Direkt zum Inhalt wechseln
Unterbezahlt im Job? Anzeichen und was du dagegen tun kannst.

Untertarifliche Bezahlung? Anzeichen & was du tun kannst

Stell dir vor, du arbeitest in einem Unternehmen, das an einen Tarifvertrag gebunden ist, und stellst plötzlich fest, dass du unter Tarif bezahlt wirst. Oder du bist dir unsicher, ob ein Unternehmen überhaupt tarifgebunden ist. Du fragst dich, was in Tarifverträgen geregelt ist und was du unternehmen kannst, wenn dein:e Arbeitgeber:in dich trotz Tarifvertrag untertariflich bezahlt? Wir klären in diesem Artikel die wichtigsten Fragen und welche Rechte du als Arbeitnehmer:in hast.

Was ist Tariflohn und wann muss er gezahlt werden?

Als Tariflohn wird die Vergütung bezeichnet, die in einem gültigen Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber:innenverbänden und Gewerkschaften festgelegt wird. Dieser Vertrag regelt nicht nur die Höhe des Lohns, sondern auch Rahmenbedingungen im Kontext deines Jobs, wie Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und andere arbeitsrechtliche Bedingungen. Der tarifliche Lohn stellt das Mindestgehalt dar, welches du als Beschäftigte:r unter Berücksichtigung deiner beruflichen Kenntnisse und Qualifikationen erwarten kannst, basierend auf deiner Arbeitserfahrung in Jahren und dein Ausbildungsabschluss. Weiterhin enthält der Tarifvertrag sämtliche Rechte und Pflichten, die für dich als arbeitnehmende Person gelten. Der Tarifvertrag sowie der darin festgelegte tarifliche Lohn haben so lange Bestand, bis sie von den Gewerkschaften und den Arbeitgeber:innenverbänden neu ausgehandelt werden.

Die Zahlung von Tariflohn ist verpflichtend, wenn:

  • Dein:e Arbeitgeber:in Mitglied im zuständigen Arbeitgeber:innenverband ist.
  • Du selbst Mitglied der entsprechenden Gewerkschaft bist und der Tarifvertrag für dein Unternehmen gilt.

Wenn dein:e Arbeitgeber:in tarifgebunden ist, hast du Anspruch auf die im Vertrag festgelegten Leistungen – auch dann, wenn in deinem Arbeitsvertrag davon abweichende Regelungen getroffen wurden.

„Sehr guter Tarifvertrag! Sehr guter Betriebsrat! Dementsprechend gute Arbeitsbedingungen.“

Woher weiß ich, ob mein:e Arbeitgeber:in tarifgebunden ist?

In Deutschland existieren verschiedene Formen von Tarifverträgen. Lohn- und Gehaltstarifverträge legen die Höhe der Gehälter, der Löhne und der Ausbildungsvergütungen fest. In Rahmentarifverträgen sind die Tätigkeiten und die Qualifikationen für unterschiedliche Lohn- und Gehaltsgruppen definiert. Manteltarifverträge enthalten Regelungen bezüglich der Dauer der Arbeitszeit, der Anzahl der Urlaubstage, der Kündigungsfristen sowie hinsichtlich der Probezeit.

Nicht in jedem Unternehmen gilt ein Tarifvertrag. Auch wird nicht in sämtlichen Branchen Tariflohn an die Beschäftigten gezahlt. Die folgenden Schritte helfen dir dabei, herauszufinden, ob dein:e Arbeitgeber:in tarifgebunden ist

  1. Arbeitgeber:in fragen: Du hast das Recht, deine:n Arbeitgeber:in direkt nach der Tarifbindung zu fragen.
  2. Arbeitsvertrag prüfen: Häufig wird im Vertrag angegeben, ob der Tarifvertrag Anwendung findet.
  3. Betriebsrat fragen: Der Betriebsrat ist eine gute Anlaufstelle, um Informationen über die Tarifbindung des:der Arbeitgeber:in zu erhalten.
  4. Gewerkschaft kontaktieren: Gewerkschaften wie ver.di oder IG Metall können dir Auskunft darüber geben, ob dein Unternehmen tarifgebunden ist.

Ab wann muss eine Firma in die Gewerkschaft?

Firmen müssen nicht Mitglied in einer Gewerkschaft sein, da Gewerkschaften die Interessen von Arbeitnehmenden vertreten. Arbeitgeber:innen können jedoch freiwillig Mitglied eines Arbeitgeber:innenverbands werden, wodurch sie automatisch an die Tarifverträge dieses Verbands gebunden sind.

Untertarifliche Bezahlung: Welche Schritte solltest du unternehmen?

