Krank arbeiten: Keine gute Sache, aber dennoch an der Tagesordnung

Na, wann hast du das letzte Mal krank gearbeitet – egal ob im Homeoffice oder im Büro? Keine Sorge, du bist in guter Gesellschaft. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK):

  • Lediglich 16,5 Prozent der befragten Beschäftigten an, nie zu arbeiten, wenn sie krank sind
  • Für fast drei Viertel der Beschäftigten ist eine Krankheit nicht unbedingt ein Grund, nicht zu arbeiten.
  • 26,6 Prozent gaben sogar an, häufig oder sehr häufig trotz Krankheit zu arbeiten.
  • Über 43 Prozent der Studienteilnehmer:innen arbeiten gar trotz offizieller Krankschreibung; bei den unter 29-Jährigen liegt der Anteil sogar bei knapp 50 Prozent. 

Die steigende Akzeptanz von Homeoffice verstärkt das Problem: In der Studie der TK gaben 46 Prozent der Befragten an, dass sie im Homeoffice häufiger arbeiten, obwohl sie sich krank fühlen. Zwölf Prozent arbeiten häufig oder sehr häufig, obwohl sie krankgeschrieben sind, und 30 Prozent greifen im Homeoffice sogar häufig oder sehr häufig zu Medikamenten, um arbeiten zu können.

Arbeiten, obwohl man krank ist: Das Phänomen hat einen Namen

Fachleute sprechen vom Präsentismus, wenn Beschäftigte arbeiten, obwohl sie krank sind. Der Begriff selbst klingt nicht umsonst nach Krankheit: In intensiver Form kann Präsentismus eine sogenannte interessierte Selbstgefährdung darstellen, wenn wir die Arbeit über unsere Gesundheit stellen: Beschäftigte nehmen die Gefährdung ihrer Gesundheit aktiv in Kauf, um ihre Arbeitsziele zu erreichen. Präsentismus kann vom Arbeiten mit leichten Symptomen bis hin zur Tätigkeit trotz schwerwiegender Beschwerden reichen. Auch ein Abraten des Arztes oder eine offizielle Krankschreibung verhindern Präsentismus nicht zwangsläufig.

Krank arbeiten: Was sind die Gründe?

Wenn du zu den Personen gehörst, die krank ins Büro gehen oder krank im Homeoffice präsent sind: Kannst du die Frage für dich beantworten? Auch im Rahmen der TK-Studie wurde der Frage nachgegangen, warum Menschen arbeiten, obwohl sie krank sind. 

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Die 5. am häufigsten genannten Gründe

    • Es gab keine Vertretung für mich.
    • Ich konnte arbeiten, weil meine Krankheit nicht ansteckend war.
    • Ich wollte meinen Kollegen/Kolleginnen nicht zur Last fallen.
    • Es gab dringende Arbeiten und Termine.
    • Weil ich gerne zur Arbeit gehe.

Die Antworten deuten darauf hin, dass viele Arbeitnehmer:innen sich aus eigener Motivation dazu entscheiden, trotz Krankheit zu arbeiten. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Arbeitszufriedenheit hängt signifikant mit Präsentismus zusammen – je zufriedener die Befragten mit ihrem Job sind, desto häufiger arbeiten sie, obwohl sie krank sind.

Schlechtes Gewissen wegen Krankschreibung

Die Antworten auf die Frage, weshalb man krank arbeitet, weisen aber noch auf ein weiteres Phänomen hin: Arbeitnehmer:innen lassen sich aus schlechtem Gewissen gegenüber ihren Kolleg:innen nicht krankschreiben, weil diese dann einspringen müssten. Kein Wunder: Die meisten Unternehmen leisten sich kein Vertretungs-Set-up für alle Tätigkeiten. Viele Krankenhäuser, Pflegeheime, aber auch Kindergärten und Betriebe mit Fachkräften sind unterbesetzt. Dennoch solltest du wegen einer Krankschreibung keine Schuldgefühle haben!

