
Karriere machen? Geht auch ohne Führungsverantwortung!
Die meisten Menschen bringen eine erfolgreiche Karriere automatisch mit einer Führungsposition in Verbindung. Dabei wird der Wunsch nach einem Aufstieg ohne Personalverantwortung bei vielen immer lauter. Wie auch du dich ohne Chefposten beruflich weiterentwickeln kannst und welche Alternativen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden bieten können, verraten wir hier.
Karriere ohne Führungsverantwortung: Diese Optionen gibt es
Gemäß einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit gab es im Jahr 2017 etwa 1,9 Millionen Beschäftigte mit einer leitenden Tätigkeit. Diese Zahl sei seit 2012 kontinuierlich gestiegen. Und trotzdem: Nicht jede:r Arbeitnehmer:in strebt kurz- oder langfristig eine Führungsposition an. Stattdessen wünschen sich viele eine Karriere ohne Personalverantwortung. Die Unternehmen reagieren auf diesen Wunsch und bieten zunehmend Möglichkeiten für eine alternative Karriere.
Karriere ohne Personalverantwortung: Das sind deine Möglichkeiten im Überblick
- Expert:innen-Karriere: Aufstieg innerhalb des Fachbereichs als Expert:in
- Spezialisierung: Ausbau von Fachwissen durch individuelle Weiterbildungen
- Projektarbeit: Hoher Verantwortungsgrad für zeitlich begrenzte Projekte
- Einsatz als Mentor:in: Weitergabe von Wissen an Kolleg:innen
Expert:innen-Karriere
Die wohl wichtigste und bekannteste Option ist die der Expert:innen-Karriere – oft auch Fachkarriere oder Fachlaufbahn genannt. Diese ermöglichen es dir, innerhalb deines eigenen Fachbereichs aufzusteigen. Als Expert:in für bestimmte Themen bist du die erste Ansprechperson für dein Team. Ganz ohne den Wechsel in eine Führungsposition erhältst du somit höhere Verantwortung. Der Unterschied zur Stelle als Führungskraft? Dein Impact im Unternehmen spiegelt sich innerhalb deiner Projekte wider – nicht in personeller Verantwortung.
Ob diese Alternative bei deinem Arbeitgeber infrage kommt, kann jedoch nur individuell entschieden werden. Profitieren können jedenfalls beide Seiten, da du in deiner übergeordneten Fachkarriere wahrscheinlich sogar zwei oder mehrere Jobrollen im Unternehmen erfüllst und gleichzeitig deine persönlichen Karriereziele verfolgen kannst. Denn Karriere machen kann auch heißen, dass du dich nicht vertikal – also nach oben –, sondern horizontal bewegst. Das heißt: Du kannst innerhalb des Unternehmens in andere Rollen wechseln.
Spezialisierung
In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt die berufliche Spezialisierung auf einen bestimmten Bereich. Diese kannst du sogar selbst aktiv angehen und brauchst keine unmittelbare Unterstützung oder Erlaubnis deines Arbeitgebers. Durch den Erwerb von Zusatzqualifikationen oder Weiterbildungen kannst du dein Wissen ausbauen und wirst so als Mitarbeiter:in unverzichtbar.
Projektarbeit
Eine weitere Möglichkeit für dich könnte die Übernahme projektbezogener Verantwortung sein. Hierbei leitest du als Fachkraft zeitlich begrenzte Projekte und koordinierst Abläufe – häufig auch mit externen Dienstnehmer:innen. Ein festes Team musst du in der Regel nicht managen. Diese Rollen bieten viel Gestaltungsspielraum bei strategischen Entscheidungen, allerdings sind sie in der Arbeitswelt rar gesät.
Einsatz als Mentor:in
Auch im Rahmen einer Tätigkeit als Mentor:in kannst du als erfahrene:r Mitarbeiter:in Karriere machen. Du gibst so dein umfassendes Wissen und deine Erfahrung an neue oder jüngere Kolleg:innen weiter, übernimmst aber keine disziplinarischen Führungsaufgaben.

Vor- und Nachteile: Was spricht für, was gegen einen Job ohne Führungsverantwortung?
