Zeitarbeit: Darf ich mir dich ausleihen?

Die Digitalisierung schreitet voran und verändert die Arbeitswelt gravierend. Viele Jobs fallen weg, werden durch digitale Dienste ersetzt und schüren die Angst vor einer steigenden Arbeitslosigkeit. Genauso werden aber auch kompetente und spezialisierte Mitarbeiter benötigt, die projektbezogen Teams unterstützen. In der heutigen Zeit unterliegt die Wirtschaft eines Landes ständigen Schwankungen – Zeitarbeitsmodelle können eine kluge Lösung für alle Beteiligten darstellen. Doch was steckt hinter Zeitarbeit, welche Rechte und Pflichten stehen den Beteiligten zu und gibt es da nicht auch noch einen Haken? Wir geben dir einen Überblick: alles, was du über Zeitarbeit wissen solltest.

Zeitarbeit als Dreiecksbeziehung

Ja, so könnte man es formulieren. Denn in der Zeitarbeit gibt es drei Akteure: den Zeitarbeitnehmer, das Kundenunternehmen und den Personaldienstleister – das Zeitarbeitsunternehmen. Du, als Zeitarbeitsnehmer schließt einen Arbeitsvertrag mit dem Personaldienstleister und bist dann bei diesem angestellt. Dieser Personaldienstleister verleiht auf Anfrage eines Unternehmens dann seine Mitarbeiter für einen festgelegten Zeitraum. Zwischen dem Unternehmen und dem Personaldienstleister besteht ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, der alle Einzelheiten über die Tätigkeit und deren Rahmenbedingungen festhält. Soweit, so klar.

Deine Rechte und Pflichten als Zeitarbeitnehmer

Du bist als Zeitarbeitnehmer beim Personaldienstleister angestellt. Dieser übergibt mit einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag seine Weisungsbefugnis an das Kundenunternehmen. Damit bist du verpflichtet, dem Kundenunternehmen die Arbeitskraft zu leisten, für welche dein Vertrag ausgelegt ist. Offiziell garantiert dir das System des Equal Pay, dass du nach spätestens 9 Monaten auf dem gleichen Lohnniveau wie normal festangestellte Mitarbeiter verdienen musst. [1] Doch welche Ansprüche hast du als Zeitarbeiter noch? Dir stehen sowohl die Zahlung vom Sozialversicherungsbeitrag, sowie die Arbeits-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu. Hast du schon Mehrarbeit geleistet oder bereits Überstunden auf dem Buckel? Dann wird das bei Personaldienstleister vermerkt und gesammelt. Wenn es zu Zeiten kommt, in denen es nicht möglich ist, dich zu vermitteln, hast du das Recht darauf, durch den Zugriff auf dieses Stundenkonto den Lohn auszugleichen.

Die Rechte und Pflichten des Kundenunternehmens

Das Kundenunternehmen ist prinzipiell dazu verpflichtet, dich als Zeitarbeitnehmer im Unternehmen genauso aufzunehmen, wie es bei normalen Stammmitarbeitern gang und gäbe ist. Die Verpflichtungen dir gegenüber: Arbeitssicherheit, Gleichbehandlung und Fürsorge. So soll es sein! Außerdem muss dich der Betrieb als Zeitarbeiter über freie Stellen im Unternehmen informieren und die Gemeinschaftseinrichtungen sowie –dienstleistungen ebenfalls zur Verfügung stellen. Wenn mal nicht ausreichend Arbeit da ist oder das Unternehmen mit der erbrachten Leistung unzufrieden ist, , kann es den Zeitarbeiter „zurück geben“ und die Zeitarbeitsfirma um Ersatz bitten. Seit April 2017 ist die Neuerung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in Kraft getreten. Es besagt, dass der Arbeitsvertrag im Sinne der Zeitarbeit maximal 18 Monate andauern darf. [2]

Die Rechte und Pflichten der Zeitarbeitsfirma

Die Zeitarbeitsfirma muss man sich als Vermittler vorstellen: Sie stellt Arbeitskräfte an und verleiht sie an Unternehmen. Die Hauptaufgabe ist dabei die Gestaltung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Du setzt dich also mit der Zeitarbeitsfirma zusammen und klärst Möglichkeiten bezüglich Schichtarbeit, Urlaub und Krankheit sowie der Dauer des Arbeitseinsatzes und den Stundenlohn ab. Sie ist außerdem verpflichtet, deine Sozialversicherung zu bezahlen. Verstößt das Unternehmen gegen den Vertrag, muss die Zeitarbeitsfirma dem Unternehmen kündigen und dir als Arbeitnehmer ein neues Unternehmen suchen.

