Unternehmenskultur: Was sie über deinen Arbeitgeber aussagt

Lange galt die Auffassung, das Gehalt wäre der entscheidende Faktor für einen Jobwechsel. Nach jüngsten Erkenntnissen spielt der Cultural Fit für Jobsuchende jedoch ebenfalls eine wichtige Rolle und hat großen Einfluss auf Wohlbefinden und Leistung der Mitarbeitenden. Die Unternehmenskultur kann darüber entscheiden, ob du dich bei einem Arbeitgeber langfristig wohlfühlst oder ihn bald wieder verlässt. Wir geben dir deshalb jetzt unter anderem Orientierung bei der Beantwortung der folgenden Fragen: Was sagt die Kultur über ein Unternehmen aus? Welche Werte machen sie aus? Kann man sie schon bei der Jobsuche erkennen?

Was ist eine Unternehmenskultur?

Unternehmenskultur ist ein Begriff, der auf viele verschiedene Arten definiert werden kann. Der britische Management-Philosoph Charles Hamden-Turner beschreibt die Kultur eines Arbeitgebers beispielsweise als Muster von grundlegenden Annahmen, die bestimmte Gruppen im Unternehmen erfunden, entdeckt oder entwickelt haben, um sich an die dortigen Gegebenheiten anzupassen. In seinem Buch "Corporate Culture: The Ultimate Strategic Asset" sagt der Management-Professor Eric G. Flamholtz außerdem, dass man Unternehmenskultur weder sehen, berühren, riechen, schmecken oder hören kann - und trotzdem sei sie da. Seiner Meinung nach hänge die "Persönlichkeit eines Unternehmens", wie er die Kultur beschreibt, stark von den Unternehmenswerten ab. Das bedeutet auch, dass die Firmenkultur immer individuell ist. In keinem anderen Unternehmen herrscht dieselbe Kultur wie bei deinem Arbeitgeber.

Tipp: Wie würdest du die Unternehmenskultur bei deinem Arbeitgeber bewerten? Teile deine Erfahrungen anonym auf kununu.com.

Welche Werte definieren die Kultur bei einem Arbeitgeber?

Wenn es nach Flamholtz geht, sind die Werte eines Unternehmens maßgeblich an der Entwicklung der Unternehmenskultur beteiligt. Sie spiegeln nicht nur Überzeugungen und Einstellungen, sondern auch gewünschte Verhaltensweisen innerhalb einer Firma wider. Aber welche Faktoren könnten es sein, die einen so großen Einfluss haben können?

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Diese Werte prägen die Unternehmenskultur

  • Zusammenarbeit: Arbeitet ihr eher im Team oder allein? Geht es auch um den menschlichen Aspekt der Zusammenarbeit oder rein um die Erreichung der Ziele?
  • Kommunikation: Wie kommuniziert ihr miteinander? Wie geht ihr mit Fehlern und Kritik um? Gibt es Feedback?
  • Work-Life-Balance: Bleibt dir ausreichend Freizeit? Wird erwartet, dass du regelmäßig Überstunden machst?
  • Unternehmensstrategie: Welche Vorgaben und Beschränkungen gibt es hinsichtlich deiner Arbeitsweise? Welche Ziele musst du erreichen?
  • Führung: Werdet ihr als Mitarbeiter:innen an Entscheidungen beteiligt? Herrschen flache oder starre Hierarchien? Welche Richtung wird vorgegeben?
  • Vorstellungen von Ethik und Moral: Arbeitet dein Unternehmen fair und transparent?
  • Image: Wie werden die Geschäftspraktiken von Kund:innen empfunden? Schätzen diese euch als kompetent ein oder gibt es Probleme?

Wann spricht man von einer positiven Unternehmenskultur?

Eine positive Firmenkultur herrscht dann, wenn sich die Mehrheit der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz wohlfühlt. Wann das der Fall ist? Das ist ganz unterschiedlich - so wie eben auch die Angestellten eines Unternehmens verschieden sind. Alle haben andere Bedürfnisse, Anforderungen und Ziele und bewerten die Kultur eines Betriebs jeweils individuell. Dennoch gibt es natürlich einige Anzeichen, die auf eine positive Arbeitskultur hindeuten können. Das sind beispielsweise:

  • Offene und transparente Kommunikation
  • Großes Vertrauen der Mitarbeiter:innen untereinander
  • Wertschätzung für erbrachte Leistung
  • Verbundenheit mit Unternehmenswerten
  • Angebot von Weiterentwicklung
  • Platz für Kreativität und Innovation
  • Ausgewogene Work-Life-Balance
  • Konstruktives und regelmäßiges Feedback
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Wichtig

Nur, weil die Kultur eines Unternehmens allgemein als positiv wahrgenommen wird, heißt das nicht, dass es dort keine Konflikte gibt. Diese entstehen bekanntlich selbst in den besten Familien. Es kommt aber darauf an, wie man gemeinsam an der Konfliktlösung arbeitet.

Zählt hier stets ausschließlich die Meinung der Führungskraft und die Arbeitnehmer:innen finden nie Gehör, könnte das die Kultur negativ beeinflussen.