Der Verzicht auf die klassische Führungskarriere hat klare Vorteile, aber auch einige Nachteile. Beides solltest du unbedingt für dich individuell berücksichtigen, bevor du dich bewusst für den einen oder den anderen Weg entscheidest. Denn welche Karriere zu dir passt, hängt in erster Linie von deinen persönlichen Zielen und Prioritäten ab.
Das sind zunächst die wichtigsten Vorteile von Stellen ohne personelle Verantwortung:
Vorteile
- Fokus auf Fachthemen: Du kannst dich vollständig auf deine eigentliche Arbeit und deine fachliche Weiterentwicklung konzentrieren, ohne Zeit und Energie in organisatorische Führungsaufgaben investieren zu müssen.
- Geringeres Stresslevel: Die Verantwortung für andere Menschen, deren Leistung oder Wohlbefinden fällt weg. Das kann den Druck auf dich reduzieren.
- Flexiblere Arbeitsgestaltung: Ohne Führungsaufgaben bleibt häufig mehr Gestaltungsfreiheit bei der Organisation deiner eigenen Arbeit. Es ist seltener notwendig, dich an übergeordnete Personalstrategien anzupassen.
- Konfliktpotenzial sinkt: Führungspositionen gehen oft mit schwierigen Personalentscheidungen (z.B. Kündigungen) einher. Konflikte musst du außerhalb von diesen nur im Kleinen austragen.
- Gleichbleibende Arbeitsweise: Deine berufliche Rolle verändert sich im Vergleich zu Führungskräften, die personalpolitische Entscheidungen mittragen müssen, nur leicht.
Die Vorteile können noch so groß sein. Wenn gleichzeitig die Nachteile für dich zu schwer wiegen, wird deine Entscheidung ziemlich sicher gegen eine Stelle ohne Personalverantwortung ausfallen. Aber bilde dir am besten selbst ein Urteil.
Nachteile
- Begrenzte Aufstiegsmöglichkeiten: In vielen Unternehmen sind Führungspositionen direkt mit besseren Gehältern und Aufstiegschancen verbunden. Ohne Führungsverantwortung stößt du hier schneller an eine Grenze.
- Weniger Mitgestaltung: Führungskräfte nehmen oft mehr Einfluss auf die Ausrichtung eines Teams oder sogar Unternehmens. Dieser Gestaltungsspielraum könnte dir möglicherweise fehlen.
- Gefühlte Wertschätzung: In klassischen Organisationsstrukturen stehen Führungskräfte stärker im Rampenlicht, während Fachkräfte im Hintergrund bleiben. Das kann die gefühlte Anerkennung deiner Leistungen beeinträchtigen.
- Höhere Spezialisierung erforderlich: Um ohne Führungsverantwortung erfolgreich zu sein, musst du häufig tiefes Expert:innenwissen in einem Bereich aufbauen. Das ist wiederum mit einem hohen Fortbildungsaufwand verbunden.
Diese Fragen solltest du dir vor einer Expert:innen-Karriere stellen
Du kennst jetzt die wichtigsten Vor- und Nachteile einer Karriere ohne Führungsposition. Der wichtigste erste Schritt hin zu einer Entscheidungsfindung bleibt jedoch das intensive Nachdenken darüber, wie du dich beruflich entwickeln möchtest und in welcher Rolle du dich künftig siehst.
Stelle dir dafür Fragen wie: Übe ich noch dieselbe Tätigkeit aus wie zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn? Bereitet es mir Freude, mich fachlich weiterzubilden oder möchte ich mich vor allem persönlich weiterentwickeln? Möchte ich mehr Verantwortung oder bin ich zufrieden mit meinen Aufgabenbereichen?
Während du diese Fragen natürlich für dich persönlich beantworten musst, sollten auch Arbeitgeber darüber nachdenken, wie sich eine Karriere ohne Personalverantwortung gestalten lässt. Denn das Modell „Eine Laufbahn für alle“ ist nicht mehr zeitgemäß. Flache Hierarchien haben schon länger Einzug in die Arbeitswelt gehalten und damit müssen auch Rollen neu strukturiert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Mitarbeitende ihr Schicksal ausschließlich in die Hände ihrer Vorgesetzten geben sollten. Auch selbst aktiv zu werden, kann für einen alternativen Entwicklungsplan entscheidend sein. Für eine erfolgreiche Karriere ohne Führung bedarf es daher Offenheit von Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberseite.
