Mit Einschränkungen durchs Arbeitsleben - was steht dir zu?

Im Jahr 2017 lebten allein in Deutschland rund zehn Millionen Menschen mit Behinderung. Rund die Hälfte davon ist in einem arbeitsfähigen Alter und geht je nach Grad der Behinderung einer Tätigkeit nach. Trotzdem wissen viele dieser Menschen noch zu wenig über ihre Rechte im Arbeitsleben Bescheid. Aus diesem Grund haben wir dir im Artikel nicht nur die Ansprüche von körperlich oder geistig Eingeschränkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengestellt, sondern erklären auch, warum sich manche Unternehmen von der sogenannten Behindertenquote freikaufen.

Unternehmen mit Sitz in Deutschland müssen bei mehr als zwanzig Mitarbeitern eine Quote erfüllen

Im öffentlichen Dienst liegt diese Quote in Deutschland bei sechs Prozent, bei Unternehmen der freien Wirtschaft bei fünf Prozent. Was heißt das jetzt genau? Mindestens fünf bzw. sechs Prozent der Arbeitsplätze müssen von Menschen mit Behinderung besetzt werden. Klingt ja eigentlich toll, oder? Für die Unternehmen besteht allerdings die Möglichkeit, dass sie sich von dieser Quote quasi freikaufen. Sie zahlen eine an die Unternehmensgröße angepasste Ausgleichsabgabe, die zwischen 105 und 260 Euro pro unbesetztem Arbeitsplatz liegt, und müssen dann keinen Mitarbeiter mit Behinderung mehr anstellen. Achtung: Man sollte nicht alle Unternehmen, die lieber die Abgabe bezahlen, gleich verurteilen. Da die Quote unabhängig von der Branche der Firma eingesetzt wird, fallen darunter auch Arbeitsplätze, die mit bestimmten Behinderungen nicht ausgeübt werden können - manchmal zum eigenen Schutz.

Neben der umstrittenen Quote kannst du auch andere Ansprüche geltend machen. So kannst du beispielsweise nach dem Ablauf deiner Probezeit nur noch nach einer eingehenden Überprüfung durch das Integrationsamt gekündigt werden. Der besondere Kündigungsschutz gilt für Menschen mit einem von der Agentur für Arbeit genehmigten Grad der Behinderung (GdB) ab 50 Prozent oder diesen gleichgestellte Personen. Das kann auch schon bei einem GdB von 30 oder 40 Prozent der Fall sein und wird abhängig von deiner Arbeitsstätte und Tätigkeit festgestellt.

Sofern du dir aufgrund deiner Behinderung einen neuen Arbeitsplatz mit anderen Anforderungen suchen musst, wirst du von der Agentur für Arbeit mit Umschulungsmaßnahmen unterstützt. Diese können ganz unterschiedlich aussehen und reichen von schulischen Ausbildungen bis zur Finanzierung von Weiterbildungskursen. Du willst dieselbe Tätigkeit wie vorher ausführen? Auch das ist möglich. Deinen physischen und psychischen Anforderungen entsprechend muss dein Unternehmen nämlich deinen Arbeitsplatz anpassen und dir Hilfsmittel zur Verfügung stellen.

Angenehm dürfte es auch sein, dass dir im Jahr fünf Urlaubstage zusätzlich zur Verfügung stehen. Das ist aber für deine Kollegen kein Grund neidisch zu sein, dein Körper braucht diese Erholung dringend - du solltest den Extra-Urlaub also ohne schlechtes Gewissen nutzen.

Österreich unterscheidet zwischen begünstigten und unbegünstigten behinderten Menschen

Das Bundessozialamt muss dir für den Begünstigten-Status einen Grad der Behinderung von über 50 Prozent ausstellen. Dafür musst du nicht unbedingt österreichischer Staatsbürger sein, sondern kannst auch aus dem EWR-Raum (also zum Beispiel aus Deutschland, nicht aber aus der Schweiz) kommen oder als Flüchtling in Österreich anerkannt worden sein. Sobald du also einen Grad der Behinderung von mehr als 50 Prozent vorweisen kannst, erhältst du gerade im Job neue Rechte und Ansprüche.

Darunter fällt der erhöhte Kündigungsschutz - dein Arbeitgeber muss die Genehmigung des Behindertenausschusses einholen, um dich kündigen zu dürfen. Das verhindert, dass dich dein Unternehmen aus fadenscheinigen Gründen hinauswirft. Beachte aber, dass es natürlich trotzdem Gründe für die Kündigung eines Mitarbeiters mit Behinderung gibt. Darunter fällt zum Beispiel ein Wegfall des Arbeitsplatzes und die Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung im Unternehmen oder das Nichtausführen der verlangten Tätigkeit.

Daneben bekommst du einen individuell vereinbarten Lohnsteuerfreibetrag und Zuschüsse zu deinen Fahrtkosten zur Arbeitsstelle. Ob dir zusätzlicher Urlaub zusteht, solltest du so bald wie möglich mit deinem Chef besprechen. Das ist nämlich unter anderem abhängig von deinem Kollektivvertrag und der Betriebsvereinbarung. Wenn dir dein Arbeitgeber keine Auskunft darüber geben kann oder will, bekommst du diese Informationen auch bei der Arbeiterkammer. Dasselbe gilt auch für etwaige technische Unterstützung am Arbeitsplatz, die du mit deinem Ansprechpartner beim Bundessozialamt anfordern musst. Das können zum Beispiel ein spezieller Stuhl oder ein Bildschirm mit größerer Schriftanzeige sein.

In der Schweiz dürfen Menschen bei ihrer Bewerbung nicht aufgrund ihres Handicaps abgelehnt werden

Das zu beweisen ist in den meisten Fällen aber sehr schwer oder gar nicht möglich. Auch steht dir in der Schweiz keine nachträgliche Überprüfung des Bewerbungsprozesses zu. Dafür ist jedes Unternehmen des Bundes in der Schweiz verpflichtet, bei Bedarf einen Integrationsbeauftragten zu ernennen. Was man sich darunter vorstellen kann? Der Integrationsbeauftragte soll zwischen zwei Parteien - im Normalfall die Person mit Behinderung und deren Kollegen oder Vorgesetzte - vermitteln und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Leider gilt das (noch) nicht für Unternehmen der freien Wirtschaft.

Insgesamt kann man für die Schweiz sagen, dass das Behindertenrecht für den Bereich Arbeit noch vergleichsweise wenig ausgearbeitet ist. Vielleicht wird sich in den nächsten Jahren etwas tun - wir halten dich jedenfalls in diesem Artikel auf dem Laufenden!