Streik für mehr Gehalt: So viel verdienen die streikenden Berufsgruppen

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat für Anfang 2024 einen mehrtägigen Streik angekündigt, der den Personen- und Güterverkehr der Deutschen Bahn betrifft. Der Streik soll vom 10. Januar um 2 Uhr bis zum 12. Januar um 18 Uhr im Personenverkehr andauern, während der Streik im Güterverkehr bei DB Cargo bereits am 9. Januar um 18 Uhr beginnt. Dies ist Teil des fortgesetzten Tarifkonflikts mit der Deutschen Bahn.

Die Deutsche Bahn hat auf diese Ankündigung mit dem Plan reagiert, juristische Schritte einzuleiten, um den Streik zu stoppen, und hat einen Eilantrag beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingereicht. Denn wenige Tage zuvor habe die Bahn ein erweitertes Angebot vorgelegt, in dem der Konzern der Gewerkschaft bei ihrer Kernforderung zur Arbeitszeit einen großen Schritt entgegengekommen sei. "Die DB ist bereit zu Kompromissen. Es ist jetzt an der Zeit, wieder zu verhandeln. Die GDL-Spitze hat überzogen, sie muss sich endlich besinnen." Der Konzern forderte die GDL auf, den Streik abzusagen und stattdessen den vom Unternehmen vorgeschlagenen Verhandlungstermin im Januar wahrzunehmen.

kununu hat sich die Gehälter der streikenden Berufsgruppen genauer angeschaut. Hier erfährst du, wie hoch die durchschnittlichen Gehälter in einigen der streikenden Berufsgruppen sind und wie (un)zufrieden Arbeitnehmende der betroffenen Sektoren mit ihrem Gehalt sind.

Tarif-Konflikt: Das sind die Forderungen

Grund für die flächendeckenden Warnstreiks ist der Tarifkonflikt zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgebern im öffentlichen Dienst. So befindet sich zum Beispiel die GDL in Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat für die Tarifrunde eine Reihe von Forderungen aufgestellt. Diese Forderungen richten sich an verschiedene Beschäftigtengruppen im Eisenbahnsektor, darunter Arbeitnehmer:innen im Netzbetrieb, der Netzinstandhaltung, der Fahrzeuginstandhaltung, des Zugpersonals sowie Auszubildende. Zu den zentralen Forderungen der GDL gehören:

  1. Eine allgemeine Entgelterhöhung von 555 Euro sowie eine deutliche Erhöhung für Auszubildende und eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent.
  2. Die Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter:innen ohne anteilige Lohnabsenkung.
  3. Eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro für alle Mitarbeitende, unabhängig von der Arbeitszeit.
  4. Ein Arbeitgeberanteil von fünf Prozent für die betriebliche Altersvorsorge.
  5. Die Einführung einer Fünf-Schichten-Woche für Arbeitnehmende im Schichtdienst.

Diese Forderungen zielen darauf ab, den strukturellen Personalmangel und die derzeit geringe Attraktivität der Eisenbahnerberufe anzugehen, sowie den Wunsch der Arbeitnehmer nach besserer Gestaltung ihrer Arbeitszeit trotz unregelmäßigem Schichtdienst zu berücksichtigen.

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Tarifverträge

Die Bezahlung nach Tarif im öffentlichen Dienst in Deutschland basiert auf einem Tarifvertrag, der zwischen den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, wie z. B. Bund, Ländern und Kommunen, abgeschlossen wird.

Der aktuelle Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gliedert sich in verschiedene Entgeltgruppen, die sich nach der Tätigkeit, der Qualifikation und der Berufserfahrung des:der Beschäftigten richten. Es gibt insgesamt 15 Entgeltgruppen, die von E1 bis E15 reichen.

So viel verdienen die streikenden Berufsgruppen

Auf Grundlage der von kununu Nutzer:innen auf kununu geteilten Gehaltsdaten geben wir dir Aufschluss über die durchschnittlichen Gehälter sowie der Gehaltszufriedenheit der am häufigsten streikenden Berufsgruppen. Die Gehälter der Beschäftigten im Verkehrssektor sind vergleichsweise niedrig. Insbesondere Flughafenmitarbeiter:innen, Zugbegleiter:innen sowie Busfahrer:innen liegen laut den kununu Daten weit unter dem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 49.214 Euro in Deutschland.

Die Systemrelevanz und anhaltend hohe Arbeitsbelastung der streikenden Berufsgruppen spiegelt sich bislang nur wenig in den Gehältern wider. Kaum verwunderlich, dass betroffene Arbeitnehmende eher unzufrieden mit ihrem Gehalt sind. Denn die Gehaltszufriedenheit basiert nicht nur auf der Gehaltshöhe, sondern bemisst sich auch anhand der Arbeitsbedingungen.

BerufsgruppeØ Jahresgehalt in Euro (brutto)Zufrieden mit ihrem Gehalt
Verkehrsplaner:in50.90036,7 %
Flugzeugtechniker:in49.00041,7 %
Lokomotivführer:in41.00033,3 %
Straßenbauer:in38.90038,5 %
Busfahrer:in33.30023,8 %
Zugbegleiter:in31.60013,4 %
Airport Services Officer (Flughafenmitarbeiter:innen) 31.50016,1 %

Klar, mehr geht immer. Jedoch sind Arbeitnehmende im Verkehrssektor deutlich seltener mit ihrem Gehalt zufrieden, als in anderen Branchen. Im Durchschnitt bezeichnen 35,7 Prozent der Arbeitnehmer:innen auf kununu ihr Gehalt als gut oder sehr gut. Betrachtet man jedoch die streikenden Berufsgruppen, dann fällt dieser Wert deutlich niedriger aus: Beispielsweise empfinden laut kununu Daten nur 23,8 Prozent der Busfahrer:innen ihr Gehalt als gut oder sehr gut. Auch Zugbegleiter:innen und Flughafenmitarbeiter:innen zeigen sich nur selten mit ihrem Gehalt zufrieden. Hier geben lediglich 16,1 Prozent und 13,4 Prozent an, sie seien mit ihrem Gehalt zufrieden oder sehr zufrieden.