Das sagt die Unternehmenskultur über deinen Arbeitgeber aus

Was die Unternehmenskultur über deinen Arbeitgeber aussagt? Sehr, sehr viel. Die Firmenkultur gilt als DNA eines Unternehmens und ist Spiegelbild der Werte, Überzeugungen und Normen eines Betriebs. Zusätzlich gibt sie Anhaltspunkte dazu, welches Verhalten von dir erwünscht ist und gefördert wird. Das bedeutet: Auch die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter:innen und mit ihren Führungskräften kann darunter leiden, wenn die Kultur negativ empfunden wird.

Des Weiteren gibt die Kultur eines Arbeitgebers Einblick in dessen Arbeitsweise und Aufgabenpriorisierung. Du kannst davon ablesen, ob du eher in einem Team ohne vorgegebene Hierarchien arbeiten solltest oder gegen andere für Beförderungen ankämpfen musst. Natürlich kann sie dir auch zeigen, welche Art der Führung - zum Beispiel autoritär, kooperativ oder im Laissez-faire-Stil - gelebt wird und inwiefern man deine Innovation und Kreativität fördert. Fühlst du dich als Mitarbeiter:in von deiner Vorgesetzten oder deinem Vorgesetzten unterstützt, kann das deine Motivation erhöhen und deine Produktivität langfristig steigern. Auch deshalb gilt die Unternehmenskultur als wichtiger Faktor für den Erfolg einer Firma.

Insgesamt lässt die Unternehmenskultur demnach Rückschlüsse darauf zu, wie ein Unternehmen geführt wird, welche Werte es im Allgemeinen und im Speziellen vertritt und wie es mit Mitarbeiter:innen und Kund:innen interagiert. Darüber hinaus erhältst du mit der Arbeitskultur einen Indikator für die Position deines Arbeitgebers am gesamten Arbeitsmarkt und kannst herausfinden, ob sich eine langfristige Bindung an ihn für dich lohnt.

Kann man die Kultur eines Unternehmens schon bei der Jobsuche erkennen?

Ja, du kannst dir von der Kultur eines potenziellen Arbeitgebers auch schon bei der Jobsuche einen Eindruck machen. Für die Einschätzung kannst du dir diese Fragen stellen:

  • Wie wurde auf deine Bewerbung reagiert? Musstest du lang auf eine Antwort warten? Läuft der Bewerbungsprozess wertschätzend ab? Fühlst du dich beim Bewerbungsgespräch wohl?
  • Wie kommuniziert das Unternehmen mit dir? Welche Aspekte deines möglichen Jobs betonen die Personaler:innen?
  • Wie beschreiben die HR-Verantwortlichen die Arbeitskultur selbst? Wie reagieren sie auf Nachfragen zu Themen wie Work-Life-Balance oder Führung? Wie geht die Firma mit Konflikten um?
  • Ist die Bezahlung fair? Entspricht der Arbeitsvertrag den versprochenen Konditionen?

Wie die Arbeitskultur zu mehr Unternehmenserfolg führen kann

Die Arbeitskultur gilt unter Arbeits- und Organisationswissenschaftler:innen als wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Sonja A. Sackmann, Professorin an der Universität der Bundeswehr in München, fand 2011 im Zuge einer Betrachtung sechs unterschiedlicher Unternehmen heraus, dass nur eine Unternehmenskultur, bei der Dialog und Partnerschaft eine wichtige Rolle spielen, für Motivation und Kreativität sorgen kann. Die Forscherin behauptet sogar: Nur, wenn gemeinsam an einem Ziel gearbeitet wird, das von allen Beteiligten verstanden und als sinnvoll betrachtet wird, hat ein Unternehmen auf Dauer Erfolg. Das würde wohl auch der deutsche Informationswissenschaftler und Managementberater Josef Herget so unterschreiben. Er ergänzt in seinem Buch "Shaping Corporate Culture" allerdings noch, dass die Ausprägung der Unternehmenskultur für den Erfolg wichtig ist.

Unternehmen, die für sich eine starke Kultur entwickelt haben, seien tendenziell erfolgreicher als jene, die nur eine schwache vorweisen können. Dabei muss eine schwach ausgeprägte Firmenkultur nicht heißen, dass diese negativ wahrgenommen wird. Es geht vielmehr darum, dass die Unternehmenswerte nicht so klar definiert und ausgelebt werden.

Unternehmenskultur verändern: Ist das für Arbeitnehmer:innen möglich?

Normalerweise wird der Prozess zur Änderung bzw. Verbesserung der Firmenkultur vom Arbeitgeber und dessen Entscheidungsträger:innen angestoßen. Doch auch als Arbeitnehmer:in kannst du Einfluss darauf nehmen.

Im Alleingang kannst du die Kultur eines Arbeitgebers allerdings kaum verändern. Immerhin ist auch wichtig, dass andere Arbeitnehmer:innen im Betrieb zufrieden sind. Deshalb solltet ihr euch am besten zusammenschließen, wenn ihr positive Veränderungen initiieren wollt. Du kannst aber auch selbstständig an internen Initiativen, Programmen oder Arbeitsgruppen teilnehmen, die darauf abzielen, die Kultur nachhaltig zu verbessern.

Ein solches Angebot gibt es bei euch nicht? Stattdessen könnt ihr auch ein unterstützendes und kooperatives Arbeitsumfeld formen, indem ihr Regeln für die Kommunikation und Zusammenarbeit im Team definiert. Gebt euch gegenseitig Feedback und schafft durch Transparenz Vertrauen. Das verbessert das Arbeitsumfeld nicht nur für euch, sondern auch für alle zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Letztes Update: 22. April 2024