Nein heißt Nein – auch im Office

Es passiert öfters als gedacht. Unangebrachte Kommentare, anzügliche Witze, aufdringliche Blicke: Laut neusten Statistiken wurde bereits jeder zweite Arbeitnehmer Opfer von sexueller Belästigung im Büro. Wo Grenzen verlaufen und wie man sich erfolgreich dagegen wehrt.

Nichts passiert – außer Belästigung?

Von wegen "Kavaliersdelikte"! Sexuelle Belästigungen haben nichts mit Kollegialität und Flirt zu tun, sie sind nicht lustig und schon gar nicht harmlos. Doch wo fängt Belästigung an?

Common sense ist: Das Playmate als Schreibtisch-Hintergrund ist ein absolutes No-Go im Büro, ebenso der Klaps auf den Po der Auszubildenden. Sexuelle Belästigung beginnt grundsätzlich dort, wo die Handlung des anderen als unerwünschter Eingriff in die eigene Intimsphäre empfunden wird. Wo diese Grenzen genau liegen, bestimmt die oder der Einzelne also selbst.

Generell gilt: Alle unerwünschten Annäherungen, die sexueller Natur sind, sich an eine bestimmte Person richten und ein demütigendes Umfeld schaffen, fallen in die Kategorie sexuelle Belästigung –  so besagt es das Antidiskriminierungsgesetz[1] . Dazu gehören unter anderem Handlungen wie:

  • sexistische Witze,
  • in „Komplimente“ verpackte Bemerkungen übers Aussehen und sexuelles Verhalten,
  • scheinbar „zufällige“ Körperberührungen,
  • Konfrontation mit pornografischen Bildern,
  • sexuelle Nötigung,
  • Vergewaltigung.

Kollegen – kein Freiwild

Weibliche Angestellte sind statistisch gesehen vermehrt mit physischen Belästigungen konfrontiert als Männer. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO geht davon aus, dass in der Europäischen Union zwischen 40 und 50 Prozent der Frauen im Beruf schon einmal sexuell belästigt wurden[2]. Laut einer deutschen Studie mit 4.000 weiblichen Befragten waren es sogar 72 Prozent[3].

Männer erhalten vergleichsweise mehr anzügliche E-Mails oder zweideutige Botschaften. Dennoch wird über das Thema kaum gesprochen – aus Scham oder Angst um den Arbeitsplatz.

Die Rechtslage

Vater Staat hat sich redlich bemüht, durch eine eindeutige Gesetzeslage der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz den juristischen Riegel vorzuschieben. Recht ist: Das Bundesgleichbehandlungsgesetz verbietet sexuelle Belästigung als eindeutige Diskriminierung. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, Arbeitnehmer vor sexuellen Handlungen und Übergriffen zu schützen.

Belästigt worden – und nun?

Soll man es ansprechen? Und wenn ja: An wen wendet man sich? Unsere Tipps:

  • Trust yourself: Du hast ein Recht auf ein belästigungsfreies Umfeld und eine angenehme Arbeitsatmosphäre! Und darum suche bitte nicht Schuld bei Dir, hinterfrage auch nicht Dein Verhalten.
  • Rede: Meistens werden solche Vorfälle tabuisiert, es wird nicht darüber gesprochen – das ist natürlich wenig hilfreich. Die Schwiegespirale brichst Du, indem Du zuerst einmal einer Vertrauensperson die Situation schilderst. Der Knackpunkt: 70 Prozent der Befragten kennen keine Ansprechperson im Unternehmen, bei der sie sich in einer solchen Situation Rat und Unterstützung holen können. Ergeht es Dir ähnlich, dann wende Dich an Bekannte abseits des Jobs und vertraue Dich ihnen an.
  • Dokumentiere: Es ist ratsam, alle Vorgänge mit Datum zu notieren und Gedächtnisprotokolle zu erstellen.
  • Real Talk: Nun ist es an der Zeit, dem Peiniger freundlich, aber bestimmt klar zu machen, dass er auf diesem Terrain nichts verloren hat. Heißt: Zeit für das klärende Gespräch mit der betreffenden Person. Ziel des Gesprächs sollte sein, dass der oder die Betreffende sein oder ihr Handeln und Reden als Grenzverletzung der Intimsphäre des anderen erkennt.
  • Die Notbremse ziehen: Das Gespräch hat so gar nichts gebracht? Dann heißt es jetzt die richtigen Stellen einzuschalten und die Vorgesetzte, gegebenenfalls auch den Betriebsrat oder Frauenbeauftragte über die Vorfälle zu informieren. Darüber hinaus können externe Stellen wie Beratungseinrichtungen eine geeignete Anlaufstelle sein, um die Situation zu bewältigen.

Hier findet Ihr weitere Informationen.

Quellen: [1] Definition laut § 3 Abs. 4 AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz. [2] Spiegel Online [3] BMFSFJ