Kurz zur Klarstellung: Auch falls du als Beschäftigte:r keinen Tariflohn erhältst, muss dir dein: Arbeitgeber:in den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, der ebenso wenig im Tarifvertrag unterschritten werden darf. Zum 01. Januar 2025 wurde der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland auf 12,82 Euro angehoben.

Wenn in deinem Fall ein Tarifvertrag Anwendung findet und du vermutest, dass du unter Tarif bezahlt wirst, kannst du wie folgt vorgehen. Wir empfehlen dir, zunächst mit dem ersten Schritt zu starten:

  1. Gespräch mit dem:der Arbeitgeber:in suchen: Frage nach den Gründen für die Abweichung und bitte um Klärung.
  2. Rechtsberatung einholen: Ein:e Fachanwält:in für Arbeitsrecht oder deine Gewerkschaft kann dir helfen, deine Ansprüche zu prüfen.
  3. Klage vor dem Arbeitsgericht: Wenn Gespräche und Verhandlungen nicht weiterhelfen, kannst du deinen Anspruch auf Tariflohn gerichtlich durchsetzen.

Tipp:

Es ist wichtig, schnell zu handeln, da tarifliche Ansprüche häufig einer Ausschlussfrist unterliegen. Das bedeutet, dass sie nach Ablauf einer bestimmten Frist verfallen können.

Wann ist eine untertarifliche Bezahlung erlaubt?

Es gibt Situationen, in denen eine Bezahlung unter Tarif rechtlich zulässig sein kann:

  • Individuelle Vereinbarungen: Wenn du in deinem Arbeitsvertrag ausdrücklich zugestimmt hast, unter Tarif bezahlt zu werden.
  • Nicht tarifgebundene Arbeitgeber:innen: Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind, müssen sich nicht an die tariflichen Regelungen halten.

Wichtig: Auch wenn Unternehmen nicht tarifgebunden sind, dürfen diese keine sittenwidrigen Löhne zahlen. Sittenwidrig ist ein Lohn, der weniger als 50 Prozent des branchenüblichen Durchschnittsgehalts beträgt.

„Absolutes Mindestgehalt. Auch nach fast 10 Jahren Arbeit.“

Was passiert, wenn der:die Arbeitgeber:in sich nicht an den Tarifvertrag hält?

Falls dein:e Arbeitgeber:in sich nicht an den Tarifvertrag hält, kannst du dies rechtlich anfechten. Häufig führt ein solcher Verstoß zu Nachzahlungen, bei denen dir die Differenz zwischen deinem bisherigen Lohn und dem tariflich festgelegten Lohn ausgezahlt wird. Außerdem können Strafen oder Sanktionen gegen das Unternehmen verhängt werden sowie Schadenersatzansprüche für dich entstehen. Nicht zu unterschätzen ist die Rufschädigung für das Unternehmen. Ein bekannt gewordener Verstoß gegen den Tarifvertrag kann das Ansehen des Unternehmens erheblich schädigen.

Wie ist die tarifliche Bezahlung in Österreich geregelt?

Was in Deutschland der Tarifvertrag ist, ist in Österreich der sogenannte Kollektivvertrag – kurz KV. Dieser Vertrag wird – genauso wie in Deutschland – von den Gewerkschaften und der Arbeitgeber:innenseite jährlich für alle Beschäftigten einer bestimmten Branche ausgehandelt.

Kollektivverträge regeln insbesondere Mindestlöhne und Grundgehälter, Sonderzahlungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Lohnerhöhungen für Arbeitnehmende. Das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) legt fest, dass der aktuelle Kollektivvertrag in jedem Unternehmen zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen muss.

Einen gesetzlich garantierten Mindestlohn für alle Arbeitnehmer:innen einzelner Branchen gibt es in Österreich selten. Mindestlöhne der einzelnen Branchen werden von Gewerkschaften mit den Arbeitgebenden verhandelt.

Welche arbeitsrechtlichen Regelungen herrschen in der Schweiz?

In der Schweiz wiederum gilt der sogenannte Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Er stellt die vertragliche Basis für jeden Arbeitsvertrag eines bestimmten Berufs bzw. für Arbeitsverhältnisse in einer bestimmten Branche dar. Es existieren gesamtschweizerische und kantonale Gesamtarbeitsverträge. Im Gesamtarbeitsvertrag werden vor allem Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeiten, Kündigungsfristen und Mindestlöhne getroffen. Er wird zwischen den Schweizer Gewerkschaften und den Unternehmerverbänden bzw. einzelnen Arbeitgeber:innen ausgehandelt.

„Legt sehr viel Wert auf Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages und des Arbeitsgesetzes“