Einsteigen, Umsteigen, Aufsteigen – Vorteile für Unternehmen und Arbeitnehmer

Das System der Zeitarbeit erleichtert den Berufseinstieg, da Betroffene Erfahrungen sammeln können und die zukünftige Arbeitswelt zeitlich begrenzt testen dürfen. Das intelligente und spezialisierte System der Personaldienstleister vereinfacht den Personalbeschaffungsprozess auf beiden Seiten und erspart viel Zeit und Nerven. Besonders in Berufen mit Schicht- und Wochenendarbeit beschert die Zusammenarbeit mit einer Zeitarbeitsfirma vielen eine gesündere Work-Life-Balance. Auch die berufliche Abwechslung kann mit Zeitarbeit verwirklicht werden.

Das Unternehmen profitiert vor allem von der Schnelligkeit dieses Systems. Auf Konjunkturschwankungen und Zusatzprojekte kann gezielt mit qualifiziertem Fachpersonal reagiert werden. Kurzfristiger Personalbedarf wird ohne Qualitätsverlust gedeckt. Denkt mal daran, dass Schwangerschaften oder lange, unerwartete Krankheitsfälle im Stammpersonal durch kompetente Zeitarbeiter gut überbrückt werden können. Eine schöne Chance für beide Seiten: die Übernahmemöglichkeit. So kann ein Unternehmen in Absprache mit der Zeitarbeitsfirma einen neuen Kollegen gewinnen.

Kein berufliches Zu Hause – die Nachteile für den Arbeitnehmer

Die Flexibilität dieses Personalsystems ist eine große Stärke, kann aber auch zu einer Schwäche werden. Durch Zeitarbeit ist es schwierig, sich einen Kollegenkreis und ein geschätztes Arbeitsumfeld langfristig aufzubauen. Da die Einsatzorte regelmäßig variieren, kann es zu langen Arbeitswegen oder häufigen Umzügen kommen, was dem geregelten Privatleben entgegenwirkt. Nicht zu unterschätzen ist außerdem die Einarbeitungszeit in das neue Arbeitsfeld. Da das allgemeine Bild von Zeitarbeit in vielen Köpfen noch sehr negativ ist, kann es außerdem zur unangenehmen Lagerbildung in großen Betrieben kommen, da die Integration der befristeten Kollegen nicht immer reibungslos funktioniert. Also was bedeutet das? Vor allem Unsicherheit, mit der man umgehen muss. Auch wenn die meisten Zeitarbeitsfirmen mit tariflich gebundenen Unternehmen arbeiten, wird Zeitarbeit zur Arbeitsaufnahme meist schlechter bezahlt. Die jüngsten gesetzlichen Regelungen wirken dem jedoch entgegen. Vorsicht bei der Auswahl der Zeitarbeitsfirma! Es ist wichtig, sich sorgfältig über die Zeitarbeitsfirmen zu informieren, bevor eine Entscheidung getroffen wird. 

Zeitarbeit in Österreich und in der Schweiz

In Österreich gibt es Leiharbeit seit 1988. Zeitarbeitnehmer können hier für einen unbegrenzten Zeitraum bei einem Unternehmen arbeiten. Gesetzlich ist die Gleichbehandlung auf die Arbeitszeit und die Bezahlung reduziert, weshalb die Trennung von den Stammmitarbeitern innerhalb des Betriebes oftmals deutlicher zu spüren ist, als in Deutschland. [3] In der Schweiz wird die Zeitarbeit Temporärarbeit genannt. Die Hauptmotive sind der Wunsch nach Abwechslung im Berufsleben und eine Neuorientierung. In der Schweiz wird stets empfohlen, Verträge nur über die Gewerkschaften der einzelnen Kantone zu regeln, da die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung sonst stark von der Norm abweichen. Der Anspruch auf Weiterbildung, Zahlung eines 13. Monatsgehaltes sowie die Garantie eines Mindestlohns sind in der Schweiz außerdem Standards der Temporärarbeitsbranche. [4]

Die Zeitarbeitsbranche reagiert schon seit längerem erfolgreich auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in unserem Land und gleicht eine sich ständig verändernde Welt mit einem flexiblen Arbeitsmodell aus. Mit Vorsicht und Geduld bei der Auswahl des Personaldienstleisters kann Zeitarbeit eine willkommene Abwechslung und eine große Chance im beruflichen Leben darstellen. Aus diesem Grund: Informiere dich über Zeitarbeitsfirmen bei kununu. Oder hast du schon Erfahrungen mit einer Zeitarbeitsfirma gemacht? Dann bewerte doch auf kununu.com

Quellen:
[1] welt.de
[2] blog.handelsblatt.com
[3] wko.at
[4]nzz.ch

29. Juni 2017