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Warum du nicht arbeiten solltest, wenn du dich krank fühlst

Wir haben weiter oben im Text bereits beschrieben, dass arbeiten trotz Krankheit im Extremfall eine interessierte Selbstgefährdung darstellen kann. Damit ist natürlich nicht gemeint, wenn du ausnahmsweise trotz Kopfschmerzen an einem Meeting teilnimmst. Wenn Beschäftigte krank arbeiten, kann das negative Folgen haben – für die Person selbst, aber auch für das Unternehmen. 

  • Wenn du arbeitest, obwohl du krank bist, kannst du dich nicht so gut konzentrieren, deine Leistungsfähigkeit ist eventuell eingeschränkt. Das kann dazu führen, dass du weniger produktiv bist oder Fehler machst. Inproduzierenden Betrieben kann so das Risiko von Arbeitsunfällen steigen.
  • Wer krank ist, sollte sich ausruhen, um schnell wieder gesund zu werden. Wenn du einfach weitermachst im Job wie gewohnt, können sich die Symptome verschlimmern oder chronisch werden. Im extremsten Fall drohen eine längere Arbeitsunfähigkeit oder ein Burnout.
  • Die TK-Studie kommt zu dem Schluss, dass Personen mit Führungsverantwortung eher dazu neigen, krank zu arbeiten als andere. Wer als Chef:in krank arbeitet, ist ein schlechtes Vorbild für das Team, das sich nach oben orientiert. So kann der Eindruck entstehen, es würde erwartet, dass man arbeitet, obwohl man krank ist.
  • Je nach Krankheit besteht die Gefahr, andere anzustecken und somit für weitere Arbeitsausfälle verantwortlich zu sein. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie gilt dieses Argument nur bedingt – wer im Homeoffice sitzt, kann niemanden anstecken. Nicht verwunderlich, dass die Studie der TK das Arbeiten krank im Homeoffice als zunehmenden Trend identifiziert.

Ab wann bin ich zu krank zum Arbeiten?

Wir Menschen ticken unterschiedlich und haben auch ein unterschiedliches Schmerz- und Krankheitsempfinden. Bei der Frage, ob du fit genug zum Arbeiten bist, kannst du dich meist auf dein Bauchgefühl verlassen – oder im Zweifel dein:e Ärzt:in konsultieren. Nicht erst seit Corona gilt es, besonders bei oft Erkältungssymptomen vorsichtig zu sein, um niemanden um dich herum anzustecken.

Wichtig: Spätestens nach dem dritten Krankheitstag benötigst du eine offizielle Krankschreibung! Wer an den Symptomen einer Atemwegserkrankung leidet, kann sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie auch telefonisch krankschreiben lassen. Was du sonst noch wissen solltest zum Thema Krankschreibung findest du hier.  

Arbeiten trotz Krankschreibung – geht das?

Eine Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot – sobald du dich wieder fit genug fühlst, kannst du also trotz Krankschreibung arbeiten. Dazu ist auch keine „Gesundschreibung“ oder ein Attest durch eine:n Ärzt:in notwendig. Wenn du dir unsicher bist, spricht natürlich nichts dagegen, wenn du deine:n Ärzt:in konsultierst, bevor du wieder loslegst.

Achtung: Wenn dein Arbeitgeber der Meinung ist, dass du nach einer Erkrankung noch nicht wieder fit genug bist zum Arbeiten, darf er dich wieder heimschicken. Da das Unternehmen dir gegenüber eine Fürsorgepflicht hat, muss er das sogar tun, um dich zu schützen.

Arbeitgeber sind gefragt

Die Studie der Techniker Krankenkasse zeigt auch: Arbeitnehmer:innen wünschen sich von ihren Unternehmen verbindliche Vorgaben zum Verhalten bei Krankheit, vor allem im Homeoffice. Allerdings haben 65 Prozent der Befragten noch nie etwas von ihrem Arbeitgeber zu dem Thema gehört. Führungskräfte und Management sollten als Vorbild agieren und ihren Mitarbeiter:innen gegenüber klar kommunizieren: Wer krank ist, arbeitet nicht. Weder im Büro noch im Homeoffice. 

Letztes Update: 15. Februar 2024