besser zu verinnerlichen.

3. Lass deine mentale Gesundheit nicht außer Acht!

Zu viel Stress tut dir nicht gut! Vergiss deine mentale Gesundheit in den Lernzeiten für das Fachabi nicht. Praktiziere doch mal Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga oder Atemübungen. Diese können Stress abbauen und deine Konzentration nachhaltig verbessern. Auch regelmäßige Pausen wirken Wunder.

4. Setze dir Ziele!

Setze dir klare, realistische Ziele für deinen Lernprozess und belohne dich, wenn du die Zwischenschritte erreichst. Ein Eis oder ein neues Technik-Gadget kann da die Motivation durchaus steigern.

Deine Ziele sind jedoch nie in Stein gemeißelt. Überprüfe immer wieder deinen Fortschritt und passe deine Strategie bei Bedarf an. Reflektiere, was gut funktioniert hat und du verbessern kannst.

5. Hol dir Unterstützung!

Sich Hilfe zu suchen, ist kein Zeichen von Versagen, sondern von Stärke. Bitte Lehrer:innen, Mentor:innen oder andere passende Ansprechpartner:innen um Tipps oder Erklärungen, wenn du gewisse Dinge nicht verstehst. Durch Nachfragen stellst du sicher, dass du den Stoff bis zur Fachhochschulreifeprüfung ausreichend gut beherrschst.

Finanzielle Überlegungen und Unterstützungsmöglichkeiten

Nach der Ausbildung, in der du jeden Monat Geld verdient hast, kann ein Verdienstausfall während des Fachabiturs schwer wiegen. Erfreulicherweise hast du die Möglichkeit, über das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) eine finanzielle Unterstützung in individuell unterschiedlicher Höhe zu erhalten. Damit kannst du unter anderem die Schulgebühren oder deine Miete bezahlen.

Was benötigst du, um BAföG zu bekommen? Drei Voraussetzungen müssen gegeben sein:

  • Du darfst höchstens 30 Jahre alt sein.
  • Du darfst nicht mehr bei deinen Eltern wohnen und musst einen eigenen Haushalt führen.
  • Deine Weiterbildung zum Fachabitur muss mit Ausnahme einer Fernschule in Vollzeit stattfinden.

Die Finanzierung erhältst du normalerweise monatlich ausbezahlt. Über das BAföG-Amt kannst du jedoch auch Kredite beantragen, die du für kurzfristige Anschaffungen (Arbeitsmittel, Laptop etc.) nutzen kannst.

Gut zu wissen: Im Gegensatz zum BAföG, das während eines Studiums bezogen wird, musst du das Geld als Schülerin oder Schüler nicht (teilweise) an den Staat zurückzahlen. Auf gewährte Kredite trifft das leider nicht zu.

Nach dem Fachabi weiter zum allgemeinen Abitur?

Das Fachabitur ist dir nicht genug? Nach deiner Ausbildung und der Fachhochschulreife kannst du noch ein Jahr weiter zur Schule gehen und das allgemeine Abitur nachholen. Mit diesem bist du berechtigt, an Universitäten im In- und Ausland zu studieren oder bestimmte weiterführende Ausbildungen zu beginnen.

Unbedingt beachten solltest du, dass du für das allgemeine Abitur neben Englisch noch eine zweite Fremdsprache erlernen musst. Das kann zum Beispiel Latein, Französisch oder Spanisch sein. Solltest du an einer früheren Schule schon eine zweite Fremdsprache gehabt haben, kannst du dir die erbrachte Leistung anerkennen lassen und musst den Unterricht darin nicht nochmal besuchen. Auch eine Ergänzungsprüfung (unter anderem für Muttersprachler:innen geeignet) kann dich vom Fremdsprachenunterricht befreien.

Ob nun Fachabitur oder allgemeines Abitur nach der Ausbildung: kununu wünscht dir viel Erfolg auf deinem weiteren Karriereweg!

Letztes Update: 20. Juni 2024