Der durchschnittliche Score der Gehaltszufriedenheit der streikenden Berufsgruppen liegt übrigens bei 67,2 Prozent. Auf der Skala von 1 (sehr schlecht) und 5 (sehr gut) bedeutet das einen durchschnittlichen Wert von 3,36.

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Wie berechnen wir unsere Gehaltsdaten?

Die Analyse basiert auf  Bewertungen und Gehaltsabgaben von Arbeitnehmer:innen auf kununu.com. Hier können Mitarbeiter:innen anonym ihr Gehalt teilen und bewerten, ob sie zufrieden mit ihrem Verdienst sind und ob das Gehalt der Verantwortung und den Arbeitsbedingungen entspricht. Die Skala reicht dabei von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut). Mehr zu unserer Datenanalyse findest du hier.

Was war das Ergebnis der Streiks 2023?

Nach monatelangen Tarifkonflikte im Frühjahr 2023, die mit kleinen Fortschritten in den ersten Verhandlungsrunden gab es anschließend zwei bundesweite Warnstreiks. Ein dritter Warnstreik wurde Mitte Mai vom Arbeitsgericht in Frankfurt am Main verhindert. Nach diesem Treffen machten die Verhandlungen deutlichere Fortschritte, scheiterten jedoch letztendlich Ende Juni, was zu einem zweiwöchigen Schlichtungsverfahren führte.

Gemäß dem Schlichterspruch, der im Juli erarbeitet wurde und von den Mitgliedern angenommen wurde, erhalten etwa 180.000 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn in zwei Stufen eine Gehaltserhöhung von insgesamt 410 Euro pro Monat über eine Laufzeit von 25 Monaten. Die erste Stufe dieser Erhöhung von 200 Euro sollte ab Dezember gezahlt werden, die zweite ab August des folgenden Jahres.

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Was ist ein Schlichterspruch?

Der Schlichterspruch wird von einer unabhängigen Schlichtungskommission erarbeitet und hat das Ziel, einen Kompromiss zwischen den beiden Parteien zu finden. Gemäß dem Schlichterspruch werden verschiedene Maßnahmen vereinbart, um den Tarifkonflikt beizulegen. Der Schlichterspruch wird von beiden Parteien akzeptiert und wird somit verbindlich umgesetzt.

Sind die Streiks überhaupt erlaubt?

Da es kein gesetzliches Regelwerk für Arbeitskämpfe gibt, ist es nicht offensichtlich verboten, zu streiken. Theoretisch gibt es jedoch eine Begrenzung für Warnstreiks aus der Rechtsprechung, das sogenannte Ultima-Ratio-Prinzip: Vor einem Warnstreik müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um den Tarifkonflikt friedlich zu lösen. Das heißt, es sollte nicht nach der ersten Verhandlungsrunde gleich zum Streik kommen. Letztendlich liegt es jedoch in den Händen der beiden Tarifparteien, zu entscheiden, ob die friedliche Verhandlungen bereits ausgeschöpft sind. Darüber hinaus muss eine Gewerkschaft nicht zwangsläufig das Scheitern der Verhandlungen erklären, um einen Warnstreik durchzuführen.

Verspätungen wegen Streik: Bin ich rechtlich abgesichert?

Das sogenannte Wegerisiko liegt auf Seiten der Arbeitnehmer:innen, was bedeutet, dass dieser verantwortlich dafür ist, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Sollte der Arbeitgeber nicht von sich aus Kulanz zeigen, müssen Arbeitnehmer:innen zumindest nachweisen, dass sie mit angemessenem Aufwand versucht haben, zur Arbeit zu kommen. Wenn es jedoch tatsächlich auf keinem sinnvollen Weg möglich war, den Arbeitsplatz zu erreichen, wird der Arbeitgeber wegen der Fehlzeit keine Abmahnung oder gar Kündigung durchsetzen können. Auf der anderen Seite muss er jedoch auch keinen Lohn für die ausgefallene Zeit zahlen. Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, tatsächlich geleistete Arbeitszeiten zu vergüten, auch wenn beide Seiten nichts für den Ausfall können.

Lohn-Preis-Spirale wegen Gehaltserhöhungen?

Kritiker:innen der derzeitigen Streiks vertreten häufig die Meinung, die Lohnerhöhungen könnten die Inflation weiter entfachen und für eine Lohn-Preis-Spirale sorgen. Der Ökonom Marcel Fratzscher sieht die Gewerkschafts-Lohnforderungen jedoch als nicht schädlich für die Wirtschaft. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin betont, dass Lohnerhöhungen in der aktuellen Situation dazu beitragen können, die Nachfrage zu stabilisieren und zu stärken. Der Beitrag von Lohnerhöhungen zur Inflation fiele eher gering aus und die treibende Kraft hinter der Inflation seien nach wie vor die explodierenden Energiekosten.

letztes Update: 9. Januar

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