Diskriminierung im Bewerbungsverfahren: Das kannst du dagegen tun

Arbeitgeber sind immer wieder auf der Suche nach den besten Talenten und entscheiden sich daher bei der Besetzung einer offenen Position für die Person, die fachlich am besten geeignet ist und zum Unternehmen passt. Doch das ist nicht immer der Fall. Rund 30 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Deutschland haben sich schon einmal während eines Bewerbungsprozesses benachteiligt gefühlt. Wie sich Diskriminierung im Bewerbungsverfahren äußert und was du dagegen tun kannst, unsere Kooperationspartner:innen von anwalt.de liefern die Antworten.

Diskriminierung im Bewerbungsverfahren – was ist das eigentlich & wie erkennst du sie?

Eine Benachteiligung ist gegeben, wenn du aus einem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Grund schlechter behandelt wirst als jemand mit haargenau denselben Qualifikationen. Das AGG ist dafür da, dich bereits im aktiven Bewerbungsverfahren zu unterstützen und zu schützen. Solltest du etwa aus Gründen anders behandelt werden, die sich auf die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion, die sexuelle Orientierung, oder eine Behinderung beziehen, kann schnell eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren gegeben sein. Das kann auch schon bei der Stellenausschreibung anfangen, wie dir folgende Beispiele verdeutlichen sollen:

Sucht der potenzielle Arbeitgeber nach einer „Assistentin“, kann eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen. Auch die Suche nach einem „erfahrenen Mitarbeiter“ kann ein Hinweis auf das Alter und die Bevorzugung von älteren Bewerber:innen nahelegen. Auch während des Bewerbungsgesprächs dürfen keine Fragen gestellt werden, die im Zusammenhang mit den Diskriminierungsmerkmalen stehen. Wenn das der Fall sein sollte, kannst du lügen oder sogar die Antwort verweigern. Daraus darf dein potenzieller Arbeitgeber nämlich keine negativen Schlüsse ziehen. Gibt es für diese Benachteiligung keine plausible Begründung, kannst du davon ausgehen, dass eine Diskriminierung vorliegt und solltest dagegen vorgehen.

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Deine Rechte bei Diskriminierung im Bewerbungsverfahren

Grundsätzlich darf niemand diskriminiert werden. Sollte es zu einer Diskriminierung im Bewerbungsverfahren kommen, heißt es für dich erst einmal: Ruhe bewahren. Im nächsten Schritt solltest du prüfen, ob die Ungleichbehandlung vielleicht sogar berechtigt ist. Sollte dies nämlich der Fall sein, wird eine Beanstandung meist erfolglos bleiben.

Berechtigt ist eine unterschiedliche Behandlung zweier vermeintlich identisch qualifizierter Bewerber:innen zum Beispiel dann, wenn der Job besonders gute Deutschkenntnisse oder gar muttersprachliches Niveau voraussetzt. Zum Beispiel kann das begründet sein, wenn es um einen Moderatorenjob oder um Dolmetschertätigkeiten geht. Ein ähnlicher Fall könnte die Suche nach einer weiblichen Lehrkraft für eine reine Mädchenschule sein.

Häufig gibt es auch Stellenanzeigen, die nach einem:einer Bewerber:in suchen, der:die mindestens eine gewisse Zeit in dem jeweiligen Gebiet gearbeitet hat und daher einschlägige Berufserfahrung mitbringt. Das kann beispielsweise für die Wahrnehmung von leitenden Positionen notwendig sein. Wenn so eine Situation gegeben ist, ist die Benachteiligung in der Regel gut begründet und damit keine unerlaubte Diskriminierung im Sinne des AGG.

Was tun gegen Diskriminierung im Bewerbungsverfahren?

Falls tatsächlich eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren vorliegt, kannst und solltest du dagegen vorgehen. Zunächst solltest du dich bei dem Arbeitgeber beschweren. Das solltest du zu Beweiszwecken schriftlich tun. Wenn eine Diskriminierung stattgefunden hat, hast du nur zwei Monate ab Erhalt der Absage Zeit, dagegen vorzugehen, indem du dies zunächst beim Arbeitgeber monierst.

Wenn auch dann nichts geschieht, hast du die Möglichkeit, gerichtlich dagegen vorzugehen. Das muss innerhalb von drei Monaten ab der schriftlichen Geltendmachung passieren. Andererseits würde eine Verfristung vorliegen und du kannst kaum noch etwas unternehmen. Wenn du jetzt die Sorge hast, das nicht zweifelsfrei beweisen zu können, können wir dich beruhigen. In diesem Prozess reicht es aus, Indizien vorzulegen, die auf eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren hinweisen. Gute Indizien können die Stellenausschreibung oder die schriftliche Absage sein. Ein Auskunftsverlangen gegen den Arbeitgeber hast du aber nicht. Wenn zum Beispiel bei gleicher Qualifikation ein:e jüngere:r Bewerber:in oder ein männlicher Bewerber genommen wurde, könnte eine Diskriminierung aufgrund von Alter oder Geschlecht vorliegen. Nun ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, wieso der:die jeweilige Kandidat:in genommen wurde.

Wenn eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren vorliegt und du deine Rechte geltend machst, kann das Ergebnis eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehälter sein. Bei weitergehenden Nachteilen, wie etwa psychischen Folgen, kannst du zusätzlich Schmerzensgeld verlangen. Bei unseren Kooperationspartner:innen von anwalt.de kannst du überprüfen, ob eine Benachteiligung tatsächlich vorliegt, und dagegen vorgehen.

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Wie sieht es in der Schweiz & in Österreich aus?

In Österreich und in der Schweiz gelten teilweise andere Regelungen, wenn es um Diskriminierung im Bewerbungsprozess geht. Genauere Informationen findest du auf der Seite des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Österreich), auf den Seiten der Ämter für Wirtschaft und Arbeit (Schweiz) sowie in den jeweiligen staatlichen Gesetzen. Die deutsche Antidiskriminierungsstelle empfiehlt außerdem, diskriminierende Handlungen genau zu dokumentieren. Das rät auch die Unia, eine der größten Gewerkschaften der Schweiz. In Österreich kannst du dich an die Arbeiterkammer wenden, die dich im Kampf gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz und im Bewerbungsprozess unterstützt.

letztes Update: 28. Juni 2022