Bedeutet eine Expert:innen-Karriere weniger Gehalt?
Führungskräfte mit Personalverantwortung verdienen in Deutschland, Österreich und der Schweiz am meisten – so lautet zumindest die Theorie. Ob das auch tatsächlich so stimmt, zeigt ein Blick in die kununu Gehaltsdaten. Zu Beginn einer Führungskarriere (weniger als drei Jahre Erfahrung) ist der Unterschied beim Gehalt am höchsten. Als Führungskraft mit Personalverantwortung erhältst du in Deutschland im Durchschnitt 58.400 Euro brutto jährlich, ohne selbige sind nur 46.900 Euro möglich.
Die Differenz wird jedoch mit steigender Berufserfahrung deutlich geringer. Als erfahrene Führungskraft ohne personelle Verantwortung verdienst du durchschnittlich 81.700 Euro im Jahr. Triffst du zusätzlich Personalentscheidungen, wird dies mit 86.300 Euro brutto vergütet.
Eine Karriere mit Personalverantwortung lohnt sich monetär auch mehr als Jahre an Berufserfahrung zu sammeln. Wie viel lukrativer eine Karriere mit Personalverantwortung ist, kannst du im kununu Gehaltscheck sehen.
Wie sich die Gehälter für Arbeitnehmer:innen in einer Expert:innen-Karriere in Zukunft verändern werden, ist noch fraglich. Immerhin kannst du dich auch ohne Führungsverantwortung mit deiner Expertise in Entscheidungen einbringen. Gute Leistung kann auch ohne Führung im klassischen Sinn erbracht werden. Wann und ob sich dies in der Arbeitswelt widerspiegeln wird, werden wir erst sehen.
Expert:innen-Karriere: So findest du passende Jobs
Wenn du eine Karriere als fachliche Expert:in anstrebst, solltest du deine Strategie bei der Jobsuche daraufhin anpassen. Achte darauf, Stellenanzeigen gründlich und zwischen den Zeilen zu lesen. Oft werden Fachkarrieren nämlich nicht explizit so benannt, sondern über Schlüsselbegriffe wie „Spezialist:in“, „Senior“ oder „Expert:in“ näher beschrieben.
Ein weiterer Tipp: Nutze dein persönliches Netzwerk. Viele Expert:innen-Positionen werden aufgrund einer horizontalen Karriere intern oder über Empfehlungen besetzt. Falls du sowieso in deinem aktuellen Unternehmen bleiben möchtest, sprich proaktiv mit deinen Vorgesetzten über deine Wünsche. Manche Arbeitgeber haben schon Karrierewege für Fachkräfte geschaffen oder sind offen dafür.
Passende Gestaltung der Bewerbung
Um deine Chancen bei einer Bewerbung als Fachexpert:in zu maximieren, solltest du deine Unterlagen dahingehend anpassen. Wichtig ist, dass du bei der Bewerbung deinen (angestrebten) fachlichen Schwerpunkt hervorhebst. Versuche zu beschreiben, warum gerade du in deinem Bereich unverzichtbar bist.
Auch erfolgreich abgeschlossene Weiterbildungen oder Zertifizierungen sind vorteilhaft, weil sie dein Wissen untermauern und dich in deinem Bereich sichtbar machen.
Keine Einbahnstraße: Dir bleibt bei der Karriere alles offen
Keine Sorge: Entscheidest du dich jetzt für eine Fachkarriere, schränkst du dich beruflich nicht für immer ein. Eine Karriere ist selten ein geradliniger Weg, sondern bleibt vielmehr ein flexibles System mit zahlreichen Möglichkeiten. Beschließt du heute den Start einer Fachkarriere, bedeutet das nicht, dass dir andere Türen verschlossen bleiben. Viele Unternehmen bieten Mitarbeitenden weiter die Chance, später in eine Führungsrolle zu wechseln.
Entscheidend ist, dass du deine Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickelst. Berufliche Weiterbildungen oder die Übernahme projektbezogener Aufgaben können dir neue Perspektiven eröffnen – auch abseits deines bisherigen Weges.